Das Tiroler Stubaital wurde erneut von schweren Unwettern heimgesucht.

Foto: APA/Zeitungsfoto.at/Daniel Liebl

Neustift im Stubaital – Schwere Unwetter haben am Montagabend bzw. in der Nacht auf Dienstag erneut das Tiroler Stubaital und Teile Kärntens getroffen und für Millionenschäden gesorgt. Das Stubaital wurde zum zweiten Mal innerhalb von drei Tagen getroffen, die Schäden belaufen sich nach ersten Schätzungen auf rund sechs Millionen Euro nach den beiden Unwettern. Im Kärntner Mölltal (Bezirk Spittal an der Drau) riss eine Mure die Mölltal Straße (B106) weg.

Die Tiroler Landesregierung sicherte am Dienstag Gemeinden und Privatpersonen eine rasche Umsetzung der erforderlichen Instandsetzungs- und Verbauungsmaßnahmen sowie die Bereitstellung der notwendigen Mittel zu. Die Aufräumarbeiten liefen. Die Suche nach dem vermissten Pfarrer blieb weiter unmöglich.

Platter: "Die Natur können wir nicht beherrschen"

Von den Millionenschäden ist laut Sicherheitsreferent und Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler (ÖVP) eine Million Euro dem Landesstraßennetz (Brücke und Aufräumarbeiten) zuzurechnen, 2,5 Millionen Euro der Wildbach- und Lawinenverbauung und 2,5 Millionen Euro dem Wasserbau (an der Pitze, Mellach und Ruetz). Zusätzlich seien über 20 private Schadensereignisse registriert worden. "Tirol wird nicht zuletzt aufgrund seiner Topografie seit jeher von Naturereignissen heimgesucht. Die Natur können wir nicht beherrschen. Aber wir können uns umfassend vorbereiten, bestmöglich schützen und im Ereignisfalls rasch und unbürokratisch helfen", sagte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), der am Dienstag an einer Sitzung der Einsatzleitung im Stubaital teilgenommen hatte.

Konkret werde, analog zu früheren Katastrophenereignissen, eine Beihilfe in der Höhe von 50 Prozent des jeweils anerkannten Schadens gewährt. "Davon sind 50 Prozent als Soforthilfe des geschätzten Schadens anzusehen – österreichweit ist das eine einzigartige Vorgehensweise", hoben Platter und Geisler hervor.

Suche nach vermisstem Pfarrer weiterhin unmöglich

Die Aufräumarbeiten – allen voran die Räumung der teils noch stark gefüllten Geschiebebecken und Bachläufe – liefen indes weiter auf Hochtouren. Der Parkplatz der Gletscherbahn war überflutet worden, die Wassermassen hatten ein geparktes Auto mitgerissen. Die vorübergehenden Straßensperren konnten laut Land großteils aufgehoben werden. Im Hinblick auf die Gemeindestraßen werde im Oberbergtal aktuell an der Errichtung eines Notweges gearbeitet, die Stubaier Gletscherstraße bleibe nach derzeitigem Kenntnisstand ab der Grawa-Alm voraussichtlich noch den ganzen Tag gesperrt. Laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik ist ab Dienstag mit einer Entspannung der Wettersituation zu rechnen.

Weitere Personenschäden seien nach Montagabend jedenfalls keine gemeldet worden. Die Suche nach dem seit Freitag vermissten Pfarrer ist laut Wasserrettung aber weiterhin unmöglich. "Wir haben aktuell keine Chance", schilderte Konrad Kirchebner von der Tiroler Wasserrettung. Nach den neuerlichen Murenabgängen habe man im Wasser aufgrund der Verschmutzung keine gute Sicht, zudem sei der Wasserstand viel zu hoch. "Wir müssen besseres Wetter abwarten", meinte Kirchebner. Am Mittwoch werde die Lage neu beurteilt. Aber bei der Aufgabe handle es sich um die "Suche der Nadel im Heuhaufen".

Der Pfarrer wurde Freitagabend in seinem Auto sitzend von den Fluten mitgerissen. Bei einer Suchaktion am Samstag wurden lediglich private Gegenstände wie eine Bibel, Dokumente und eine Visitenkarte gefunden. Ein Teil des Fahrzeugs des 60-Jährigen war am Samstag in der Ruetz gefunden worden.

Katastrophenfonds soll private Elementarschäden umfassen

Der Leiter der Abteilung Krisen- und Gefahrenmanagement des Landes Tirol, Elmar Rizzoli, hatte am Montag mit Blick auf die erwarteten Unwetter an die Bevölkerung appelliert, entsprechend Vorsicht walten zu lassen und "beispielsweise nicht unbedingt notwendige Autofahrten oder Spaziergänge zu vermeiden bzw. von gefährdeten Bereichen wie Fließgewässern Abstand zu halten". Das betreffe "allen voran die bereits am Wochenende stark betroffenen Gebiete", betonte Rizzoli in einer Aussendung. Die Tiroler Landesregierung wird am Dienstag in ihrer Regierungssitzung einen Beschluss fassen, dass private Elementarschäden aus dem Katastrophenfonds entschädigt werden.

Nicht nur im Stubaital kam es zu heftigen Gewittern. In Finkenberg im Zillertal stürzte laut Polizei ein Baum auf einen Hotelparkplatz. Dabei wurden drei Autos beschädigt, es wurde niemand verletzt.

Drei Autos in Kärnten von Hangrutsch mitgerissen

In Kärnten gab es in der Nacht auf Dienstag 18 Feuerwehreinsätze wegen der Unwetter. Laut Landesalarm- und Warnzentrale (LAWZ) hielt sich das Ausmaß der Schäden in Grenzen, nur im Mölltal (Bezirk Spittal an der Drau) gab es massivere Probleme. Am Dienstag zu Mittag war nur mehr die Feuerwehr Stall im Mölltal mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Eine Mure hatte in der Nacht die Mölltal Straße (B106) bei Stall verlegt. Laut Polizei hatte sich der südseitige Hang gelöst und war auf die Straße gerutscht. Drei Autos wurden mitgerissen. Den Insassen gelang es, sich selbst zu befreien. Verletzt wurde niemand.

Die Mölltal Straße bleibt vorerst gesperrt, sagte Bezirkshauptmann Klaus Brandner Dienstagmittag auf APA-Anfrage, es wurden klein- und großräumige Umfahrungen eingerichtet. Man könne die Gefahrensituation noch nicht zu 100 Prozent einschätzen, Schlechtwetter sei angesagt. "Das Wetter sollte sich morgen bessern, dann hoffen wir, die Straße wieder aufmachen zu können." Die Schäden seien bei diesem Unwetter nur sehr kleinräumig aufgetreten. In Stall im Mölltal wurde ein Haus vermurt, außerdem wurden mehrere Brücken entlang kleinerer Güterwege weggespült. (APA, red, 26.7.2022)