Federwiegen sehen aus wie kleine Hängematten für Babys. Durch die Metallfeder wippen sie regelmäßig auf und ab, die Enge gibt den Kleinen zusätzlich ein Gefühl von Geborgenheit.

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Für viele Familien ist sie die letzte Rettung: die Federwiege. Wenn kleine Babys viel weinen oder einfach nicht in den Schlaf finden, gibt ihnen das Schaukeln und die Begrenzung der kleinen Hängematte ein wohliges Gefühl – fast so wie im Mutterleib.

Umso erschreckender war für viele Eltern gestern die Nachricht, dass Nonomo, ein bekannter Hersteller auf dem Federwiegenmarkt, seine Kundinnen und Kunden per E-Mail und Hinweis auf der Homepage dazu aufforderte, die Federwiege ab sofort und ausnahmslos nicht mehr zu benutzen. Grund dafür: Bei Nutzung könnten sich kleine Partikel durch Abrieb von den Metallteilen der Befestigung lösen, in die Federwiege fallen und schwere Verletzungen verursachen. Unfälle wurden bisher allerdings keine gemeldet, die Maßnahme sei rein präventiv, um zukünftige Verletzungen zu verhindern.

Man arbeite derzeit an einer Lösung, heißt es weiter. Bis Oktober soll ein Produktupgrade zum Nachrüsten verfügbar sein, das allen Kundinnen und Kunden, die direkt bei Nonomo bestellt haben, zugeschickt wird. Ab dann soll die Federwiege wieder ohne Sicherheitsbedenken eingesetzt werden können. "Wir entwerfen eine Abdeckung für die Feder, die alle Metallteile versiegelt. Die große Kette wird durch ein starkes Stoffseil ersetzt. Dadurch wird verhindert, dass Metallstaub in die Federwiege fallen kann", heißt es auf der Homepage des Unternehmens.

Neuübernahme

Grund dafür, dass die Mängel überhaupt festgestellt wurden, seien umfangreiche Produkttests, nachdem Nonomo Ende letzten Jahres vom belgischen Unternehmen QLEVR übernommen wurde und man die gleichen Sicherheitsstandards wie bei anderen Produkten der Marke gewährleisten wolle. Bereits im März hat das Unternehmen eine Sicherheitswarnung veröffentlicht. Damals ging es um die Abdeckung des Batteriefachs des Federwiegenmotors, die sich lösen könnte, sodass die Batterien auf das Baby fallen könnten.

Viele Eltern sind nun ratlos, zumal Babys oft an die Federwiege gewöhnt sind und anders nicht einschlafen können. Wie groß die Empörung ist, zeigen etwa Kommentare auf der Instagram-Seite des Unternehmens. "Ich finde es eine Frechheit, dass hier diesen Monat noch Angebote rausgehauen wurden, mit dem Wissen im Hinterkopf, dass die Wiegen gefährlich für Babys werden können!", schreibt etwa eine Mutter. Und eine andere erklärt, dass die Federwiege täglich im Einsatz sei: "Das ist eine sehr große Enttäuschung für mich. Dass man ein Produkt für Babys einfach drei Monate nicht mehr einsetzen kann, ist im Hinblick auf die kurze Babyzeit tatsächlich nicht belanglos", schreibt sie. Verärgert sind besonders jene Kundinnen und Kunden, die das Produkt erst in der Vorwoche gekauft haben.

Modelle mit Motor kosten je nach Ausführung zwischen 500 und 700 Euro. Aktuell kann im Onlineshop des Unternehmens nicht mehr bestellt werden. Eltern stellen sich derzeit vor allem die Frage, ob sie für den Ausfall des Produkts eine finanzielle Entschädigung bekommen.

Bei Nonomo, das Unternehmen hat seinen Sitz im deutschen Gelsenkirchen, wird auf die Geschäftsführung des neuen Mutterunternehmens QLEVR in Belgien verwiesen. Deren Geschäftsführer, Jo Schoenmaekers, ging in einer Anfrage des STANDARD auf diese Fragen nicht ein und teilte in einer Stellungnahme lediglich mit, es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, man halte sich an alle gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber den Kunden, und die Sicherheit der Babys habe für das Unternehmen oberste Priorität.

Geld zurückfordern

Laut Gabriele Zgubic von der Arbeiterkammer (AK) können Kundinnen und Kunden, die das Produkt vor weniger als 14 Tagen gekauft haben, ohne Angabe von Gründen von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen und vom Kauf zurücktreten.

Liegt die Bestellung schon länger zurück, hat man Gewährleistungsansprüche. "Ist ein Produkt mangelhaft, hat man ein Recht auf Verbesserung, Reparatur oder Austausch", sagt Zgubic. Ist dies nicht innerhalb einer Frist – gewöhnlich sind dies 14 Tage – möglich, kann man sein Geld zurückfordern. Zumal es sich hier um ein Produkt handle, dessen Nutzbarkeit zeitlich relativ beschränkt ist, da Babys schnell größer werden, sei der Zeitraum bis Oktober, auf den sich Nonomo beruft, viel zu vage und unbestimmt, sagt die AK-Expertin. Sie rät Kundinnen und Kunden, das Unternehmen per E-Mail unter Anführung dieser Gründe um eine Vertragsauflösung zu bitten. Sollte dies nicht ermöglicht werden, könne man sich an das Europäische Verbraucherzentrum wenden, das Konsumentinnen und Konsumenten länderübergreifend unterstützt.

Anders einschlafen

Neben anderen Anbietern von Federwiegen können Eltern laut Schlafberaterin Elisabeth Vesely von der Babypraxis in Wien auch andere Methoden ausprobieren, um Babys, die an die Federwiege gewöhnt sind, in den Schlaf zu wiegen. Auch in einer Babytrage, in einem Schaukelstuhl oder auf einem Hüpfball können die Bewegungen simuliert werden. Allerdings funktioniert das nicht immer, wie eine Mutter, die nicht namentlich genannt werden will, erzählt: "Wir haben alles versucht, unsere Kleine schläft nur in der Federwiege ein – wir haben also keine andere Möglichkeit, als sie weiter zu nutzen."

So manche Eltern tun es ihnen gleich, zumal bisher alles gutgegangen ist und auch insgesamt keine Unfälle gemeldet wurden, wie man bei Nonomo betont. Viele Eltern hoffen darauf, dass das Unternehmen nur von der Verwendung abrät, um sich rechtlich abzusichern. "Ein extrem unangenehmes Gefühl ist es trotzdem", sagt eine Mutter.

Vesely bestätigt, dass Babys ganz unterschiedlich sind, was ihr Schlafverhalten anbelangt. Bei manchen kann eine Umstellung auf eine andere Schlafassoziation schneller gelingen, bei anderen wird es länger dauern. Es ist ähnlich wie beim gezielten Abstillen oder anderen Schlafassoziationen, wo sich die Kinder oft langsam über Tage oder Wochen an eine Alternative gewöhnen – meist begleitet von vielen Tränen, was den Eltern viel Geduld abverlangt.

5-S-Methode

Vesely rät dazu, auch die sogenannte 5-S-Methode auszuprobieren, die der US-amerikanische Arzt Harvey Karp entwickelt hat: Dabei wird das Baby eingewickelt, in eine seitliche Position gebracht, geschaukelt, sein Saugbedürfnis wird gestillt, und man spielt ein regelmäßiges Rauschen ab, dreht etwa den Staubsauger auf oder erzeugt es durch "Schhh"-Laute selbst. Damit könne man bei kleinen und größeren Babys gute Erfolge erzielen, sagt die Schlafberaterin.

Anders als diese genannten Alternativen bieten Federwiegen allerdings den großen Vorteil für Eltern, dass sie ihr Kind während des Schlafens nicht am Körper oder auf dem Arm tragen müssen. Viele Babys in dem Alter lassen sich nicht ablegen, und somit haben Mütter und Väter durch die Federwiege ein kleines Stück an Freiheit zurückgewonnen – etwa um kurz unter die Dusche oder aufs Klo zu gehen, während das Baby schläft. Eltern von Schreibabys nutzen die Wiegen etwa auch, um die Kinder zu beruhigen, und nicht nur, um sie zum Schlafen zu bringen. (Bernadette Redl, 27.7.2022)