Tammy Baldwin gilt im Senat als "nett und beliebt" aber auch "zielstrebig", wie Mehrheitsführer Chuck Schumer sagt.

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US-Senatorin Tammy Baldwin ringt um ein Recht, das sie eigentlich schon als gegeben erachtet hatte: die Ehe für alle. Die demokratische Senatorin aus Wisconsin ist die Speerspitze ihrer Partei, um jene zehn republikanischen Stimmen im Senat zu rekrutieren, die nötig sind, um das Heiratsrecht für gleichgeschlechtliche Paare in ein Gesetz zu gießen. Denn das Höchstgerichtsurteil, das die Gleichstellung 2015 bedeutet hatte, wackelt. Zumindest lag das nahe, nachdem das Gericht mit Roe v. Wade das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt hatte. Beobachterinnen und Beobachter räumen Baldwins Unterfangen gute Chancen ein.

Die heute 60-Jährige wurde in Wisconsin geboren und von ihren Großeltern aufgezogen: Ihr Großvater war ein Biochemiker an der Uni, ihre Großmutter Kostümdesignerin. Baldwins Mutter konnte sich nicht um die Tochter kümmern, da sie unter einer psychischen Erkrankung, chronischen Schmerzen und Medikamentensucht litt.

Zielstrebig zu Ergebnissen

Mit neun Jahren wurde bei Baldwin selbst eine schwere Krankheit diagnostiziert, die einer zerebrospinalen Meningitis ähnelte – einer Entzündung der Rückenmarkshäute. Ihre Großeltern hatten es extrem schwer, das Kind zu versichern, was Baldwin in ihrer späteren politischen Laufbahn dazu veranlasste, sich für Präsident Barack Obamas "Affordable Care Act" einzusetzen und Krankenversicherung für Millionen zu ermöglichen.

Wahrscheinlich ist ein weiterer Aspekt ihres Privatlebens dafür verantwortlich, dass sich Baldwin nun so sehr für das Recht auf Ehe für alle einsetzt: Die Politikerin ist homosexuell und die Einzige, die im Senat offen dazu steht. Kolleginnen und Parteifreunde berichten, dass sie ihre sexuelle Orientierung nicht vor sich herträgt. Laut Mehrheitsführer Chuck Schumer ist Baldwin eine Kombination aus "sehr nett und beliebt" sowie "zielstrebig", wenn sie für etwas brennt.

Und die Politikerin weiß, wie es sich anfühlt, wenn gleichgeschlechtliche Paare nicht gleichgestellt sind: Im Jahr 2008 wollte Verteidigungsminister Robert Gates die damalige Abgeordnete Baldwin nicht mit ihrer Lebensgefährtin in einer Militärmaschine mitfliegen lassen. Das sei nur Eheleuten von Politikern vorbehalten, Baldwin lebte aber nur in einer eingetragenen Partnerschaft, weil es damals in Wisconsin unmöglich war zu heiraten. Erst im Jahr 2014 wurde es legal. Und das soll für Baldwin auch US-weit so bleiben. (Bianca Blei, 29.7.2022)