Wahrscheinlich gibt es in ganz Kanada keinen Menschen, der für die Zusammenstellung des Programms der päpstlichen Buße-Reise besser geeignet ist: Cristino Bouvette ist römisch-katholischer Priester in Calgary, spricht aufgrund seiner italienischen Mutter die Sprache fließend und ist väterlicherseits indigener Abstammung. "Ich trage beide Welten, die sich nun treffen, in mir", sagte der 36-Jährige zu kanadischen Medien vor dem Besuch des Pontifex. Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche hat sich am Montag in Kanada für Misshandlungen und Missbrauch entschuldigt, die Priester und Kirchenmitarbeiterinnen tausenden indigenen Kindern in Umerziehungsinternaten angetan hatten.

Cristino Bouvette erstellte für Franziskus’ Buße-Reise in Kanada das Programm.
Foto: IMAGO/Ron Palmer

Bouvettes Großmutter, die er in der Sprache der Cree "Kokum" nennt, war eines dieser Kinder. Mit sieben Jahren wurde sie ihrer Familie entrissen und nach Edmonton in eine der Einrichtungen gebracht. Als sich Bouvette für den Beruf des Priesters entschied, sorgte er sich um die Reaktion seiner Kokum. Immerhin wollte er Teil der Gemeinschaft werden, die "sie auf so viele Arten im Stich gelassen hat", wie Bouvette in einem Text für den kanadischen Rundfunk schrieb. Doch seine Großmutter habe ihm damals – vor mittlerweile 15 Jahren – ihren Segen gegeben. Sie habe auch gute Nonnen und gute Priester kennengelernt und wisse, dass er einer von ihnen werde, erinnerte sich Bouvette an ihre Worte. 2012 wurde er geweiht, 2019 starb seine Kokum kurz vor ihrem 100. Geburtstag.

Trotz des großmütterlichen Segens reagierte er auf die päpstliche Anfrage, ob er den Besuch planen wolle, zuerst ablehnend. "Ich war mir sicher, dass es wirklich kompliziert werden würde", sagte er der kanadischen Agentur Canadian Press. Er sei immerhin für nicht weniger zuständig als die Vermittlung zwischen seiner Gemeinschaft und der Kirche, die ihr Unrecht getan habe. Doch schlussendlich sagte er zu.

Wochenlang stellte er mit den indigenen Gemeinden und dem Vatikan ein Programm zusammen, besprach Riten und Zeremonien und holte Feedback von Betroffenen und Kirchenoberen ein. "Es war surreal, dass ich manchem Monsignore auf Italienisch erklärt habe, was Räuchern ist oder welche Signifikanz das Beten in die vier Richtungen hat", sagte Bouvette. Für den Besuch erhofft sich der Priester, dass alle bekommen, was sie sich erhoffen, und jene, die sich nichts erhoffen, "wenigstens nicht gestört oder verletzt werden". (Bianca Blei, 25.7.2022)