Seit geraumer Zeit schon nehmen das Ressort von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und die Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) die ausgeschütteten Corona-Hilfsgelder noch einmal genauer unter die Lupe. Es geht um den Unterstützungsfonds für Non-Profit-Organisationen (NPOs), der eigentlich für gemeinnützige Vereine gedacht war. Doch dann wurde vor einigen Wochen bekannt, dass auch der Seniorenbund viel Geld daraus beantragt und auch bekommen hatte, obwohl parteinahe Organisationen vom Fördertopf ausgeschlossen sind.

Allein an oberösterreichische Ortsgruppen des Seniorenbunds flossen fast zwei Millionen Euro aus dem Fördertopf. Dort sieht man sich allerdings im Recht. Das Geld sei nicht an die ÖVP-Teilorganisation geflossen, sondern an einen gleichnamigen Verein.

Nun veröffentlichte Koglers Ressort erstmals einen Zwischenstand der internen Prüfung. Demnach seien bisher 16.291,19 Euro zurückgezahlt und 81.661,95 Euro zurückgefordert worden. Ein größerer Teil der Untersuchungen, darunter auch jene hinsichtlich der Causa um den Seniorenbund Oberösterreich, laufe allerdings noch.

Oberösterreichs Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer (ÖVP) ist sowohl bei der ÖVP-Teilorganisation als auch beim dazugehörigen Verein Landesobmann.
Foto: FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM

Abgeschlossen ist die Prüfung beim Seniorenbund Vorarlberg. "Dieser konnte in seinen Stellungnahmen nicht darlegen, dass eine von ihm getrennte Teilorganisation der ÖVP existiert und eigenständig wirtschaftlich tätig ist. Daher wird der gesamte Förderbetrag in der Höhe von 24.700,33 Euro zurückgefordert", heißt es in der Aussendung.

Bei den Landesorganisationen in Oberösterreich, Kärnten und Tirol seien noch "wesentliche Fragen" offen. Diese Seniorenbünde seien aufgefordert worden, weitere Unterlagen vorzulegen. Die bisherigen Stellungnahmen sollen "zwar sehr umfassend" gewesen sein, hätten aber für eine abschließende juristische Beurteilung nicht ausgereicht.

Die Prüfung des Vereins Ab5zig (Wiener Seniorenbund) befinde sich wiederum noch in einem "früheren Stadium, und es sind noch Unterlagen ausständig".

Zu einem Abschluss kam man jedenfalls beim türkisen Nachwuchs, konkret bei zwei Ortsvereinen der Jungen Volkspartei, und bei einem Ortsverein des Wirtschaftsbundes, einer ÖVP-Teilorganisation. Die insgesamt 16.291,19 Euro Fördergeld seien vollständig zurückgezahlt worden. "Damit haben alle Ortsgruppen von JVP und Wirtschaftsbund, die Förderungen erhalten haben, diese auch zurückgezahlt", resümiert Koglers Ressort.

Anders gelagert ist der Fall bei der Schülerunion und der studentischen Aktionsgemeinschaft, die ebenfalls eine ÖVP-Nähe aufweisen. Beide Organisationen sind nicht als Teilorganisation im Statut der Partei vertreten, daher seien sie auch antragsberechtigt gewesen.

Jungbauern müssen fast 57.000 Euro zurückzahlen

Bei den Vereinen der Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend laufe ein Großteil der Prüfung noch. Allerdings seien die beantragten Gelder von insgesamt acht Ortsvereinen vollständig zurückgefordert worden, "da aufgrund komplett fehlender Rückmeldungen ein Verstoß gegen die vertragliche Verpflichtung zur umfassenden Mitwirkung bei Kontrollen vorliegt", heißt es in der Aussendung. Die Vereine müssen 56.961,62 Euro zurückzahlen. Die besagten Jungbauern zählen zum Tiroler Bauernbund, ebenfalls eine ÖVP-Teilorganisation.

Der NPO-Unterstützungsfonds existiert seit dem Frühjahr 2020. Laut Angaben des Ministeriums wurden bisher rund 55.000 Anträge bewilligt und mehr als 755 Millionen Euro ausbezahlt.

VP-Chef Mattle für Tiroler Neos als Partner inakzeptabel

Im anlaufenden Tiroler Landtagswahlkampf sorgt die Causa für heftige Kontroversen. Allen voran die Neos, die die Causa im Bund und in Tirol ins Rollen gebracht haben, üben im Gespräch mit dem STANDARD scharfe Kritik an der ÖVP und ihrem neuen Landeschef, Wirtschaftslandesrat Anton Mattle. Neos-Spitzenkandidat Dominik Oberhofer fordert Konsequenzen: "Es ist ein Skandal, dass Mattle bis jetzt nicht bereit war, in dieser Sache zu reagieren. Jetzt stellt sich heraus, dass die Landjugend das Geld illegal bezogen hat."

Oberhofer fordert, dass "die ganze Million zurückgezahlt werden muss". Um diese Summe geht es bei den VP-Organisationen Seniorenbund und Jungbauern/Landjugend in Tirol. "Dieses Geld gehört den Steuerzahlern und nicht der ÖVP", ist Oberhofer empört. Mattle sei für ihn in der Sache "unglaubwürdig", weil er versucht habe, "alles zu vertuschen und auszuweichen". Für Oberhofer, der mit den Neos nach der Landtagswahl am 25. September eine Regierungsbeteiligung anstrebt, ist Mattle "als Partner nicht akzeptabel, wenn nicht Tabula rasa gemacht wird".

Auch Grüne üben Kritik am Koalitionspartner

Nach den nun bekanntgewordenen ersten Rückzahlungsaufforderungen nehmen sich auch die Grünen, Koalitionspartner der ÖVP in Tirol, kein Blatt vor den Mund. Deren Spitzenkandidat Gebi Mair sagt: "Da wurden Steuergelder von klar der ÖVP zuzuordnenden Vereinen abgezwackt. Es ist nicht nur moralisch verwerflich, dass die ÖVP-Teilorganisationen den für gemeinnützige Vereine eingerichteten Fonds angezapft haben, sondern auch wie seither damit umgegangen wird. Ich würde vor Scham im Boden versinken, überhaupt so einen Antrag zu stellen."

Auch die Vorarlberger Grünen gehen mit ihrem Koalitionspartner ÖVP hart ins Gericht. "Dass der Vorarlberger Seniorenbund als Teil der ÖVP Vorarlberg Gelder aus dem Covid-NPO-Fonds angezapft hat, ist völlig untragbar", sagt der grüne NPO-Sprecher Bernie Weber. Dieses Geld stehe unabhängigen, gemeinnützigen Initiativen zu, die vielfältige gesellschaftliche Funktionen erfüllen und die durch die Einschränkungen im Zuge der Pandemie an den Rand ihrer wirtschaftlichen Existenz gefallen seien. (Jan Michael Marchart, Steffen Arora, 29.7.2022)