Nach allem, was man bisher beobachten konnte, beherbergen die meisten Spiralgalaxien in ihren Zentren supermassive Schwarze Löcher. Jenes im Kern der Milchstraße heißt Sagittarius A* und bringt rund vier Millionen Sonnenmassen auf die Waage. Vor wenigen Monaten haben Forschende erstmals ein genaues Abbild vom Schatten von Sagittarius A* vorgestellt, doch so ganz wird das unscharfe gelb-orange Porträt den gewaltigen Kräften nicht gerecht, die einem solchen Gravitationsmonster innewohnen.

Einen deutlich besseren Eindruck kann man vielleicht gewinnen, wenn man ein Schwarzes Loch bei der Interaktion mit Materie beobachtet: Stürzen Materieteilchen auf ein Schwarzes Loch zu und werden sie dabei von Magnetfeldern eingefangen, können sie in Form zweier gewaltiger Plasmastrahlen wieder nach außen geschleudert werden. Bei manchen supermassereichen Schwarzen Löchern können die Teilchen dieser Jets beinahe Lichtgeschwindigkeit erreichen; Fachleute sprechen dann von einem sogenannten relativistischen Jet.

Die Hubble-Aufnahme zeigt die Galaxie IC 5063, ein Licht- und Schattenspiel mit einem lodernden Kern im Zentrum, wo sich das supermassereiche Schwarze Loch verbirgt.
Foto: NASA / ESA / Hubble / STScI / W.P. Maksym, CfA

Rätselhafte Jets

Man vermutet, dass die enorme Energie für solche Jets unmittelbar mit der Anziehungskraft des Schwarzen Lochs in Zusammenhang steht. Doch wie genau die Jets entstehen und was sie über tausende Lichtjahre hinweg stabilisiert, ist bisher kaum bekannt. Die Plasmajets verlaufen in den meisten Fällen senkrecht zur galaktischen Ebene. Zeigen sie jedoch mitten in die sternenreiche galaktische Scheibe, hat das entscheidende Folgen für die Zukunft der Galaxie.

Bei IC 5063 ist das beispielsweise der Fall. Bei der etwa 156 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie breiten sich die beiden Jets innerhalb der Scheibe aus, was zu großräumigen Wechselwirkungen mit kalten und dichten molekularen Gaswolken führt – dem Stoff, aus dem die Sterne sind. Ein internationales Team hat nun herausgefunden, dass die Natur dieser Wechselwirkungen darüber entscheidet, ob die Jets in der Galaxie für vermehrte Sternengeburten sorgen oder aber diese unterbinden.

Erhebliche Veränderungen

Die Forschenden unter der Leitung von Kalliopi Dasyra von der Nationalen und Kapodistrias-Universität Athen haben dafür mithilfe des Atacama Large Millimeter Array (Alma) und des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) den Gasdruck innerhalb der Galaxie IC 5063 untersucht. Bei diesen erstmaligen Messungen, die kürzlich im Fachjournal "Nature Astronomy" veröffentlicht wurden, entdeckten sie, dass die Jets den inneren und äußeren Druck der Molekülwolken auf ihrem Weg erheblich verändern.

Je nachdem, welcher der beiden Drücke sich am stärksten verändert, sind in derselben Galaxie sowohl eine Verdichtung der Wolken und eine Auslösung der Sternentstehung als auch eine Auflösung der Wolken und eine Verzögerung der Sternentstehung möglich. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass supermassereiche Schwarze Löcher, auch wenn sie sich in den Zentren von Galaxien befinden, die Sternentstehung galaxienweit beeinflussen können", sagte Dasyra.

Tausende astrochemische Simulationen

Für ihre Analysen nutzte das Team die von Alma gelieferten Daten zur Emission von Kohlenmonoxid (CO) und Formylkation (HCO+) sowie die vom VLT gelieferten Emissionsdaten von ionisiertem Schwefel und ionisiertem Stickstoff. Anschließend nutzten sie fortschrittliche und innovative astrochemische Algorithmen, um die Umgebungsbedingungen im Ausfluss und im umgebenden Medium genau zu bestimmen.

Die Forschenden erstellten Druckkarten von IC 5063: Links ist der Innendruck der Molekülwolken der Galaxie zu sehen, rechts der Druck außerhalb der Molekülwolken. Die Kreuze markieren die Position des Radiokerns und weiße Konturlinien den Jet-Trail.
Grafik: Kalliopi Dasyra et al.

"Wir haben viele Tausend astrochemische Simulationen durchgeführt, um ein breites Spektrum an Möglichkeiten abzudecken, die in IC 5063 existieren könnten", sagt Koautor Thomas Bisbas von der Universität zu Köln. Auf diese Weise konnten die Forschenden die optimale Kombination von physikalischen Parametern der Wolken an verschiedenen Orten der Galaxie ermitteln. Dabei entstanden regelrechte Karten, die veranschaulichen, wie sich die Gaseigenschaften aufgrund der Jetpassage von einem Ort zum anderen verändern.

Noch detailliertere Informationen erwarten sich die Forschenden von Aufnahmen mit dem James Webb Weltraumteleskop. "Wir freuen uns sehr auf die Daten vom James Webb Space Telescope", so Dasyra, "denn sie werden es uns ermöglichen, die Jet-Wolken-Wechselwirkung mit einer außerordentlichen Auflösung zu untersuchen." (tberg, red, 25.7.2022)