Sylvia Vana (Wirtschaftsministerium) leitet die neue Fisa+-Förderung, Produzent Hannes Schalle (Moonlake Entertainment), Servus-TV-Intendant Ferdinand Wegscheider.

Foto: Salzburg Media Summit / Foto Christ

Salzburg – Die Millionen rauschten nur so durch den Raum beim Media Summit in Salzburg am Freitag (nicht zu verwechseln mit dem fast gleichzeitigen Salzburg Summit). Es ging um Filmförderungen – und was sie der Produktionsbranche und der Wirtschaft insgesamt bringen. Der Bund bereitet ab 2023 eine neue Anreizförderung vor – bis 35 Prozent des Produktionsvolumens. Und Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer will die Regionalförderung "aufdoppeln".

400 Millionen Produktionsvolumen

400 Millionen Euro gefördertes Produktionsvolumen erwartet Sylvia Vana bis 2027 kumuliert. Vana leitet schon bisher Filmstandort Austria (Fisa), der sich künftig mit der neuen Förderung "Fisa +" nennt. Bisher schüttet die Fisa regulär 7,5 Millionen Euro Förderung aus.

2023, im ersten Jahr der neuen Anreizförderung, rechnet Vana mit 20 Millionen Fördervolumen aus "Fisa +" – hier werden österreichische TV- und Streamingproduktionen sowie internationale Produktionen gefördert. Österreichische Kinofilme kommen auch in das Anreizmodell, werden aber weiter über das Österreichische Filminstitut ÖFI (künftig "ÖFI+") gefördert.

Warum eigentlich fördern?

Warum eigentlich Produktionsförderung? Die Frage musste sich Vana zuletzt stellen lassen, als die Fisa die Dreharbeiten von "Tyler Rake: Extraction 2" in Wien mit 1,5 Millionen Euro förderte. Und Vana hat eine klare Antwort: "Die Wertschöpfung ist gewaltig." Alleine diese Netflix-Produktion habe fünf bis sechs Millionen in Wien aufgewendet, hier 180 Menschen beschäftigt. Der Wien-Tourismus schien davon sehr angetan – Location in aufmerksamkeitsstarken Filmen, Serien zu sehen gilt als wirksamste Tourismuswerbung.

Landeshauptmann Wilfried Haslauer erinnerte bei dem Media Summit an die Agentenkomödie "Knight and Day" mit Tom Cruise und Cameron Diaz – für die er in den 2000ern 300.000 Euro Sonderförderung des Landes verantwortete. Ohne Garantien, wie die Stadt schließlich im Film vorkommen würde. Ein Wagnis für den damals ressortzuständigen Landeshauptmannstellvertreter Haslauer, unter durchaus heftiger Medienkritik, wie er sich erinnert: Und am Ende steht im Film Cameron Diaz vor der Festspielhaus-Kulisse und sagt, sie habe noch nie so etwas Schönes gesehen.

Salzburg will "aufdoppeln"

Haslauer verspricht, die Salzburger Filmförderung von derzeit 505.000 Euro pro Jahr nach 20 Jahren "aufzudoppeln" – und relativiert gleich danach: "nicht verdoppeln". Die künftige Fördersumme lässt er lieber offen. Die Vorsitzende des Förderbeirats, Manuela Strihavka, hat noch zur Werbewirkung eine Zahl: Die 174 in den zwei Jahrzehnten geförderten Produktionen hätten 548 Millionen Menschen erreicht. Und: Die 300.000 Euro Förderung für "Knight and Day" bedeuteten eine Wertschöpfung von 1,5 Millionen in Salzburg.

Der absehbare Bollywood-Blockbuster "Tiger 3" (läuft 2023) soll beim Dreh im Salzkammergut zwei Millionen Euro ins Land gebracht haben, hieß es am Rande der Veranstaltung als weiteres Beispiel für den Wirtschaftsfaktor Film.

"Wichtiger Wirtschaftsfaktor"

Das Wirtschaftsministerium wiederum ließ die Wiener Consultingfirma Paul und Collegen den Wert der Fisa-geförderten Produktionen beziffern. 60 Millionen Euro Förderung von 2010* bis 2021 bedeuteten demnach für Produktionsbranche und Zulieferer einen Umsatzeffekt von einer Milliarde Euro, 300 Millionen Euro Wertschöpfung, 140 Millionen Steuereinnahmen und Beschäftigung für 7000 Menschen.

Servus-TV-Intendant Ferdinand Wegscheider wunderte sich, dass in Österreich Förderungen so grundsätzlich negativ beurteilt würden. Er ist Mitglied des Salzburger Förderbeirats und betont, "was für ein wichtiger Wirtschaftsfaktor das ist".

Gesetzesentwurf vor Herbst

Der Gesetzesentwurf für das Bundes-Anreizmodell soll laut Vana vor dem Herbst in Begutachtung gehen, damit die Förderung ab 1. Jänner 2023 kommt. Viele Jahre hatten Österreichs Produzentinnen und Produzenten darauf gedrängt und auf entsprechende Fördermodelle insbesondere in Großbritannien, Spanien, Ungarn verwiesen.

Wird die neue Förderung Österreichs Produktion auf Augenhöhe mit diesen Ländern bringen? So breit sie in der Branche begrüßt wird, sie sei "natürlich keine Wundertüte", sagt Produzent Hannes M. Schalle. Es brauche Infrastruktur, Personal – viele sind etwa nach Deutschland gegangen – Ausbildung, auch steuerliche Nachteile sieht Schalle für Produzenten etwa im Vergleich zu Großbritannien, wo seine Moonlake Entertainment auch deshalb ihren Hauptsitz hat. Schalle ist Vorsitzender der Fachvertretung Film und Musik in Salzburg.

"Deutschland einen Schritt voraus"

Die neue Förderung könnte durchaus einen "Run" auf Österreich bringen, erwartet Friedrich Radmann, Geschäftsführer der Münchner Constantin Television. "Österreich ist Deutschland auch hier einen Schritt voraus wie beim Corona-Schutzschirm" für Filmproduktionen, eine Haftung für sonst nicht versicherbare Produktionsausfälle in einer Pandemie. "Da war Österreich ein halbes Jahr schneller".

Deutschland fördere Produktionen, aber mit gedeckelten Volumina auf Kosten der Verlässlichkeit, sagt Radmann. In Österreich gibt es im Anreizmodell keine Limitierung des Gesamtvolumens. "Wir schauen jetzt vermehrt nach Österreich."

Rechte für Produzentinnnen

Radmann hat eine Hoffnung in die konkrete Ausgestaltung der Anreizförderung: Sie müsse den Produzentinnen Rechte an den Produktionen sichern. "Wir sind ein großes und starkes Unternehmen, aber selbst wir tun uns schwer, mit amerikanischen Studios auf Augenhöhe zu verhandeln." Große Streamer wie Netflix kauften Produktionen und Rechte komplett – abzüglich der von den Produzenten beantragten Förderungen – mit einer Einmalzahlung. Um zumindest einen Teil der Rechte zu behalten, um ökonomisch nachhaltig zu wirtschaften, "brauchen wir die Politik. Die Filmproduzenten schaffen das ohne Unterstützung der Politik nicht". Vana versichert, darauf beim Gesetzesentwurf für die Förderung zu achten.

"Um die Branche langfristig aufzubauen, muss die Förderung einhergehen mit Rechte-Ownership für die Produzenten", unterstrich auch Lisette Schlippe, Head of Content Partnerships im Red Bull Media House. Das Media House macht seinen Standort Salzburg laut Filmwirtschaftsbericht seit 2011 zum wesentlichen Träger der gesamten österreichischen Produktionskonjunktur.

Servus TV aus dem Red Bull Media House ist einer dieser Konjunkturträger, und er ist der einzige österreichische Privatsender, der sich größere Fiction-Produktionen leistet, auch wenn sie ihren Aufwand "nicht 1:1" in Geld hereinspielen. Sie zahlten wesentlich auf das Programmprofil des Senders ein, wie auch die Publikumsreaktionen zeigten, sagt Wegscheider, der selbst einen Landpfarrer in den "Altausseekrimis" von Servus TV spielt. (fid, 30.7.2022)