Die Marktgemeinde Mauerbach ist ein idyllisches Fleckchen in Niederösterreich: Bäume und Sträucher blühen in sattem Grün, der Himmel leuchtet blau, vielleicht gar türkis – wenn auch am Mittwoch nur stellenweise zwischen den dicken grauen Wolken hindurch. Auf der Terrasse des Seminarhotels liegen Badegäste am Pool, von den Sicherheitskräften lassen sie sich nicht beirren. Die Regierung weilt derweil im Rumpf des Gebäudes. "Sommerministerrat" nennt sich das Spektakel, für das am Mittwoch so gut wie alle Medien Österreichs nach Mauerbach gereist sind. Warum eigentlich?

Praktisch betrachtet ist die Sache klar: Es gibt genug zu tun für die türkis-grüne Koalition. Sogar Bundespräsident Alexander Van der Bellen betont derzeit bei jeder Gelegenheit, die Regierung müsse "sorry: arbeiten, arbeiten". Und Ministerräte – jenes Gremium, in dem koalitionäre Beschlüsse gefasst werden – pausieren über die Sommermonate; wöchentlich trifft die Regierung erst ab September wieder zusammen. Im Sommer gibt es dann traditionell einen Ministerrat, der groß inszeniert wird, selbst wenn es – und das kam schon vor – inhaltlich wenig zu sagen gab. Also: Mauerbach.

Ein sommerlicher Ministerrat der Regierung in Mauerbach, im Vordergrund versuchen Karl Nehammer, Werner Kogler und Leonore Gewessler die Stimmung aufzulockern.
Foto: Christian Fischer

"Praktikables Modell"

Konkret hatte die Regierung dieses Jahr zwei größere Ansagen vorbereitet. Ursprünglich stand auch Corona auf der Tagesordnung – also das Quarantäne-Aus, so hieß es zumindest im Vorfeld. Die entsprechende Pressekonferenz wurde dann aber doch bereits am Dienstag abgehalten. Das Thema hatte davor tagelang für Debatten gesorgt. Und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) war in Zugzwang geraten.

Bei der Pressekonferenz zum Sommerministerrat ging es dann vor allem um das Thema Energie – und natürlich darum, vorzuführen, dass gemeinsam emsig gearbeitet wird fürs Land. Vor die versammelte Presse traten Kanzler, Vizekanzler sowie die grüne Energieministerin und der türkise Finanzminister:

"Strompreisbremse": Es soll keinen Preisdeckel geben, wie die Regierung betont, sehr wohl aber eine sogenannte "Strompreisbremse" eingeführt werden. Diskutiert wird das Modell bereits seit längerem, die Details stehen auch jetzt noch nicht fest. Die Regierung habe sich nun aber final darauf verständigt, dass durch eine bundesweit einheitliche Strompreisbremse der "Basisverbrauch" zu einem "gesicherten, günstigen Preis auf Vorkriegsniveau" staatlich sichergestellt wird. Jedem Haushalt soll also eine leistbare Stromgrundversorgung zugesichert werden. Alles, was darüber hinaus an Strom verbraucht wird, unterliegt dem regulären Marktpreis. So soll Energie zu sparen weiterhin attraktiv bleiben. Genauer wird die Regierung noch nicht, über den Sommer werde nun ein "praktikables Modell ausgearbeitet", das dann aber bereits ab Herbst wirken soll.

Gaseinspeicherung: Darüber hinaus wollte die Regierung "gute Nachrichten" zum Thema Gaseinspeicherung verkünden. So mache Österreich Fortschritte bei der Diversifizierung der Gasversorgung, wie Energieministerin Leonore Gewessler erklärte: Die Abhängigkeit von Russland sinke nun "deutlich unter 50 Prozent". Zudem hat Österreich um knapp drei Milliarden Euro weitere 12,3 Terawattstunden Gas gekauft. Die "Beschaffung des letzten Sicherheitspuffers" der strategischen Gasreserve sei somit abgeschlossen. Bis November sollen 20 Terawattstunden Erdgas eingelagert werden, die im Ernstfall zur Verfügung stehen – das entspreche in etwa dem Verbrauch innerhalb von drei durchschnittlichen Monaten in Österreich.

8,5 Terawattstunden der Gasreserve werden "explizit aus nichtrussischem Erdgas" angelegt, wie betont wurde. Das große Ziel sei es, die heimischen Speicher so schnell wie möglich zu befüllen, wobei sich die Regierung dabei optimistisch zeigt. Kanzler Karl Nehammer hielt fest, der Speicher sei derzeit "über 51 Prozent" gefüllt, der Speicherfortschritt sei "gut am Laufen".

Krank daheimbleiben

Schlussendlich ging es beim Sommerministerrat dann aber doch auch um Corona. Eine Journalistin sprach Nehammer auf arbeitsrechtliche Fragen nach dem Quarantäne-Aus an. Der gab zumindest eine simple Verhaltensempfehlung ab: "Wichtig ist, wenn man Symptome hat, bleibt man zu Hause." Die Abschaffung der Quarantäne-Verpflichtung rechtfertigte er: "Wir sind hier nicht alleine mit diesem Weg." Angesprochen auf den Besuch des ungarischen Premiers Viktor Orbán am Donnerstag, sagte Nehammer: "Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich das direkte Gespräch nicht scheue." Orbán war zuletzt mit einem Gaskammern-Witz international auffällig geworden. Nehammer erklärte dazu: "Alles, was mit Verharmlosung zu tun hat, ist für uns inakzeptabel."

Aber warum jetzt eigentlich Mauerbach? Warum nicht wie sonst im Kanzleramt? "Es hat sich so eingebürgert, dass der Sommerministerrat irgendwo anders stattfindet, warum auch immer", sagt ein Regierungsmitarbeiter auf Nachfrage. Ein Sprecher hält fest, dass der Sommerministerrat eben etwas Besonderes sei, weil es inmitten der Sommerpause viel zu besprechen gebe.

Die Opposition überzeugte der Klein-Polit-Event jedenfalls nicht. Die Regierung produziere bloß Überschriften, kritisiert die SPÖ. Anstatt "einen Arbeitskreis zu gründen", solle sie einen Maßnahmenmix erarbeiten, finden die Neos. (Katharina Mittelstaedt, 27.7.2022)