Heute ist es vielen Schwarzen und Roten aus Österreichs Politik ziemlich peinlich, wenn man ihren früheren Umgang mit Wladimir Putin erwähnt. Empfänge, Schulterklopfen, Lobreden, ja sogar Knickse und vor allem Gasverträge gab es da – zu einer Zeit, da Putin schon Oppositionelle, Intellektuelle, Kunstschaffende und die LGBTIQ-Community verfolgte. Natürlich waren ihm auch die Rechte anderer Staaten egal. Bundeskanzler Karl Nehammer hat jetzt die Möglichkeit, es besser zu machen und eine klare Haltung zu demokratischen Werten und Menschenrechten zu zeigen.

Viktor Orbán gab neulich in einer Rede krude Rassentheorien von sich.
Foto: AP/ Bertrand Guay

Denn Viktor Orbán, der Putin immer noch verteidigt, kommt zu Besuch. Wenn er nicht gerade den "Genderwahn" in der für seinen Geschmack zu liberalen EU geißelt, gibt er krude Rassentheorien von sich, wie neulich bei seiner Rede in einem rumänischen Kurort. Sein Volk, so meinte der ungarische Ministerpräsident, dürfe sich nur mit Slowaken und Rumänen vermischen, ein "gemischtrassiges" Europa lehne er ab. Geht’s noch? Auf die Spitze trieb er es dann mit einem "Witz" in Anspielung auf Gaskammern im Holocaust.

Nehammer, der Orbán am Donnerstag empfängt, muss jetzt Farbe bekennen. Der Kanzler hat sich zwar öffentlich schon gefreut, seinen "wichtigen Nachbarn und Partner" zu begrüßen. Doch wenn man ihn als Demokraten und Europäer ernst nehmen soll, muss er Orbáns jüngste rassistische Ausritte verurteilen. Spätestens nach dem Handschlagfoto. (Colette M. Schmidt, 26.7.2022)