Großes Medieninteresse herrschte bei der Präsentation des von der ÖVP in Auftrag gegebenen Prüfberichts zur Causa Wirtschaftsbund Vorarlberg.

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Feldkirch – Am Dienstag hat der Vorarlberger Wirtschaftsbund (WB) die Ergebnisse der Sonderprüfung veröffentlicht, die als Reaktion auf die Inseratenaffäre bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO Austria in Auftrag gegeben wurde. Im Fokus der Prüfung standen die Jahresabschlüsse 2016 bis 2021 sowie die interne Kontrolle. Josef Schima, Partner bei BDO und Leiter der Sonderprüfung, stellte den Bericht zusammen mit dem geschäftsführenden Wirtschaftsbund-Obmann Karlheinz Rüdisser (ÖVP) in Feldkirch vor.

Rüdisser zeigte sich erleichtert, dass gemäß eigenem Prüfergebnis Ein- und Ausnahmen grundsätzlich korrekt abgerechnet worden seien. Schima erklärte zum Ablauf, dass sein Unternehmen eine Sonderuntersuchung durchzuführen hatte, bei der die Zahlungsstromanalyse für die Jahre 2016 bis 2021 sowie die Einschätzung über das interne Kontrollsystem des WB im Fokus standen. Dazu seien in einem ersten Schritt rund 15.000 Transaktionen, die auf diesen Zeitraum entfallen, von insgesamt vier Geldinstituten abgefragt worden. Da nicht alle Daten von den Banken korrekt übermittelt wurden, habe man rund 12.000 davon manuell nachbearbeiten müssen, sagte Schima.

"Durchaus generöser Umgang" mit Mitteln

Diese Transaktionen habe man mit der Buchhaltung des WB abgeglichen, wobei besonderes Augenmerk auf die Inserate in der WB-Zeitung "Vorarlberger Wirtschaft" gelegt wurde. Denn das Inseratenvolumen hatte sich im Prüfungszeitraum mehr als verdreifacht. Und dieser Anstieg war auch mit großzügigen Erfolgsprämien für den damaligen WB-Direktor Jürgen Kessler (ÖVP) verbunden. Währen die Prüfer zu dem Ergebnis kamen, dass Einnahmen und Ausgaben im Sinne der WB-Statuten getätigt wurden, kritisierten sie, dass "interne Prozesse und Handlungsanweisungen nicht angepasst wurden".

Genau das wäre aber angesichts der deutlichen Ausweitung des Inseratengeschäfts notwendig gewesen, zumal die wesentliche Abwicklung in den Händen von nur einer verantwortlichen Person, nämlich Kessler, lag. Daher regte Schima "eine straffere und stringentere Vorgehensweise bei der Ausgabenseite" an. Hinsichtlich der Vergütungen, die der ehemalige Geschäftsführer genossen hat, sprach Sima von einem "durchaus generösen Umgang" mit Mitteln, der Compliance verlange.

ÖVP ist überzeugt: "Juristisch alle Erfordernisse erfüllt"

Die Sonderprüfung bestätigte die großzügigen Geldflüsse an den mittlerweile zurückgetretenen WB-Direktor Kessler. Dieser erhielt zwischen 2016 und 2021 unter anderem ein Bruttogehalt von 780.000 Euro. An die 3L Consult GmbH (vormals Kessler Consult GmbH), deren Alleingesellschafter Kessler ist, wurden zwischen 2018 und 2021 646.000 Euro für die Vermittlung von Inseratenerlösen bezahlt. Zudem habe er einen Dienstwagen erhalten, Aufwandersatz für den Privat-Pkw und ein Darlehen über 250.000 Euro, das er aber mittlerweile mit 1,5 Prozent Verzinsung zurückbezahlt habe.

Rüdisser hielt fest, dass man getroffene Entscheidungen zwar nicht rückgängig machen könne, aber die Prüfung zeige, dass sie "rein juristisch alle Erfordernisse erfüllten". Dennoch wolle man Lehren aus dem Geschehenen ziehen. Dazu stellte Rüdisser mehrere Reformpunkte vor, die man in Angriff nehmen wolle. So sollen die Statuten überarbeitet, die Kompetenzen klarer verteilt und kontrolliert werden. Zudem habe man schon seit Mai ein Vieraugenprinzip bei allen Zahlungstransaktionen eingeführt. Außerdem will Rüdisser klare Compliance-Regeln formulieren, und der Jahresabschluss des WB soll künftig als ordentliche Bilanz erstellt werden. Überhaupt, so der Interimsleiter des WB, wolle man sich in Sachen Dienstrecht mehr an öffentlichen Einrichtungen orientieren.

Trennung zwischen Partei und Verein unscharf

Auch die Geldflüsse zwischen WB und Vorarlberger Volkspartei waren Gegenstand der Sonderprüfung: Demnach überwies der WB als Teilorganisation der Partei im Zeitraum von 2016 bis 2021 rund 513.000 Euro, dazu kamen 207.000 Euro als Zahlungen an diverse Ortsgruppen der ÖVP. Für Wahlkosten wurden 72.000 Euro ausgegeben. Zur klaren Trennung zwischen WB und Partei sagte Rüdisser, dass dies nicht einfach sei, weil der WB an der Gründung der ÖVP beteiligt gewesen sei und jedes ordentliche Mitglied auch automatisch ÖVP-Mitglied sei. Er werde daher auch künftig Teil der Partei und zugleich Verein sein. Wichtig sei aber, dass die Funktionen besser zugeordnet werden. "Es wird eine juristische Herausforderung, das klar zu regeln", sagte Rüdisser.

Der Vorwurf der verdeckten Parteienfinanzierung hat sich für Rüdisser jedenfalls nicht bestätigt. Und auch das Bild des "Selbstbedienungsladens WB" stimme nach dem Bericht so nicht. Kessler sei sehr erfolgreich für den WB tätig gewesen und habe dafür eine Art Erfolgsbeteiligung erhalten. Davon hätten sowohl der WB als auch Kessler profitiert. Rein wirtschaftlich sei das sehr gut gelaufen, und es habe den Satzungen entsprochen. Aber man sei eben kein Privatunternehmen, weshalb sich Rüdisser abschließend noch einmal für eine Neuformulierung dieser Satzung und strengere Compliance-Regeln aussprach.

Grüne kritisieren "Prüfung im Schonwaschgang"

Kritik am Prüfungsbericht kam umgehend von den Vorarlberger Grünen. "Die Ergebnisse der Eigenprüfung des Vorarlberger Wirtschaftsbundes sind hinter den ohnehin niedrigen Erwartungen zurückgeblieben", sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss, Nina Tomaselli. Die Pressekonferenz ordne sich nahtlos in die bisherige Strategie der ÖVP ein, nur das zuzugegeben, was ohnehin schon öffentlich bekannt war. "Einmal mehr ist klargeworden, dass Kontrolle und Aufklärung nur unabhängig erfolgen kann. Im Vordergrund steht vor allem die Klärung der Frage, wer die politische Verantwortung für die Affäre trägt. Diese Aufarbeitung hat mit dem Sonderlandtag erst begonnen, hier müssen auch auf Landesebene alle Kontrollmechanismen genützt werden."

Erst die Recherchen von unabhängigen Journalistinnen und Journalisten sowie die exzellente Prüfungsarbeit der Finanzbehörden hätten in der Causa den Stein ins Rollen gebracht. Zuletzt habe sich auch der Rechnungshof mit der Causa beschäftigt, der durch das Inseratengeschäft verdeckte Parteienfinanzierung in Millionenhöhe ortet. "Alle Fakten die wir bisher haben, sind durch unabhängige Institutionen bekannt geworden. Heute sind auch keine neuen Informationen dazugekommen", betonte Tomaselli. Man könne daher davon ausgehen, dass das noch nicht alles gewesen sei.

Auch die Recherche in den U-Ausschuss-Akten des Bundes gehe weiter. Tomaselli verwies darauf, dass eine große Lieferung durch das Land Vorarlberg noch ausständig sei. Auch seien noch weitere Auskunftspersonen geladen. Für die ÖVP sei die Beauftragung der Wirtschaftsbund-Kanzlei ein Versuch gewesen, sich von der eigenen Schuld reinzuwaschen. "Die mangelnde Selbstkritik, die heute offensichtlich war, macht deutlich, dass diese sogenannte Sonderprüfung des Wirtschaftsbundes eine Prüfung im Schonwaschgang war", sagte Tomaselli. (ars, APA, 26.7.2022)