Im Gastkommentar ärgern sich die Nationalratsabgeordneten Eva Blimlinger und Ralph Schallmeiner von den Grünen über eine parlamentarische Anfrage der Freiheitlichen. Ihrer Ansicht nach kann aus demokratiepolitischen Gründen keine Auskunft erteilt werden.

Hat abwegige Fragen "betreffend Vorbereitung der Pandemie": Abgeordneter Gerald Hauser, hier mit seinem Parteichef Herbert Kickl im Parlament.
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Unsere elegante Bundesverfassung regelt unter anderem die Rechte der Abgeordneten zum Nationalrat und Bundesrat gegenüber der Bundesregierung. Das schließt das Recht ein, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, die Regierungsmitglieder zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Das ist insbesondere für die Opposition – aber keineswegs nur für diese – ein zentrales demokratisches Instrument, um eine der Kernaufgaben des Parlaments, die Kontrolle, ausüben zu können. Die Fragen und Antworten sind öffentlich, und jeder und jede kann so sehen, wie hier der Staat – also Legislative und Exekutive – agiert.

Wie das geschehen kann, wird in der Geschäftsordnung des Parlaments geregelt. Da gibt es dringliche Anfragen in den Sitzungen des Nationalrates, wo Ministerinnen und Minister Rede und Antwort stehen müssen, mündliche Anfragen, die in Fragestunden gestellt werden, oder auch aktuelle Stunden, die im Nationalrat zu Beginn einer Plenarsitzungswoche stattfinden. Und dann gibt es die Möglichkeit der schriftlichen Anfrage an Mitglieder der Bundesregierung, aber auch an den Präsidenten des Nationalrates.

Verhöhnung der Wissenschaft

Im Juli 2022 haben mehrere Abgeordnete der FPÖ an den Präsidenten des Nationalrates, Wolfgang Sobotka, eine schriftliche Anfrage unter dem Titel "betreffend Vorbereitung der Pandemie" gestellt. Als seitenlange Einleitung wird hier gewissermaßen eine Inhaltsangabe des Machwerks Inside Corona von Thomas Röper der Anfrage vorangestellt. Der hier Genannte betreibt seit 2018 den Blog Anti-Spiegel, ist "Kreml-treu" und prorussischer Propagandist und ein Meister der Verbreitung falscher Behauptungen, von Desinformation, Verschwörungserzählungen und -ideologien in unterschiedlichen Bereichen, so auch zu Covid. Und wie könnte es auch anders sein, scheut er nicht vor antisemitischen Chiffren und Codes zurück, wie sie nahezu grundgelegtes Konzept all dieser verschwörungserzählerischen medialen Verbreitungen sind.

Politikerinnen und Politiker – und selbstverständlich alle anderen Menschen – sollten also, wie man so schön auf Wienerisch sagt, "net amal anstreifen" an Personen und Veröffentlichungen, die die Wissenschaft und Forschung verhöhnen, deren Interesse es ist, mit Fake News die Demokratie zu unterminieren, deren Interesse eine Spaltung der Gesellschaft ist und die Antisemitismus als selbstverständlich verstehen. Nicht so die Anfragesteller, die – abgeleitet aus den absurden Darstellungen von Röper – ihre 25 Fragen und Unterfragen an den Präsidenten richten.

Desinformation und Fake News

Zentrale Vorstellung ist, dass die Corona-Pandemie "seitens der Eliten seit Jahren vorbereitet wurde" – eine gängige Darstellung von jenen, die ein weltweites konspiratives, selbstverständliches jüdisches Netz vermuten, das letztlich am Untergang des Abendlandes und an einer "Öko-Diktatur" arbeitet. Und so mündet eine unsinnige Frage in die andere, immer davon ausgehend, dass die Pandemie von langer Hand – um nicht zu sagen von dunklen Mächten – vorbereitet wurde. Und da kommt dann die Frage – wie "diese Erkenntnisse bei Ihren Entscheidungen zu den Corona-Maßnahmen in der Zukunft" berücksichtigt werden. Desinformation und Fake News sind schlicht und ergreifend keine Erkenntnisse, sie werden einfach aus den unterschiedlichsten Motiven in die Welt gesetzt – oft und sehr oft um demokratische Staaten zu delegitimieren.

Selbstverständlich will hier die FPÖ noch einmal klarstellen, dass in der Pandemie alles falsch war, insbesondere die medizinische Versorgung – "diese Fehlentscheidungen sind den Regierungen anzulasten". Ein Entwurmungsmittel, wie die FPÖ das propagiert hat, schützt sicher nicht vor und hilft auch nicht gegen Corona – Menschen sind keine Pferde. Und wenn schon die Regierungen schuld sein sollen, die sich ja hätten vorbereiten können, weil ja die Pandemie seit Jahrzehnten geplant war, dann bleibt komplett rätselhaft, wieso diese Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates gerichtet ist. Nein, der Parlamentspräsident ist nicht Teil der Regierung. Ach so, da gibt es dann die Fragen, ob Parlamentsmitarbeiter oder auch ehemalige – weibliche Formen gibt es ja bei der FPÖ nicht, weil Gendern gehört ja abgeschafft – bei irgendwelchen Planspielen in den USA dabei waren und mitgemacht haben.

Klarer Missbrauch

Wie steht es so schön in der Geschäftsordnung: "Der Befragte – also in diesem Fall der Präsident des Nationalrates – hat schriftlich zu antworten. Ist dem Befragten eine Erteilung der gewünschten Auskunft nicht möglich, so hat er dies in der Beantwortung zu begründen." Die Begründung, dass die Auskunft nicht möglich ist, muss wohl lauten: Aus demokratiepolitischen Gründen sowie aufgrund der auf Falschmeldungen und Desinformation basierenden Anfrage kann hier keine Auskunft erteilt werden. Anfragen wie diese sind ein Missbrauch der parlamentarischen Demokratie, haben nichts mit dem verfassungsrechtlich garantierten Interpellations- oder Fragerecht zu tun, sondern ziehen dieses schlicht ins Lächerliche. (Eva Blimlinger, Ralph Schallmeiner, 26.7.2022)