Besonders bei Jugendlichen ist die Video-App sehr beliebt.

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Eine neue Trademark-Ankündigung sorgt in der Musikwelt für Aufsehen: Tiktok Music wurde vom chinesischen Eigentümer Bytedance in den USA angemeldet – ein Schritt, den die aktuellen Platzhirschen Spotify und Apple Music wohl interessiert und mit viel Respekt beobachten werden.

Musikalisches Erdbeben

Verrät der Name der Trademark schon gut, in welche Richtung der neue Service gehen soll, verschafft die dazugehörige Erklärung noch mehr Klarheit: Bytedance nennt Tiktok Music darin eine Smartphone- und Computer-App, die es Nutzern ermöglicht, Musik zu "kaufen, abzuspielen, zu teilen und herunterzuladen". Das Angebot soll zudem ermöglichen, sowohl Audio- als auch Videoinhalte auf das Gerät des Nutzers zu streamen. Diese Features entsprechen sehr genau dem Profil von aktuellen Musik-Streaming-Services wie Spotify und Apple Music.

Weiters verrät die Beschreibung von Tiktok Music, dass es Werbeformate unterstützen wird. Das erinnert an die kostenlose Mitgliedschaft bei Spotify, bei der man zwischen den Liedern Werbung eingespielt bekommt und sich damit die Abo-Gebühr erspart.

In der Kritik

Ob der Service tatsächlich eingeführt wird, ist mit der Anmeldung der Trademark natürlich noch nicht sicher. Wohl auch aufgrund der Tatsache, dass sich bereits mehrere Regierungen kritisch über den Datenhunger von Tiktok geäußert haben. So wurde erst Mitte Juli 2022 eine Analyse veröffentlicht, die behauptet, Daten der iOS-Version der App würden regelmäßig in ein Datenlabor in Baishan fließen, das sich das Cybersecurity-Unternehmen Guizhou Baishan Cloud Technology und die Universität der Stadt teilen.

Weiters soll Tiktok unter anderem aktuelle und vergangene WLAN-Verbindungen sowie die Telefon- und Voicemail-Nummer des Geräts abfragen. Besonders heikel sei in der Android-Version die Abfrage der Zwischenablage durch Tiktok, da diese auch immer wieder von Passwortmanagern benutzt werde. Sogar die Abfrage, welche anderen Apps installiert sind, soll von der Video-App durchgeführt werden.

Schon jetzt populär

Die bereits bestehende Marktmacht der App, auch basierend auf der großen Nutzerschaft von etwa einer Milliarde Usern, ist in der Branche unumstritten. Immer wieder schaffen es Lieder, die von der Tiktok-Community für einen Trend als Hintergrundmusik genutzt werden, in die Charts. Dann wird etwa zu ein paar Takten in die Kamera getanzt, ein Freund in die Luft geworfen oder ein Haustier mit der Kamera verfolgt. Im Juli traf es beispielsweise einen Remix des deutschen DJ-Duos HBz. Sowohl der Remix als auch das 13 Jahre alte Original "Wir sagen Dankeschön" der deutschen Schlagerband Die Flippers wurden aufgrund der rasant angewachsenen Tiktok-Popularität in diversen Streaming-Services in die Charts katapultiert.

Für die App wäre die Ergänzung um einen Musikschwerpunkt die Rückkehr zu den Wurzeln. Unter dem Namen Musical.ly sorgte ab 2014 eine App für großes Aufsehen – damals noch in Konkurrenz zu Snapchat. Die schnell wachsende Nutzerschaft, deren Mitglieder sich selbst als Muser bezeichneten, filmte sich mit der eigenen Handykamera und bewegte dazu ihre Lippen synchron zu einem selbst ausgewählten Full-Playback-Lied. Nach knapp zwei Jahren zählte man bereits rund 140 Millionen Nutzer. 2017 wurde Musical.ly für einen Preis von rund einer Milliarde US-Dollar vom chinesischen Medienunternehmen Bytedance gekauft.(aam, 29.7.2022)