Einstöckige Fachmärkte, die oft wie Schuhschachteln in der Landschaft stehen, mit Wohnungen überbauen, damit Bodenversiegelung vermeiden und Wohnraum schaffen: Über dieses Konzept wird seit Jahren vor allem geredet. Bereits realisierte Beispiele dafür sind aber rar. Das könnte sich ändern, weil das Problem der Bodenversiegelung, aber auch die Taxonomie-Verordnung, mit der die EU Unternehmen zur Nachhaltigkeit verdonnert, endlich in der Immobilienbranche ankommen.

Foto: Immofinanz

Die Immofinanz, eigentlich spezialisiert auf Büro- und Retail-Immobilien, kündigte im Vorjahr an, einen Teil ihrer eingeschossigen Fachmärkte der Marke "Stop Shop", mit der sie aktuell in zehn Ländern vertreten ist, mit Wohnungen in modularer Holzbauweise zu überbauen. Das funktioniere, ohne dass die Geschäfte im Erdgeschoß während der Bauzeit schließen müssen. Statisch möglich macht das ein brückenartiges Stahlbetonskelett, das von hinten an die Gebäude gerückt wird.

Foto: Immofinanz

Seit wenigen Tagen steht das Mock-up einer Wohnung dieser neuen Marke "On Top Living" direkt an der Triesterstraße am Wienerberg in Wien-Favoriten. Die Musterwohnung befindet sich im ersten Stock, die Gewerbefläche darunter muss man sich vorstellen.

Es wird unterschiedliche Grundrisse geben, die Wohnung am Wienerberg hat 53,5 Quadratmeter und ist, um der Vorstellungskraft auf die Sprünge zu helfen, bereits fixfertig eingerichtet – nur die Dusche wurde nicht in Betrieb genommen.

Die Wohnungen aus Lärchenholz – das man übrigens auch riecht – werden fixfertig mit Küche und Nasszelle geliefert, nur um die Möblierung müssen sich künftige Mieterinnen und Mieter selbst kümmern. Auch ein Raum fürs Homeoffice wurde eingeplant, Corona hat seine Spuren hinterlassen.

Foto: Immofinanz

Fünf "On Top Living"-Pilotprojekte sind auf Fachmarktzentren vorerst geplant, konkret in Maribor, Prag, Bratislava, Belgrad und in Wien-Simmering. Welches als erstes fertig wird, hänge nun von der Länge der Genehmigungsverfahren ab. Schön wäre allerdings, wenn der Standort an der Simmeringer Haupststraße (siehe Visualisierung) das Rennen macht, betont Alexander Rössler, Head of Group Development bei der Immofinanz.

163 Wohnungen werden dort am Dach entstehen. Die Miete wird im Schnitt bei 10 Euro liegen. Zwei Drittel der Wohnungen werden wohl von einem gemeinnützigen Partner, der noch nicht feststeht, vergeben werden. Gespräche dazu laufen.

Visualisierung: Lichtblau/Immofinanz

Das Konzept hat auch bereits internationales Interesse auf sich gezogen: Auf der UN-Weltklimakonferenz im November in Ägypten wird die Immofinanz die Marke "On Top Living" präsentieren. Demnächst wird daher auch ein Filmteam im Mock-up erwartet.

Und die erste Wohnungssuchende hat auch schon angefragt, ob an der Triesterstraße etwa ein Wohnhaus entsteht. Sie hätte nämlich Interesse. Ist es nicht: Für die nächsten Jahre wird die Muster-Wohnung auf dem Grundstück stehen und für Besprechungen genutzt werden. (zof, 4.8.2022)

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