Die documenta wies die Vorwürfe nach Bekanntwerden zurück.

Foto: IMAGO/Peter Hartenfelser

Kassel – Um die wichtigste Großausstellung für zeitgenössische Kunst gibt es erneut Aufregung: Schon wieder wurden auf der Documenta israelfeindliche und teils antisemitische Motive in einem Kunstwerk entdeckt. Konkret handelt es sich um Zeichnungen aus dem Jahr 1988, die von dem Kollektiv "Archives des luttes des femmes en Algérie" am Ausstellungsort Fridericianum gezeigt werden.

Darin zeigen Zeichnungen des syrischen Künstlers Burhan Karkoutly teils antisemitische Stereotype und das Land Palästina, versehen mit Einordnungen, die Israel die Legitimität absprächen. Zu sehen sind gewalttätige Szenen mit Soldaten und Massengräbern sowie Symbole wie Davidstern und Hakennase. Die Bilder stammen aus der algerischen Broschüre "Présence des Femmes".

Kontext und heftige Reaktionen

Öffentlich wurde der Fund durch die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (Rias Hessen). Laut Süddeutscher Zeitung meldete eine Besucherin bereits vor drei Wochen die kritischen Zeichnungen den Verantwortlichen. Daraufhin entfernte man diese aus der Schau, ließ sie von der Staatsanwaltschaft prüfen und brachte sie dann wieder ins Fridericianum zurück. Die Behörden sowie die Leitung der Documenta hatten in den Bildern keine "Diffamierung von jüdischen oder vermeintlich jüdischen Personen" erkannt und sie als strafrechtlich nicht relevant eingestuft. Auch der neue Geschäftsführer Alexander Farenholtz verteidigte in der SZ die Vorgehensweise. Aufgrund der Vorwürfe sollen die Darstellungen nun aber durch einen erklärenden Text kontextualisiert werden.

Die Reaktionen fallen erneut heftig aus: Politiker und Politikerinnen fordern die Begutachtung aller bei der Weltkunstschau in Kassel ausgestellten Werke. Vertreter jüdischer Einrichtungen reagierten empört auf die neuen Funde. Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, ist nach eigenen Worten "fassungslos". Selbst als damaliger Berater sei er über den Vorfall nicht in Kenntnis gesetzt worden. Er appelliert, die Bilder aus der Ausstellung zu nehmen und mit dem neuen Expertengremium zu besprechen.

Am Donnerstag forderte die FDP den Stopp der Bundesmittel für die Kunstschau, jedenfalls solange keine umfassende Prüfung auf antisemitische Inhalte hin stattgefunden habe. Eine solche lehnt die Documenta jedoch bisher ab. (APA, red, 28.7.2022)