Wie hoch die Gebührenerhöhung in Wien ausfällt, wird nach dem 18. August feststehen. Dann wird der entscheidende Wert veröffentlicht.

Foto: Karl Schöndorfer TOPP

Der gelernte Wiener kennt die Debatte um die automatische Wertanpassung der kommunalen Gebühren für Müllabfuhr, Wasser und Kanal nur zu gut. Angesichts der gegenwärtigen allgemeinen Teuerung zieht die Diskussion verstärkt österreichweit Kreise – auch unter emsigem Zutun des Bundes.

Ausgangspunkt ist der Umstand, dass in der Hauptstadt mit 1. Jänner 2023 voraussichtlich die Preise für kommunale Dienstleistungen steigen. Das liegt am Wiener Valorisierungsgesetz. Diesem zufolge steigen die Gebühren in Abhängigkeit vom Verbraucherpreisindex (VPI) immer dann, wenn ein bestimmter Schwellenwert überschritten wird. Angesichts der hohen Inflation wird damit gerechnet, dass dies 2023 der Fall sein wird – der auschlaggebende Wert wird am 18. August veröffentlicht.

Einen Beschluss des Gemeinderats braucht es dafür nicht. Umgekehrt könnte das Stadtparlament das Valorisierungsgesetz aber aussetzen, die Gebühren würden dadurch auf dem aktuellen Niveau bleiben. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ließ allerdings bereits durchblicken, dass er diese Option nicht nutzen möchte.

Auf Bundesebene zäumt man das Pferd von der anderen Seite auf, man setzt quasi auf automatische Gebührenstagnation. Eine etwaige Erhöhung muss der Finanzminister aktiv verordnen. Tut er das nicht, bleiben die Preise für Baubewilligungen, Zulassungen von Kfz, Reisepass und Co wie gehabt. Genau diese Vorgehensweise hat Magnus Brunner (ÖVP) für 2023 gewählt. Er bewarb dies vor kurzem damit, die "Gebührenbremse" gezogen zu haben – während seine Partei der Wiener Stadtregierung lautstark vorwarf, dies nicht zu tun und der Bevölkerung zusätzliche Belastungen aufzubürden.

Anpassung ist Sache der Kommunen

Dabei ist die automatische Gebührenanpassung kein Wiener Unikum, sondern etwa auch in Graz vorgesehen. Welchen Ansatz – passive oder aktive Valorisierung – eine Kommune wähle, sei deren freies Beschlussrecht, sagt Peter Biwald, Geschäftsführer des Zentrums für Verwaltungsforschung. Grundsätzlich gelte bei Gebühren das Kostendeckungsprinzip: Die Nutzer einer Leistung sollen den Aufwand dafür tragen. "So wird die Finanzierung der Daseinsvorsorge gesichert", sagt Biwald.

Eine automatische Anpassung berge für die Politik zumindest theoretisch den Vorteil, sich ständige politische Diskussionen zu ersparen, sagt Biwald. Auch die Nutzer würden profitieren, denn die Sprünge seien dadurch nicht so groß. Ein anschauliches Beispiel dazu ist der Preis eines Reisepasses. Der Bund hat die Gebühren dafür seit 2011 nicht mehr angehoben: Mittlerweile könnte er 95,80 Euro verlangen, verrechnet werden aber nach wie vor 75,90 Euro.

Im Fall einer solchen Nichtvalorisierung von Gebühren müsse die Differenz jedenfalls aus Steuermitteln finanziert werden, sagt Biwald. Soll heißen: Die Allgemeinheit zahlt so oder so. "Wenn man einen nutzerfinanzierten Bereich stärker steuerfinanziert, fehlen diese Mittel dann vielleicht woanders", gibt er zu bedenken.

Und wie gehen Österreichs Städte im Hinblick auf 2023 nun mit diesem Spannungsfeld um? Der STANDARD hat sich in von unterschiedlichen Parteien regierten Landeshauptstädten umgehört.

Graz denkt noch nach

In Graz, wo die Kanal- und Müllgebühren analog zu Wien automatisch valorisiert werden, hat die kommunistisch geführte Stadtregierung noch eine Schonfrist. Ausschlaggebend für die Anpassung ist der VPI-Wert vom Oktober. Dieser Automatismus könne, wie in Wien, per Gemeinderatsbeschluss ausgesetzt werden, sagt ein Sprecher von Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ). Ob dies für das Jahr 2023 gemacht werde, sei noch offen.

Eine Premiere wäre das nicht: Für heuer wurden weder die Grazer Kanal- noch die Müllgebühren erhöht. Die KPÖ, der die automatische Gebührenerhöhung seit vielen Jahren ein Dorn im Auge ist, setzte damit eines ihrer zentralen Versprechen bei der Graz-Wahl 2021 um. Auch zuvor hatte sie schon einmal einen Gebührenstopp erwirkt – und zwar als Juniorpartnerin der ÖVP.

Die Vorzeichen deuten eher nicht darauf hin, dass dies 2023 wieder geschieht. Im Budget, das im Juni beschlossen wurde, sei eine Steigerung der Kanal- und Müllgebühren vorgesehen, sagt Ebers Sprecher. "Wir schauen uns das noch an, abhängig davon, wie die Teuerung ist."

Der Wasserpreis wird in Graz vom Vorstand der Graz Holding festgelegt, ausschlaggebend ist ebenfalls der VPI. Von 2021 auf 2022 sei der Preis um rund 1,5 Prozent angehoben worden, die Vorgehensweise für 2023 sei noch nicht festgelegt worden, sagt Ebers Sprecher.

Salzburg erhöht nicht

Die türkis regierte Stadt Salzburg plant keine Gebührenerhöhung. Das teilt das Büro des für Finanzen zuständigen Bürgermeisters Harald Preuner (ÖVP) mit. Eine automatische Wertanpassung der Wasser-, Kanal- und Müllgebühren gebe es in Salzburg nicht. Würden die dafür zuständigen Partner – beim Abfall ist das die oberösterreichische Linz AG und bei Wasser und Kanal ein Stadt-Land-Unternehmen – von der Stadt Salzburg mehr für ihre Dienste verlangen, würde man über eine Gebührenanhebung nachdenken, heißt es aus Preuners Büro. Dafür bräuchte es einen Gemeinderatsbeschluss, für das Jahr 2023 sei das aber kein Thema.

Ein Sprecher Preuners lässt durchklingen, dass dies auch nicht so bald der Fall sein dürfte – und bringt dabei eine Spitze gegen die rot regierte Bundeshauptstadt an. Im Gegensatz zu Wien habe Salzburg ein "sehr ausgeglichenes" Budget: "Daher können wir uns nach der Decke strecken." Ewig werde der Spielraum aber auch nicht reichen.

Wasser und Kanal in Innsbruck wohl teurer

In Innsbruck, wo der grüne Bürgermeister Georg Willi die Finanzagenden verantwortet, schreibt die Stadt die Müllgebühren vor. Diese wurden Ende des Vorjahres hinaufgesetzt – wie auch alle anderen kommunalen Gebühren. Festgelegt worden sei dies vom Gemeinderat mit dem Doppelbudget für die Jahre 2022 und 2023, sagt Michael Wurnitsch, Leiter der Abteilung für Gemeindeabgaben im Innsbrucker Magistrat.

Und an dieses sei man nun gebunden. Die durchschnittliche Erhöhung habe zwei bis drei Prozent betragen, sagt Wurnitsch. "Da war die hohe Inflation noch nicht bekannt."

Wasser und Kanal sind an die Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKG) ausgelagert, die Preise setzt der Aufsichtsrat fest. "Ich gehe von einer Erhöhung aus", sagt Vorstandsmitglied Thomas Pühringer. Der entsprechende Beschluss soll im Herbst gefasst werden, eine Größenordnung könne er nicht nennen.

Linz nennt noch keine Zahlen

Ebenfalls noch nicht fix ist die Vorgangsweise in der rot regierten oberösterreichischen Landeshauptstadt. Dort erledigt die Linz AG für die Stadt die Wasserversorgung und Abwasser- sowie Abfallentsorgung. Die Entgelte dafür werden standardmäßig einmal pro Jahr valorisiert. Ausschlaggebend für die unterschiedlichen Gebühren seien jeweils verschiedene Indizes, heißt es aus der Linz AG. Ob die Kundinnen und Kunden 2023 mehr bezahlen müssen, könne man derzeit noch nicht sagen. (Stefanie Rachbauer, 29.7.2022)