Es ist erstaunlich, wie ein Gesundheitsminister so viele Menschen verwirrt, ratlos und mitunter auch wütend zurücklassen kann. Johannes Rauch ist das jedenfalls gelungen. Das grüne Urgestein aus Vorarlberg hat eine Verordnung vorgelegt, die ab August das Aus der Corona-Quarantäne besiegelt. Infizierte dürfen künftig so gut wie überallhin – in die Arbeit, in die Disco oder ins Wirtshaus –, sofern sie durchgehend eine Maske tragen. Rauch ist damit eine Wette eingegangen, die sich schon in wenigen Wochen als absolut richtig oder als großer Fehler herausstellen wird.

Viel schlechter als Rauch und sein Ressort kann man einen so sensiblen Schritt nicht kommunizieren.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Aber nicht nur das. Viel schlechter als Rauch und sein Ressort kann man einen so sensiblen Schritt nicht kommunizieren. Der Minister hat alle ohne Not mit einem Schnellschuss überrumpelt: mit einer Verordnung, die derzeit vor allem ständig neue Fragen aufwirft – und damit überfordert.

Innerhalb weniger Tage müssen sich Betriebe danach richten und auf alle arbeitsrechtlichen Eventualitäten vorbereitet sein. Wirte sollten aber auch bedenken, dass selbst die FFP2-Maske im Gesicht eines infizierten Kellners Gäste und Kollegen nicht stundenlang vor einer Infektion schützen kann, wie Gesundheitsexperte Thomas Czypionka betont. Dasselbe Risiko geht von maskierten Infizierten im Club oder bei langen Fahrten in mäßig klimatisierten Zügen aus.

Auch in den Spitälern ist man verunsichert und mahnt klare Regeln ein – zu Recht. Gar nicht auszudenken, was öffentlich los ist, sollte eine infizierte Ärztin oder Pflegerin einen Patienten anstecken und einen tödlichen Verlauf auslösen.

Ein "Sorry" reicht nicht

Sogar der Minister weiß manchmal nicht, was in seiner Verordnung steht. Dass infizierte Kinder mit Maske in den Kindergarten dürfen, wie Rauch in der ZiB 2 erklärte, war ein Irrglaube. An eine Dienstfreistellung für Eltern zur Kinderbetreuung dachte Rauch obendrein erst im Nachhinein. Sein "Sorry" auf Twitter ist zwar eine nette Geste, das alles trägt aber nicht dazu bei, dass man sich besser auskennt – im Gegenteil.

Rauch hat sicherlich recht, wenn er sagt, dass wir im Hinblick auf Corona aus dem Krisenmodus herauskommen müssen. Das gelingt aber nicht, indem man ein ganzes Land völlig unvorbereitet in eine neue Phase der Pandemie schickt und sich selbst überlässt. Ein solcher Schritt braucht eine Vorlaufzeit samt ordentlicher Debatte, um Unklarheiten in aller Ruhe auszuräumen. Zeit wäre noch genug. Niemand zwingt Rauch dazu, das Quarantäne-Aus in aller Schnelle durchzudrücken. (Jan Michael Marchart, 28.7.2022)