Bis 2030 sollen in Österreich fast alle Haushalte über schnellere Internetverbindungen verfügen. Der parallel stattfindende Ausbau von 5G-Sendern geht ebenfalls schnell voran.

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67.000 Kilometer ist das österreichische A1 Glasfasernetz lang und bringt laut Hersteller eine Geschwindigkeit von 1.000 Mbit/Sekunde – übersetzt heißt das so viel wie: rasend schnelles Internet. In einer Eigentumswohnung in 1130 Wien ist die Verlegung aber nicht möglich. Raten von 25 Mbit/s erlauben kaum ein sinnvolles Arbeiten, vom abendlichen Streaming einer HD-Serie ganz zu schweigen. Auch mehrmalige Anfragen in Richtung A1 bleiben ungehört. Der Wohnblock sei nicht für eine Glasfaserleitung geeignet. Man solle auf Alternativen ausweichen.

Solche Antworten kennt man auch im Westen von Österreich nur zu gut, und so wirken die zahlreich geschalteten Glasfaserausbau-Werbespots oft wie Hohn. Martin Rohlik von A1 beschwichtigt: "A1 legt alles daran, sowohl das A1 Glasfasernetz als auch das 5G-Netz in ganz Österreich so rasch und umfangreich wie möglich auszubauen, um möglichst viele Haushalte und Unternehmen mit ultraschnellem Internet zu versorgen."

"Bitte warten" für 1,7 Millionen Haushalte

Tatsächlich hat der Ausbau der Glasfaserinfrastruktur nach einer Durststrecke deutlich an Fahrt gewonnen. Im aktuellen Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) der Europäischen Kommission war Österreich im Vorjahr noch unter den Schlusslichtern was den Glasfaserausbau betrifft. Demnach war die Alpenrepublik mit einer Netzabdeckung von 45 Prozent nur knapp vor den Letztplatzierten Italien mit 44 Prozent, Zypern mit 41 Prozent sowie Griechenland mit 20 Prozent. Im Report des Branchenverbandes FTTH Council Europe in Brüssel schnitt Österreich sogar noch schlechter ab. Bis September 2021 lag die Netzabdeckung mit Glasfaser laut deren Angaben nur bei 36 Prozent (siehe Grafik.)

Bei der Netzabdeckung gehört Österreich zu den EU-Schlusslichtern.
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Von Regierungsseite wird gegenüber dem STANDARD betont, dass man im Jahr 2022 um rund 800.000 Haushalte aufgeholt habe und nun bereits 57 Prozent über einen Glasfaseranschluss verfügen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass 1,7 Millionen Haushalte in Österreich noch warten müssen.

1,4 Milliarden Euro für den Breitbandausbau

Einen deutlichen Schub im Ausbau soll die zweite Breitbandmilliarde bringen – oder der "Breitband-Turbo", wie es die Regierung nennt. Die Bundesregierung investiert bis 2026 insgesamt zusätzliche 1,4 Milliarden Euro. Aktuell stehen 660 Millionen Euro in einer ersten Tranche zur Verfügung. Netzbetreiber, Länder oder Gemeinden können nun ihre Projekte vorstellen und um Förderung ansuchen. Wann und wo ausgebaut wird, werde man nach der Auswertung im September präsentieren können, hieß es aus dem im Finanzministerium angesiedelten Büro von Digitalisierungs-Staatssekretär Florian Tursky.

Tatsächlich sei der Ausbau des Netzes eine Frage der Fairness zwischen den Regionen in Österreich, so Tursky gegenüber dem STANDARD: "Es ist mir ein großes Anliegen, dass sich jede Österreicherin und Österreicher für den Arbeitsplatz-Standort und Wohnort selbst entscheiden kann – diese Chancengleichheit in den Regionen geht nur mit einer guten digitalen Infrastruktur."

Tatsächlich ist das Gefälle von Stadt und Land enorm. 2021 lag die Zahl der Breitbandanschlüsse auf dem Land noch unter 20 Prozent. Wo im typischen Neubau von Wien schnelles Internet dank der neuen Leitungen möglich und unkompliziert herzustellen ist, wird es in Altbauten deutlich schwieriger – von Einzelhöfen im Salzkammergut ganz zu schweigen.

Was aber tun, wenn man nicht umziehen will? Dann bleibt vorerst tatsächlich nur abzuwarten und neidvoll auf die Zahlen aus anderen Ländern zu schielen. So hat es der Inselstaat Malta geschafft: 100 Prozent aller Haushalte verfügen über einen Glasfaseranschluss. Kurz vor dem Ziel stehen auch Luxemburg, Dänemark und Estland. Das stieß nun auch auch auf Kritik der EU-Kommission – Österreich stehe zwar in Fragen wie künstlicher Intelligenz oder 5G-Abeckung gut da, hinke beim Glasfaserausbau aber signifikant hinterher. Bei aller Kritik stellt die Kommission aber auch fest, dass Österreich gemeinsam mit Deutschland aktuell europaweit das meiste Geld für die Digitalisierung in die Hand nimmt.

Wunsch der Netzbetreiber: Weniger Bürokratie

Dennoch: Das Ziel, alle Haushalte Österreichs bis 2030 mit einem auf Gigabit-Geschwindigkeit aufrüstbaren Internetanschluss von 100 Mbit/s auszustatten, scheint aus heutiger Sicht sehr ambitioniert, wie auch A1 bestätigt. "Leider liegt es oftmals an langen Bewilligungsprozedere und Baustopps in Gemeinden und Städten, die den raschen Ausbau verzögern", so Rohlik. Die Frage, ob die Ziele des Bundes mit einer hundertprozentigen Abdeckung realistisch sind, beantwortet man diplomatisch: "Ein landesweites Angebot mit Gigabit-fähigen Anschlüssen zu schaffen erachten wir als herausfordernd."

"Die zentralen Fragestellungen sind hier, dass die richtigen Weichenstellungen gestellt werden, damit der Breitbandausbau effizient und rasch umgesetzt werden kann. Dazu zählt die Erleichterung von Verfahren, Impulse in der Nachfrageforderung oder auch Abbau der Bürokratie", so Rohlik. Um dem Ausbau weiter Beine zu machen, springen die Länder immer wieder ein und bauen selbst an den Netzen, ohne auf die Branchenriesen zu warten. Doch was kann man als Leidgeplagter auf dem Standstreifen der Datenautobahn unternehmen?

Zum einen wäre da der Breitband-Atlas des Bundes. Darin wird Österreich in 100 mal 100 Meter große Blöcke unterteilt, und mit einem Mausklick kann man herausfinden, welche Anbieter zur Verfügung stehen und welche Geschwindigkeiten zumindest theoretisch im eigenen Grätzel möglich sind. Denn oft gibt es bereits alternative Provider, die höhere Geschwindigkeiten anbieten – ohne dass die Anrainer davon wissen.

Unter breitbandatlas.gv.at kann man alternative Netzbetreiber finden.

Die zweite Methode erfordert ein wenig mehr Engagement und funktioniert in kleineren Gemeinden besser, wurde aber bereits in unterversorgten Gebieten wie dem Waldviertel in Niederösterreich erfolgreich umgesetzt: Man kann den Glasfaserausbau auch einfach kaufen.

Dazu müssen 40 Prozent der Einwohner einen Vorvertrag abschließen, den Glasfaseranschluss also vorbestellen. Sind ausreichend viele Vorverträge abgeschlossen, kann das Glasfasernetz verlegt werden. Die Kosten betragen pro Anschluss aktuell knapp 300 Euro. Eines dieser Unternehmen ist die Österreichische Glasfaser-Infrastrukturgesellschaft. Wer sein Haus selbst ans Glasfasernetz anschließen möchte, kann sich im Rahmen der Förderung namens "Connect" 65 Prozent der Herstellungskosten zurückholen. 50 Millionen Euro stellt der Bund dafür zur Verfügung.

Blitzschnell dann doch eher mobil

Der Wunsch nach der schnellen Internetleitung wird in manchen Teilen Österreichs aber langfristig – also bis 2030 – bleiben. Immerhin tut sich parallel dazu in Sachen 5G und Satelliten-Internet auch einiges. 1.140 5G-Sender will A1 noch in diesem Jahr zusätzlich in Österreich aufstellen. Damit sind es dann mehr als 4.000 Stück und laut Anbieter eine Abdeckung von 75 Prozent der heimischen Bevölkerung. So kann man vielleicht bald auch in Gramatneusiedl – oder eben in 1130 Wien – einen HD-Film ohne Qualitätseinbußen schauen. (Alexander Amon, Peter Zellinger, 2.8.2022)