Nach dem Arzler Alm Trail bekommt Innsbrucks Bike-Community bald den Hofwaldtrail, um den es diese Woche allerlei Diskussionen gab.

Foto: Carlos Blanchard

Innsbruck – Die vergangene Woche hat die Ehrenamtlichen vom Verein MTB Innsbruck einiges an Nerven gekostet. Seit neun Jahren arbeitet die Initiative nun schon an der Schaffung eines legalen Streckenangebotes für die tausenden aktiven Mountainbiker in und um die Tiroler Landeshauptstadt. Man pflegt den Austausch mit allen Stakeholdern – von der Stadtpolitik über das Forstamt bis hin zu Grundstücksbesitzern und anderen Naturnutzern. Mit bisher bescheidenem, aber doch bemerkenswertem Erfolg. So gelang es, den Arzler Alm Trail zu realisieren, der mit mehr als 50.000 Fahrten pro Jahr zu den meistgenutzten Mountainbike-Strecken Österreichs zählt.

Zuletzt konnte mit dem Stadtwaldtrail, eine Anfänger-freundliche Streckenerweiterung eröffnet werden. In Kürze sollte nun der Hofwaldtrail, als rund drei Kilometer lange, mittelschwere Strecke im Nordosten Innsbrucks, über dem Stadtteil Sadrach, für die Bike-Community geöffnet werden. Die Bauarbeiten laufen seit einigen Monaten auf Gründen der Bundesforste. Alle maßgeblich Beteiligten – inklusive Stadtregierung, die die Kosten trägt, und Landesumweltanwaltschaft – hatten das Projekt abgesegnet. Doch dann kam Gerald Depaoli, der als Proponent seiner Ein-Mann-Fraktion namens "Gerechtes Innsbruck" im Gemeinderat der Landeshauptstadt sitzt.

Parteiprogramm: Dagegen sein

Depaoli ist bekannt dafür, sich in kurzen YouTube-Clips und auf Sozialen Medien über alles mögliche zu echauffieren, das ihm gegen den Strich geht. Früher fiel er beispielsweise als Ordner bei einer Demonstration auf, an der auch die Identitäre Bewegung teilnahm, und die sich gegen ein geplantes Flüchtlingsheim richtete. Depaoli nutzt für seine Brachial-Politik eine derbe und oft auch beleidigende Sprache. Erklärte Feindbilder des Wutbürgers sind Kunst im öffentlichen Raum, Tempo 30-Zonen im Stadtgebiet, ein Vinzidorf für Obdachlose und seit vergangenem Wochenende hat er die von ihm so titulierten "Radfahrwilden", er meint damit Mountainbiker, im Visier. Der in Bau befindliche Hofwaldtrail müsse gestoppt werden, so Depaolis Forderung, der er mit gewohnt untergriffigen Postings auf seiner Facebook-Seite Nachdruck verlieh.

Man muss offenbar nur laut genug schreien, und sei es noch so inhaltsleer, um gehört zu werden. Denn schon am vergangenen Sonntag reagierte ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber, der für den Trailbau ressortzuständig ist, und erklärte als Reaktion auf den Wutbürger-Protest per Presseaussendung einen sofortigen Baustopp, weil man Ungereimtheiten bei der Streckenführung des in Bau befindlichen Trails ausgemacht haben wollte. Anzengruber bedankte sich sogar für die Hinweise, die er dazu erhalten habe. Es wirkte wie ein Einknicken vor dem aufgebrachten Online-Mob, das man zuletzt in anderen Zusammenhängen auf Bundesebene beobachten konnte.

Entnervte Mountainbiker

Es folgte ein fast einwöchiges, teils unwürdiges Scharmützel der Lokalpolitik, in dem sich bis zum Bürgermeister Georg Willi (Grüne) viele Stimmen zu Wort meldeten. Nur die Mountainbike-Community selbst übte sich in Zurückhaltung. "Wir wollen doch nur Radlfahren" wurde eine Aussendung Mitte der Woche tituliert, in der man Interessierte über den Stand der Dinge informierte. "Jep, wir sind fuchsteufelswild! Wie über Mountainbiker:innen und wie über die Bedürfnisse von Mountainbiken gesprochen wird, ist inakzeptabel. Doch "nur" laut werden ist in unseren Augen nicht zielführend. Daher werden wir nicht dem Aufruf einer populistischen Partei folgen und mit einer Gegenaktion reagieren", hieß es in dieser Aussendung.

Am Freitag dann die erlösende Nachricht aus dem Büro von Bürgermeister Willi: der Hofwaldtrail wird weitergebaut. Um möglichen Konflikten durch die unmittelbare Nähe zu einem Wanderweg in einem Streckenabschnitt vorzubeugen, werde die Strecke "temporär geringfügig abgeändert und kann voraussichtlich ab Ende Sommer befahren werden". Auch die Bikerinnen und Biker zeigten sich erleichtert: "Am Hofwald-Trail wird bereits wieder fleißig weitergebaut und er soll Ende des Sommers befahrbar sein. Kein Baustopp. Und hoffentlich kein Drama mehr!"

Für mehr Trails in der "Bikecity"

Erst vergangene Woche forderte der Alpenverein mehr Ressourcen und Unterstützung für legale Mountainbike-Strecken in Österreich. Immerhin ist Mountainbiken in den Alpen die am zweithäufigsten ausgeübte Sommersportart nach Wandern. Die Stadt Innsbruck hat sich, nach anfänglichem Zögern, positioniert und stellt sich trotz Wutbürger-Protestes hinter die Schaffung solcher legalen Strecken. Das ist gut so, denn gerade in der selbst ernannten Bikecity fehlen diese, was wiederum zu Nutzungskonflikten auf illegalen Trails führt. Dass endlich Bewegung in diese Sache kommt, ist vor allem ein Verdienst der engagierten Freiwilligen von MTB Innsbruck, die seit Jahren diesen Dialog suchen und pflegen. (Steffen Arora, 30.7.2022)