In Rust wird Schlamm abgetragen, um die Bootsfahrt wieder zu ermöglichen.

Foto: Guido Gluschitsch

Eisenstadt/Neusiedl am See – Die burgenländischen Grünen haben am Mittwoch vor den Auswirkungen einer künstlichen Wasserzufuhr zum Neusiedler See gewarnt. Wasser aus der ungarischen Moson-Donau, das das Land in den Steppensee leiten will, würde das natürliche System aus dem Gleichgewicht bringen und den See dadurch noch zusätzlich gefährden, meinte Landtagsabgeordneter Wolfgang Spitzmüller bei einer Pressekonferenz: "Mit der Zuleitung würde man ihm wahrscheinlich sogar den Todesstoß versetzen."

Der Neusiedler See mit seinem leichten Salzgehalt brauche Schwankungen bei der Wasserhöhe, weil er durch diese mit neuem Salz versorgt werde, das unter anderem durch Verdunstung verloren gehe. Der Salzgehalt sorge dafür, dass der Steppensee trüb ist. "Wenn wir hier Wasser hineinleeren, das dafür nicht geeignet ist – und dessen sind wir uns sicher -, dann ist die Gefahr, dass der See die Trübung verliert und den Salzgehalt", sagte Spitzmüller. Das würde zu Algenwachstum und der Ansiedelung von Wasserpflanzen führen.

Kipppunkt und Regenwasser sammeln

Letztlich könne es sogar sein, dass die Zuleitung dazu führe, dass der See schneller austrocknet – "weil das System komplett kippt und das Wasser dann schneller weg ist, als wir uns das heute vorstellen können. Das ist ein vielfältiges System und je mehr wir daran herumbasteln, desto eher besteht die Gefahr, dass wir es verlieren", sagte Spitzmüller.

Klubobfrau Regina Petrik kritisierte, die Machbarkeitsstudie des Landes zur Zuleitung behandle die wasserwirtschaftliche Perspektive, aber keine gewässerökologischen Aspekte. Auch dazu brauche es eine Studie, meinte Petrik. Als Maßnahme gegen die Austrocknung schlug sie vor, das überschüssige Regenwasser der umliegenden Gemeinden zu sammeln und in den See zu leiten. Immerhin nähre sich dieser natürlich aus Regenwasser. Außerdem seien eine Neuorientierung in der Landwirtschaft und ein neues Tourismuskonzept notwendig, so die Klubobfrau. Eine Zuleitung ins Grundwasser befürworten die Grünen.

Wasser sparen

Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf nahm am Mittwoch, ähnlich wie zuvor Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (beide SPÖ), die Landwirte in die Pflicht und forderte einen Paradigmenwechsel bei der Bewässerung. Das Ziel müsse sein, das Grundwasser zu schützen, Wasser in der Landschaft zu halten, wassersparende Anbaumethoden zu entwickeln und insgesamt die Landwirtschaft besser an das Klima anzupassen, betonte Eisenkopf in einer Aussendung. Sie fordert vom Bund eine Förderung für moderne und effiziente Bewässerungssysteme.

Die Regenfälle der vergangenen Tage haben dem Wasserstand im Neusiedler See jedenfalls noch nicht wirklich genutzt. Dieser lag am Mittwoch weiterhin bei 115 Meter über Adria – und damit am tiefsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen 1965. Im Vorjahr stand das Wasser Ende Juli um 20 Zentimeter höher, schon damals war der See für die Jahreszeit aber ungewöhnlich seicht. Auf das langjährige Mittel fehlen derzeit 47 Zentimeter und auf den maximalen Wasserstand für Ende Juli im Jahr 2009 ganze 79 Zentimeter. (APA, 27.7.2022)