Auswärts essen ist deutlich teurer geworden: Im Juli gab es laut Statistik Austria in der Gastronomie und bei der Haushaltsenergie erneut Preisschübe.

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Die Inflation in Österreich hat sich im Juli weiter erhöht und mit 9,2 Prozent laut einer Schnellschätzung der Statistik Austria den höchsten Wert seit März 1975 erreicht. "Während es erneut Preisschübe bei der Haushaltsenergie und in der Gastronomie gibt, verharren die Preise für Lebensmittel und Treibstoffe auf hohem Niveau", sagt Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Ein wesentlicher Preistreiber war Erdgas, das laut heimischem Gaspreisindex um 323 Prozent über dem Vorjahresmonat lag.

Zum Vergleich: In den 1970er-Jahren, als der erste Ölpreisschock nach dem Jom-Kippur-Krieg für eine Phase sehr hoher Teuerung geführt hatte, gipfelte die Inflation im Juni 1974 bei 10,2 Prozent.

Der aktuelle Preisanstieg betrug 0,8 Prozent verglichen mit dem Vormonat Juni, als die Teuerung bei 8,7 Prozent lag. Bei diesem Tempo würde es in Österreich auf ein Jahr hochgerechnet eine Inflationsrate von ungefähr zehn Prozent geben.

Bevölkerung muss sich einschränken

"Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung müssen sich mittlerweile finanziell einschränken, fast ein Viertel kann sich nur noch lebensnotwendige Güter leisten", sagt Handelsverband-Chef Rainer Will. Nur noch drei Prozent der Bevölkerung gäben an, dass die Auswirkungen der Teuerung in ihrem Haushalt nicht spürbar seien. Der Rest komme an einer Änderung der Einkaufsgewohnheiten nicht vorbei. "Viele Menschen im Land sind gezwungen, auf den Kauf neuer Konsumgüter zu verzichten", erklärt Will die Folgen.

Die Schnellschätzungen der Statistik Austria basieren auf dem zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bestehenden Datenbestand, der etwa 80 bis 90 Prozent der für die Inflationsberechnung nötigen Preise umfasst. Es kann daher noch zu Abweichungen kommen, im Juni war dies jedoch nicht der Fall. Die endgültigen Inflationsdaten für Juli werden am 18. August bekanntgegeben.

Zusätzliche Maßnahmen

Dennoch, der Seniorenbund ist alarmiert. Denn in der für die nächste Pensionserhöhung relevanten Periode von August bis Juli ergibt sich aufgrund der Inflationsdaten eine Erhöhung von voraussichtlich bloß 5,8 Prozent. Dieser Wert liegt nicht nur deutlich unter der aktuellen Teuerung, die Erhöhung wird zudem erst Anfang 2023 schlagend. Präsidentin Ingrid Korosec fordert daher Maßnahmen, um die Teuerung für Pensionsbeziehende "in vollem Umfang" auszugleichen.

Nach der EU-Berechnungsmethode waren im Juli Waren und Dienstleistungen in Österreich sogar um 9,3 Prozent teurer als im Vorjahresmonat. Die jährliche Inflation im Euroraum wird auf den Rekordwert von 8,9 Prozent geschätzt, nach 8,6 Prozent Juni. In der Währungsunion wurde Energie um 39,7 Prozent teurer, Lebensmittel, Alkohol und Tabak um 9,8 Prozent.

Rückläufige Teuerung in Deutschland

Im Gegensatz zu Österreich hat sich der Preisauftrieb in Deutschland im Juli weiter verlangsamt. Waren und Dienstleistungen kosteten laut Statistischem Bundesamt durchschnittlich um 7,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Das ist bereits der zweite Rückgang in Folge, nachdem die Teuerungsrate im Mai mit 7,9 Prozent noch so hoch ausgefallen war wie seit dem Winter 1973/74 nicht mehr.

Warum steigt die Teuerung in Österreich weiter, schwächt sich in Deutschland jedoch ab? Einerseits drosselt der deutsche Tankrabatt die Spritpreise, zudem sorgt auch das Neun-Euro-Ticket für einen geringeren Preisauftrieb.

Vergangene Woche erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die überbordende Inflation erstmals seit elf Jahren den Leitzins in der Eurozone, und zwar von null auf 0,5 Prozent. Die EZB strebt eine Teuerung von zwei Prozent an, ist von diesem Zielwert derzeit jedoch meilenweit entfernt. Daher wird für die nächste Zinssitzung im September ein weiterer Zinsschritt erwartet. (Alexander Hahn, 29.7.2022)