Einmal wie ein Star im Privatjet in den Urlaub fliegen? Das ist zwar teuer, aber nicht mehr unleistbar.

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Lange Schlangen vor den Check-in-Schaltern, Verspätungen, Flugausfälle in letzter Minute und verlorengegangenes Gepäck. So hat der Sommerurlaub heuer für tausende Menschen begonnen. Das Flugchaos zu Beginn der Ferien hat den Urlaubsantritt oft zur Geduldsprobe werden lassen.

Mit der Limousine bis zum Privatjet gebracht werden, wo das Bordpersonal bereits mit einem Glas Sekt wartet, und mit Freunden in einem kleinen Flugzeug abheben. Auch so kann reisen gehen.

Für letztere Option entscheiden sich immer mehr Menschen. Vorbei am Chaos am Flughafen und entspannt abheben. Eine Option, die nicht mehr nur Familien wie den superreichen Kardashians offensteht. Ein Privatjet, der sechs Personen von London nach Ibiza und wieder zurück fliegt, kostete Ende Mai rund 27.300 Euro, wie die BBC berichtete. Pro Fluggast sind das 4.550 Euro. Schnäppchen ist das freilich keines, doch die Nachfrage ist da. Auch weil die Pandemie das Reiseverhalten geändert hat.

Nachfrageschub

"Die veränderte Nachfrage und die Probleme in der Luftfahrt haben der Privatjet-Branche einen Nachfrageschub beschert", sagt Monika Rosen-Philipp, Börsenexpertin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft (ÖAG). Die Nutzung von Privatflugzeugen hat besonders im Vorjahr stark zugenommen. Auch weil Menschen wegen Corona lieber unter sich bleiben, als mit hunderten anderen Passagieren im Flugzeug zu sitzen.

Laut dem Luftfahrtdatenforscher Wingx gab es 2021 weltweit 3,3 Millionen Privatflüge – das ist neuer Rekord. Die Zahl lag sieben Prozent über dem bisherigen Hoch aus 2019. Die USA und Europa weisen dabei das größte Wachstum aus.

Immer mehr Menschen suchten nach einer individuellen Reiselösung mit Erlebnischarakter, zitiert die BBC Ian Moore, Chief Commercial Officer des Privatflugzeugunternehmens Vista-Jet. Das global agierende Unternehmen mit Hauptsitz in Malta betreibt 73 Flugzeuge. Laut Moore ist die Kundennachfrage im Vorjahr in Europa um 26 Prozent und im Rest der Welt um 21 Prozent gestiegen. Dabei stammten 71 Prozent der Anfragen von Passagieren, die zuvor keine regelmäßigen Nutzer der privaten Luftfahrt waren.

Die Nachfrage zu decken wird immer schwieriger. Jettly, eine neue Online-Buchungsplattform für Privatflugzeuge, erhielt zuletzt weltweit 15.000 Anfragen. Auch Jet-it und Jet-Club berichten, dass sie Schwierigkeiten haben, genügend neue Flugzeuge zu bekommen, um mit der Nachfrage Schritt zu halten.

Time-Sharing am Himmel

"Die vorhandenen Preismodelle zeigen, dass sich dieser Markt breiter öffnet und über die Zielgruppe jener hinausgeht, die sich selber ein Flugzeug leisten können", sagt Rosen-Philipp. Eine Idee ist Time-Sharing, wobei sich bis zu 20 Personen ein Privatflugzeug teilen und die Auswahl an Zielen begrenzt ist. So bietet es das US-Unternehmen JSX an.

Bei anderen Anbietern wie Blade können etwa zwei Sitze in einem Viersitzer von New York nach Miami gebucht werden, die beiden anderen Plätze verkauft Blade an jemanden, den man nicht kennt. Für 3.750 Dollar pro Person – hin und zurück – ist man dabei. Andere Anbieter setzen auf "peak days", an diesen Spitzentagen muss ein Aufschlag für den Sitz bezahlt werden. Mitbewerber proklamieren wiederum, solche Gebühren nicht zu verlangen. Es gibt auch das Modell, bei dem der erste Kunde, der bucht, Abflug und Destination bestimmt. Wollen mehrere Kunden diese Strecke, sind sie an Bord. Sie teilen das Flugzeug, was es für alle billiger macht. In Summe zeigen die Modelle, dass eine Dynamik in die Preisgestaltung kommt.

"Der Nachteil ist hier freilich die Umweltbelastung", sagt Rosen-Philipp und weist auf die schlechte CO2-Bilanz solcher Trips hin. Denn Privatflugzeuge sind fünf- bis 14-mal umweltschädlicher als kommerzielle Flieger. Hinzu kommt: je älter die Maschine, desto umweltschädlicher. Auch in diesem Sektor läuft zwar der Umstieg auf Bio-Kraftstoffe oder Wasserstoff. Doch auch das dauert. Der Bau neuer Maschinen verzögert sich. Bombardier, führender Anbieter in diesem Segment, kommt mit der Produktion neuer Flieger kaum nach. Neue Umweltauflagen sind ein Grund dafür, aber auch die Lieferkettenprobleme verzögern hier den Abflug. (Bettina Pfluger, 1.8.2022)