Der Untersuchungsausschuss des US-Kongresses zum Kapitol-Sturm am 6. Jänner 2021 hat bereits viel Unglaubliches zutage befördert. Der abgewählte US-Präsident Donald Trump wusste, dass er die Wahl verloren hatte, und klammerte sich dennoch mit allen Mitteln an die Macht, ohne Rücksicht auf Menschenleben. Das Bild erhärtet sich: Trump hat am Ende seiner Präsidentschaft eine Art Staatsstreich versucht.

Floridas Gouverneur Ron DeSantis ist Trumps Saat entsprungen.
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Zwar hat das US-Justizministerium bisher offiziell keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen Trump eingeleitet, einem aktuellen Bericht der Washington Post zufolge steht dieser Schritt aber kurz bevor. Hinweise, die den Vorwurf der Behinderung der Auszählung der Wahlmännerstimmen stützen, gibt es mittlerweile ausreichend, auch die Beteiligung an einer kriminellen Verschwörung gegen die USA wird wohl Gegenstand der Untersuchungen. Sollte Trump tatsächlich angeklagt werden, ist sein Comebackplan für die Präsidentschaftswahlen 2024 vermutlich hinfällig. In die Geschichte würde er aber jedenfalls eingehen: Nie zuvor wurde ein ehemaliger Präsident nach dem Ausscheiden aus dem Amt angeklagt.

Eine Anklage wäre zwar alternativlos, aber noch lange kein Sieg der Demokratie. Viele Republikaner sehen in den Untersuchungen nach wie vor einen parteipolitischen "Rachefeldzug" der Demokraten, Reaktionen bis hin zu Unruhen werden befürchtet.

Auch wenn Trump nicht mehr Präsident wird, der Trumpismus ist längst fest in der politischen Landschaft verankert. Trump hat dafür gesorgt, dass die Protagonisten einer politischen und gesellschaftlichen Rückwärtsbewegung auf relevante Posten kommen. Einige von ihnen, wie Floridas Gouverneur Ron DeSantis, sammeln bereits erfolgreich Millionen an Spendengeldern. Trumps Saat ist längst aufgegangen. (Manuela Honsig-Erlenburg, 27.7.2022)