Was passiert, wenn das Licht ganz ausgeht? Auch der Sport in Österreich hat mit der Energiekrise zu kämpfen.

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Ein Gespenst geht um in Österreich, die Energiekrise macht sich breit. Gas wird knapper und dadurch teurer, Strom ebenso. In den Herbst- und Wintermonaten wird möglicherweise rationiert. Die Energiekrise hat auch Folgen für den Sport, in der Zukunft und in der Gegenwart. Denn erste Veranstaltungen wurden schon abgesagt. Für Vereine und Verbände werden die kommenden Monate bedrohlich.

Willi Stengg traf die Krise mit voller Wucht. Früher fuhr er selbst Rennen und ist mittlerweile Organisator der Bucklige-Welt-Rallye. Durch sieben Gemeinden der Hügellandschaft wäre sie gefahren worden. Bis vonseiten der Gemeinden die Absage kam. Begründet wurden diese mit der aktuellen Energiekrise, behördliche Genehmigungen konnten nicht zugesagt werden. Das traf Stengg unvorbereitet. Ungerecht behandelt fühle er sich nicht, der Zeitpunkt der Absage sei allerdings ärgerlich. "Die Teams planen, Zimmer werden reserviert, Reifen bestellt. Die Kosten sind schon da", sagt er. Die Rallye hätte ursprünglich am 24. und 25. September stattfinden sollen.

Wasser und Licht

Laut Stengg trifft die Absage den sportlichen Wettbewerb im Kern. Die Meisterschaft sei mit der Absage entschieden worden. "Wir haben zwei Jahre Corona hinter uns. Wenn es jetzt noch ein Jahr so weitergeht, wird es für den Sport in Zukunft sehr schlecht aussehen." Der Rallyesport in Österreich hänge am seidenen Faden. Stengg: "Der Rattenschwanz geht bis ins Unendliche."

In den Verbänden ist die Stimmung nicht besser. Etwa im Österreichischen Schwimmverband (OSV). Auch dessen Bundesleistungszentrum Südstadt wird mit Gas beheizt. Dort müssen neben der Schwimmhalle und den Kabinen die Schwimmbecken beheizt werden. Das beschäftigt Walter Bär vom OSV. "Ob unsere Schwimmhalle kühler ist oder nicht, ist egal. Sie ist eh überheizt", sagt er. Wichtig sei die Wassertemperatur: "Sie sollte bei 27 Grad liegen, alles andere ist problematisch. Die Sportler sind täglich zweimal zwei Stunden im Wasser." Nach zwei Jahren Pandemie habe man sich aber eine gewisse Flexibilität und Anpassungsfähigkeit erarbeitet.

Kostenlawine Flutlicht

Diese beiden Eigenschaften werden bei der sich abzeichnenden Teuerung gefragt sein. Jedenfalls wird es eine Hürde für Vereine, die Kosten aufzufangen. Dabei gehen zwei Wiener Vereine unterschiedliche Wege. Während der Fußballverein Wiener Viktoria die Mitgliedsbeiträge nicht antasten möchte, führt daran bei den Vienna Vikings im American Football kein Weg vorbei. Vor allem die Flutlichtanlage ist es, die Kopfzerbrechen bereitet. Die Rechnung dafür sei schon deutlich über Vorjahresniveau. Und das im Sommer.

Beide Vereine stehen für eine soziale Komponente im Sport. Es geht um Integration sozial Benachteiligter, Nachwuchsförderung, Teamgeist und Chancengleichheit. Roman Zeisel von der Wiener Viktoria sagt dazu: "Es ist unser sozialpolitischer Ansatz, unsere Mitglieder nicht zu stark zu belasten. Solange wir das schaffen, wollen wir es aufrechterhalten."

Hoffen auf Unterstützung

Ähnliches ist von den Vikings zu hören: "Wir sind gerade dabei, eine faire Belastung für alle Mitglieder auszuarbeiten. Wir wissen nicht, wie wir diese Kosten sonst stemmen können. Es ist ruinös", sagt Präsident Karl Wurm. Die Vikings sind einer der größten Vereine Wiens, haben neben Football auch eine Cheerleading- und Flagfootball-Abteilung. Es sei ein Schreckensszenario, man rechne mit Mitgliederschwund.

Die Institutionen sehen vor allem ihren Nachwuchs gefährdet. So seien Schwimmmöglichkeiten ausgefallen und Kurse überrannt. Auch den Vikings und der Viktoria schwant Übles. Die Nachwuchsarbeit ist existenziell für das sportliche Überleben.

Abhilfe könnte ein Entgegenkommen der Stadt Wien bringen. Darauf hoffen alle Beteiligten. "Sonst ist der Sport tot", sagt Zeisel. Vonseiten der Stadt hieß es, man habe das Thema auf der Agenda. Magistratsleiter Anatol Richter sagte allerdings, man müsse schauen, wie es sich administrativ gestalten ließe. Pauschale Bezuschussungen seien nicht sinnvoll.

Einig sind sich alle Betroffenen darin, dass Sport trotz der Energiemisere nicht alles ist. "Wenn es hart auf hart kommt, wird man eine Prioritätenliste erstellen müssen, wer zuerst versorgt wird. Ich habe volles Verständnis dafür, wenn zuerst Wohnungen beheizt werden müssen. Ich bin glücklich, im Sport arbeiten zu können, aber es gibt wichtigere Dinge", sagt Bär. Wurm fasst es zusammen: "Erst kommt das Fressen, dann der Sport." (Jens Wohlgemuth, 1.8.2022)