Ist der Gast positiv oder negativ? Das Personal in Österreichs Lokalen könnte auch Menschen mit Corona-Infektion gegenüberstehen.

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Wien – Noch ist das Café Taxi Treff leer, und Goriza hat Zeit, den Filzrasen ihres Schanigartens zu saugen. Für die Antworten auf die Fragen, die ihr DER STANDARD stellt, braucht sie aber einen Kaffee und einen Platz auf der Sitzbank. "Ein Bledsinn" sei die neue Verordnung, wonach Corona-Positive nicht mehr in Quarantäne müssen und mit Maske die Wohnung verlassen dürfen.

"Wie kann ich da sitzen, wenn ich krank bin?", fragt die Gastronomin. "Wer ist so deppert?" Theoretisch dürfen Infizierte ja auch ins Gasthaus – solange sie die Maske über Mund und Nase tragen. Essen und trinken ist also ausgeschlossen. Anderen beim Essen zuschauen und tratschen, das würde gehen. Aber wer krank ist, bleibt zu Hause, sagt Goriza – "so einfach ist das". Wer sich bisher an die Quarantäne gehalten hat, würde auch jetzt zu Hause bleiben, glaubt sie – und wer mit Corona aus dem Haus gegangen ist, der würde das auch weiterhin tun.

"Ein schräger Gesetzestext"

Die Sache mit dem maskierten Gast sieht die Frau, die in einem hippen Café im dritten Bezirk hinter der Budl steht, als ein theoretisches Szenario: "Er muss ja etwas konsumieren", sagt sie. Sie selbst war mit einer Corona-Infektion im Krankenstand – und würde das auch weiterhin so handhaben, mit oder ohne Symptome. Insgesamt, findet sie, sei es "schon ein schräger Gesetzestext".

Ein paar Hundert Meter weiter trocknet Mariola in einem Altwiener Kaffeehaus gerade Espressotassen ab und stellt sie wieder auf die Maschine. Was sie über die neuen Regeln denkt? "So denke ich", sagt sie – und bewegt die flache Hand wie einen Scheibenwischer vor ihrem Gesicht.

"Jeder hat einen eigenen Kopf"

Ihre Sorge ist die: Wenn jetzt tatsächlich jemand mit einer Corona-Infektion ins Café kommt, sich an den Tisch setzt und wieder geht – "was mache ich dann mit dem Tisch?" Setzt sich danach eine Mutter mit Kind an den gleichen Tisch und stillt womöglich sogar – ist das dann sicher?

Sie selbst würde nach einem positiven Corona-Test "eigentlich nicht" in die Arbeit kommen, auch wenn sie symptomlos wäre. Sie würde überhaupt, auch ohne Quarantänepflicht, in Isolation bleiben. "Jeder hat einen eigenen Kopf – aber ich würde nicht rausgehen", sagt sie.

Kein Platz für Konsumunwillige

In einer Pizzeria ist das Mittagsgeschäft noch nicht angelaufen, der Italopop strömt aber schon aus den Lautsprechern an der Decke. Denis bereitet sich hinter der Bar auf die ersten Gäste vor. Auch dort hat sich – wie in allen anderen Lokalen, die DER STANDARD besucht hat – noch niemand mit Maske und ohne Konsumationswillen eingefunden. Setzt sich ein Gast mit Maske hin, "dann frag ich ihn schon", sagt Denis: Ob er einen Infizierten bedient, wüsste er gerne.

Wegschicken könne er einen positiven Gast aber nicht – zumindest nicht wegen der Infektion: "Gäste, die nicht konsumieren, für die hab ich keinen Platz", sagt er. Er hält es aber ohnehin für unwahrscheinlich, dass das passiert: "Der müsste deppert sein. Wenn ich positiv bin, bleibe ich zu Hause – alles andere ist für mich charakterlos", sagt Denis. Dass die Quarantänepflicht seit Montag aufgehoben ist, war ihm vor dem Gespräch gar nicht bewusst. "Gesetze sind Gesetze", sagt Denis schulterzuckend, "aber nicht jedes Gesetz ist immer gut." (Sebastian Fellner, 1.8.2022)