Eine Ausstellung zur Reiseprophylaxe: die neue Sonderschau im Narrenturm.

NHM Wien, Alice Schumacher

Im Narrenturm auf dem Gelände des Alten AKH in Wien ist seit vielen Jahren die pathologisch-anatomische Sammlung untergebracht, die 2020 eine neue Dauerausstellung erhielt. Ursprünglich war der 1784 eröffnete "Guglhupf" aber eine psychiatrische Anstalt, ehe die letzten Patienten 1869 das Gebäude verließen. Danach wurden Zellen als Werkstätten, aber auch als Wohnungen für Krankenschwestern und andere Mitarbeiter des AKH genützt.

Einer, der Ende des 19. Jahrhunderts im Narrenturm wohnte, war der Labordiener Franz Barisch, der Opfer einer weit gereisten Krankheit wurde – und der erste der drei letzten Pest-Toten Österreichs war. Der Erreger, mit dem sich Barisch infizierte, war im Jahr zuvor absichtlich von eine Wiener Expedition aus dem damals pestverseuchten Bombay (heute: Mumbai) nach Österreich gebracht und in Ratten kultiviert worden, um ihn zu erforschen.

Der Labordiener hat sich vermutlich im Oktober 1898 bei der unsachgemäßen – andere Quellen sagen: alkoholisierten – Pflege der Laborratten mit der Lungenpest infiziert, die damals in der überwiegenden Zahl der Fälle tödlich verlief. Womöglich noch im Narrenturm steckten sich der behandelnde Mediziner Hermann Franz Müller und danach im AKH die junge Krankenpflegerin Albine Pecha beim tödlich erkrankten Barisch an. Auch Müller und Pecha starben, hatten sich aber zuvor heldenhaft in Selbstisolation begeben, weshalb Wien von einem neuerlichen Pestausbruch verschont blieb.

"Pestreste" in der Sammlung

Dass damals auch alle dazugehörigen "Pestutensilien" und Proben mitentsorgt worden wären, wie kolportiert wurde, sei aber falsch, wie Eduard Winter erklärt, der seit 2004 Kustos der pathologisch-anatomischen Sammlung im Narrenturm ist. Entsprechende Unterlagen fänden sich noch in der umfangreichen Kollektion an Präparaten, die seit zehn Jahren zum Naturhistorischen Museum Wien gehört.

Das schaurige und mit dem Narrenturm verknüpfte Schicksal der letzten drei Pesttoten Österreichs ist auch in der neuen Sonderschau "Krankheiten auf Reisen" erwähnt, die ab sofort im renovierten Gebäudes zu sehen ist. In drei der ehemaligen Zellen im Erdgeschoß werden zudem die historischen und aktuellen Verbreitungswege von typischen Infektionskrankheiten beleuchtet.

Der Pesterreger war im Mittelalter eher langsam unterwegs.
Foto: NHM Wien, Alice Schumacher

Erhöhtes Reisetempo

Waren es früher meist Handelsreisen per Schiff oder Kriegszüge, die Krankheitserreger wie jenen der Pest verbreiteten, sind es heute vor allem Flugreisen, die Erreger in kürzester Zeit von einem Ende der Welt zum anderen bringen. Die Ausbreitungen von Sars-CoV-2 und der verschiedenen Virusvarianten führte in den vergangenen zweieinhalb Jahren drastisch vor Augen, wie schnell Erreger heute reisen.

Die kleine, etwas textlastig geratene Schau liefert zudem auch praktische Basisinformationen über Krankheiten, die wir uns heute noch in fernen Ländern holen können. Insofern kann der immer lohnende Besuch des Narrenturms auch als Urlaubsvorbereitung genützt werden. (tasch, 27.7.2022)