Die Gitarristin Andrea Wild blickt von ihrer Wohnung auf eine Kirche, die von der Straße aus gar nicht zu sehen ist. Nicht weit davon dürfte sogar Mary Poppins schon zu Gast gewesen sein.

Andrea Wild auf ihrem Balkon, auf dem bei ihr sofort Urlaubsfeeling aufkommt.
Foto: Lisi Specht

"Ich habe sofort gewusst, dass ich hier einziehen will, weil die Wohnung noch heller ist als meine alte im 19. Bezirk. Dort war ich lange sehr glücklich, aber während Corona wollte mich meine Hausverwaltung loswerden, um meine Altbauwohnung zu sanieren. Es hat für mich auch gepasst, darum hab ich gleich mit der Suche nach einer neuen Wohnung begonnen. Als Musikerin hatte ich dafür im Lockdown ja Zeit.

Andererseits haben es Musikerinnen auf Wohnungssuche nicht ganz leicht. Ich hab dem Vermieter im Vorhinein gesagt, dass ich manchmal üben muss. Das war kein Problem. In Wahrheit spiele ich zu Hause aber selten Gitarre. Ich denk mir, ein Installateur packt ja auch nicht zu Hause seine Rohrzange aus. Mit meinen Nachbarn habe ich aber Glück, da spielt auch einer Gitarre und einer Klavier.

Mir war immer klar: Ich kann meine alte Wohnung nicht kopieren, also wollte ich es ganz anders machen. Diese etwa 40 Quadratmeter große Wohnung in Währing ist jetzt ein Neubau, dafür hat sie einen Balkon. Und sie hat ein tolles Bad, das ist mir wichtig. Ich bin ein Fan von schönen Duschen und kann gar nicht verstehen, warum alle immer eine Badewanne wollen.

Früher wohnte Wild in einer Altbauwohnung in Döbling, nun hat sie einen Neubau mit Balkon.
Fotos: Lisi Specht

Ursprünglich dachten wir aber, diese Wohnung ist ein Fake. Meine Mama wohnt im Neunten, und sie kennt die Gegend hier sehr gut. Als sie beim Inserat für diese Wohnung ein Foto vom Ausblick auf die Kirche sah, sagte sie: ,In der Gegend gibt es keine Kirche, da stimmt was nicht!‘ Also haben wir beschlossen, sie uns anzuschauen.

Wir kamen bei der Besichtigung rein und sahen auf den ersten Blick, dass es tatsächlich eine Kirche gibt. Sie ist im Innenhof und daher von der Straße nicht ersichtlich. Später fand ich heraus, dass sie vom gleichen Architekten geplant wurde wie die Kirche, die ich von der Wohnung meiner Eltern aus immer gesehen hab. Was für ein schöner Zufall!

Beim Blick auf die Kirche kommt bei mir manchmal richtiges Urlaubsfeeling auf. Seit einem Unwetter vor einigen Monaten liegt auf dem Kirchendach außerdem ein Regenschirm. Ich glaube ja, das war Mary Poppins!

Die Wohnung war in einem super Zustand. Ich musste nicht mal ausmalen. Wie man an der Einrichtung sieht, habe ich ein leichtes Problem mit Farben. Mir gefallen sie bei anderen, aber bei mir gilt: Weniger ist mehr. Und aus weniger mehr machen, das mag ich auch. Diese Fähigkeit hab ich bei meiner Oma immer so bewundert. Sie hat schon Upcycling gemacht, bevor das modern wurde. Alles, was bei meinen Möbeln nicht weiß ist, stammt von ihr. Den Couchtisch hat sie mal im Dorotheum ersteigert.

Der Couchtisch stammt von Andrea Wilds Großmutter. Bei Farben geht sie nach dem Motto vor: "Weniger ist mehr."
Fotos: Lisi Specht

Wenn man einen kleinen Wohnraum hat, ist so ein Balkon ideal. Im Sommer steht auch mein Esstisch draußen, ich schlafe auch manchmal hier.

Bei der Wohnungswahl war aber auch die Nähe zur Volksoper ein wichtiger Faktor. Wenn was ist, kann ich von dort schnell nach Hause laufen. Das ist auch schon mehrfach passiert. Letztens erst ist eine Kollegin mit ihrer Mandoline im Stau gesteckt. Ich bin schnell heimgelaufen und hab meine geholt.

Meine Wohnung ist für mich meine Höhle. Ich bin sehr heikel, wen ich einlade und reinlasse. Ich bin da ein bisschen vorsichtig und hab nicht viele Gäste. In meiner alten Wohnung hatte ich kein getrenntes Schlafzimmer. Das hat sich teilweise etwas seltsam angefühlt, wenn Besuch da war.

Jetzt habe ich also einen großen Balkon, aber leider überhaupt keinen grünen Daumen. Die zwei Kakteen sind unkaputtbar, alles andere muss ich gelegentlich neu kaufen. Den Olivenbaum hab ich schon länger, das schaff ich gerade noch. Aber alles, was mehr Wasser braucht, ist schwierig.

Mein Wohntraum? Ich hatte mal einen Freund mit Dachgeschoßwohnung und mit Blick auf den Stephansdom. Das war schön. Ich bin wohl insgesamt eher der Stadttyp zum Arbeiten und Leben." (Franziska Zoidl, 5.9.2022)