Jeder kennt die Jahrmarkt-Automaten, die gegen Einwerfen einer Münze das Aufheben von Stofftieren mit einem schwer steuerbaren Roboterarm erlauben. Wer es selbst probiert hat, weiß, dass das Aufheben von Gegenständen für Roboter durchaus schwierig sein kann.

Das Greifspiel kann für royale Freuden – oder Frustration – sorgen. Ähnlich funktioniert das unkonventionelle Spinnenexperiment eines US-Forschungsteams.
Foto: Ben Birchall/Pool via REUTERS

Ein Forschungsteam von der Rice University in Houston in den USA hat nun eine Variante eines Greifers entwickelt, die an das Indie-Horrorspiel "Carrion" und an diverse B-Movies erinnert. Dabei wird eine tote Wolfsspinne – eine Familie, zu der auch die Taranteln gehören – auf einen Greifarm geklebt, um damit Gewichte zu heben.

Spinnen können zu einem Robotergreifer umfunktioniert werden, der ein Mehrfaches seines Gewichts hebt.
Rice University

Die Forschungsgruppe um den Maschinenbauprofessor Daniel Preston nutzt dazu eine Besonderheit von Spinnen: Sie verfügen über keine Gegenspielermuskulatur. Während es etwa beim Menschen Beuger und Strecker gibt, die miteinander im Wechselspiel stehen, nutzen die Spinnen Hydraulik. Wird Blut in die Beine gedrückt, strecken sie sich, sonst ziehen sie sich zusammen. Deshalb sind die Beine toter Spinnen gekrümmt.

Daniel Preston und Faye Yap forschen an toten Spinnen.
Foto: Brandon Martin

Greifen durch Druckluft

Für ihr Experiment klebte das Team die Spinnen mit Superkleber an eine Nadel, über die mit Druckluft die Beine der Spinne zur Streckung gebracht werden konnten.

Tausend Zyklen schaffen die Spinnen problemlos, wie Preston berichtet. Danach macht sich Abnützung bemerkbar, die er auf Dehydrierung zurückführt und durch schützende Polymerhüllen über den Gelenken entschärfen will.

Die Bauanleitung für den Spinnengreifer.
Grafik: Preston Innovation Laboratory

Das 1,3-Fache ihres Körpergewichts können die leblosen Spinnen heben. Das "Rohmaterial" habe man durch Abkühlen der Spinnen auf minus vier Grad Celsius gewonnen. Dafür verwendet das Team tatsächlich den Ausdruck "Euthanasie" ("euthanize" bedeutet so viel wie "einschläfern").

Anwendung in der Mikroelektronik

Der Ablauf des Spinnenroboters im Detail.
Foto: Courtesy of the Preston Innovation Laboratory

Preston kann sich Anwendungen beim Heben kleiner Gegenstände, etwa in der Mikroelektronik, vorstellen. Der Vorteil: Tote Spinnen seien biologisch abbaubar. Menschen, denen seine Forschungen wie ein Albtraum vorkommen, beruhigt er: Die Spinnen seien nicht wirklich wiederbelebt. Das sehe nur so aus.

Generell mache diese Art der Forschung mit toten Tieren eine Menge Spaß, weil man mit für sein Feld untypischen "Materialien" arbeite, sagt Preston. (Reinhard Kleindl, 31.7.22)