In Clubs dürften Infizierte künftig mit Maske tanzen – in solchen mit Freibereich auch ohne, sofern nicht zu viel los ist.

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Corona-Verordnungen haben gemeinhin zwei Charakteristika: Erstens sind sie meistens kompliziert. Und zweitens bringen sie in der Regel gewisse Skurrilitäten mit sich. Diejenigen aus der am Dienstag fixierten Verkehrsbeschränkungsverordnung hat DER STANDARD mithilfe eines Verfassungsrechtlers zusammengetragen.

Gastronomie: Sitzen ja, essen nein

Infizierte dürfen ab 1. August zwar mit FFP2-Maske in Lokale, diese dort aber nicht abnehmen. Das heißt: Corona-Positiven ist es erlaubt, zum Beispiel in einem Wirtshaus zu sitzen und sich dort zu unterhalten. Konsumieren dürfen sie dort aber nichts, weil die Maske laut Verordnung wörtlich "durchgehend" getragen werden muss. Eine Ausnahme zum Essen und Trinken ist explizit nicht vorgesehen. Im Ministerium erhofft man sich davon, dass Corona-Positive aufgrund dieser Regel der Gastro ohnehin fernbleiben. In den Erläuterungen zur Verordnung heißt es, dass die Regelung das "Betreten in den meisten Fällen obsolet machen bzw. den Zweck des Besuchs vereiteln" werde.

Clubs: Tanzen erlaubt, draußen auch ohne Maske

Künftig wird es Corona-Infizierten auch erlaubt sein, in einem Club mit Maske im Gesicht die Nacht zum Tag zu machen. Gibt es einen Außenbereich, wie im Wiener Volksgarten oder in der Pratersauna, darf die FFP2-Maske bei genügend Abstand auch abgenommen werden. Das Gleiche gilt aus Sicht des Verfassungsrechtlers Peter Bußjäger übrigens auch für Schanigärten von Lokalen. Wenn nicht viel los ist, ist es möglich, maskenlos ein Bier zu konsumieren. Heikel wird es allerdings beim Servieren: Hierbei müsste der positive Gast aufstehen und sich vom Tisch entfernen, damit die Bedienung das Glas unter Wahrung des Abstands abstellen kann.

Freibad: Mit Maske ins Becken

Etwas skurril könnte es ab August auch in den Freibädern zugehen. Dorthin dürfen Corona-Infizierte künftig auch. Wenn der Zwei-Meter-Abstand im Freien auf der Liegewiese eingehalten werden könne, müsse laut der neuen Verordnung auch keine Maske getragen werden, interpretiert Jurist Bußjäger die Regelung. Zu einem Problem mit dem Mindestabstand könnte es aber spätestens im Schwimmbecken kommen. Rein rechtlich müssten Infizierte im Wasser Maske tragen. Da stellt sich aus Bußjägers Sicht aber die Frage, wie wirksam der Mund-Nasen-Schutz im kühlen Nass noch ist.

Kindergarten: Pädagogen dürfen rein, Kinder und Eltern nicht

Positiv getestete Kinder dürfen nicht in den Kindergarten oder in die Volksschule, infizierte Pädagogen mit Maske aber schon. Und infizierten Eltern ist es nicht erlaubt, ihre negativen Kinder direkt im Kindergarten oder in der Volksschule abzuliefern. Diese widersprüchlich anmutenden Regeln ergeben sich daraus, dass im Bildungsbereich viele Sonderregeln zusammenkommen.

Der Grund ist, dass es sich bei Kindergärten und Volksschulen um vulnerable Settings handelt. Für Infizierte gilt dort ein Betretungsverbot. Dieses umfasst explizit auch Kinder. Begründet wird dies damit, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass Kinder in diesem jungen Alter die Maske durchgehend korrekt tragen.

Infizierte Pädagoginnen wiederum sind vom Betretungsverbot ausgenommen. Sie dürfen mit FFP2-Maske Kinder betreuen bzw. unterrichten. Die Lehrergewerkschaft sieht das allerdings sehr skeptisch. Aus dem Büro von Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) heißt es, dass Kindergartenbetreiber infiziertem Personal anordnen könnten, der Arbeit fernzubleiben. Die zuständige Magistratsabteilung 11 befasse sich derzeit mit dieser Frage.

Für Eltern stellt sich damit die Frage nach der Betreuung infizierter Kinder. Das Problem dabei: Die Sonderbetreuungszeit, die es Arbeitnehmern während der Pandemie möglich machte, sich bis zu drei Wochen um Kindern bis zum 14. Lebensjahr zu kümmern, ist Anfang Juli ausgelaufen.

Findet man künftig keine andere geeignete Person zur Betreuung eines positiv getesteten Kindes ohne Symptome, liegt laut Arbeiterkammer (AK) Wien in der Regel eine Dienstverhinderung mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung vor. Der Anspruch bestehe aber nur für relativ kurze, Zeit und Dauer seien nicht klar definiert, kritisiert AK-Expertin Elke Larcher. Habe ein infiziertes Kind Symptome, hätten Eltern Anspruch auf Pflegefreistellung.

Kirche: Kommunion verboten, Friedensgruß erlaubt

Ein positiver Corona-Test hindert bald niemanden mehr daran, auch der persönlichen Religionsausübung nachzukommen. So kann man beispielsweise mit Maske an einer Messe in der Kirche teilnehmen. Allerdings nicht in den Mund wandern wird die Hostie. Dafür spricht rechtlich nichts gegen den sogenannten "Friedensgruß", bei dem man sich die Hände reicht.

Kontrollen: Unmöglich – und die Polizei will auch nicht

All diese neuen Vorschriften könnten in der Theorie kontrolliert werden. Dafür könnte auch die Polizei von den zuständigen Gesundheitsämtern hinzugezogen werden. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) räumte bereits ein, dass eine flächendeckende Kontrolle unmöglich sein wird. Auch bei der Corona-Quarantäne sei das bisher nur stichprobenartig passiert, argumentiert er. Vom roten Polizeigewerkschafter Hermann Greylinger kommt ohnehin eine lautstarke Absage: "Alles, was sinnlos ist, wird abgelehnt", sagt Greylinger. "Das ist unkontrollierbar." (Jan Michael Marchart, Stefanie Rachbauer, 27.7.2022)