Auch 14 Monate nach der offiziellen Umbenennung ist der Marko-Feingold-Steg auf den Verkehrszeichen immer noch der Makart-Steg. Das Foto wurde am 29. Juli 2022 aufgenommen.

Foto: Thomas Neuhold

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg und Witwe von Marko Feingold, Hanna Feingold, bemüht sich im Gespräch mit dem STANDARD um diplomatische Worte. Auf die Frage, ob ihrer Wahrnehmung nach die Umbenennung des ehemaligen Makart-Stegs über die Salzach in Marko-Feingold-Steg in der Stadt bereits "angekommen" sei, meint sie: "Es ist so halb-halb, zumindest bei den Jüngeren."

Der Fußgängersteg zwischen linker und rechter Salzburger Altstadt trug lange den Namen des 1884 verstorbenen Malers und Dekorationskünstlers Hans Makart. Ende Mai 2021 wurde der täglich von bis zu 20.000 Menschen frequentierte Steg umbenannt.

Umstrittene Namensgebung

Er trägt nun offiziell den Namen des 2019 im 107. Lebensjahr verstorbenen Holocaust-Überlebenden Marko Feingold. Der langjährige Präsident der Kultusgemeinde hatte vier Konzentrationslager überlebt und war nach der Befreiung 1945 einer der Organisatoren der jüdischen Fluchtorganisation Bricha, die Juden und Jüdinnen zur Flucht nach Palästina verhalf.

Diese Umbenennung war heftig umstritten. Witwe Hanna Feingold, auch Nachfolgerin als Präsidentin der Kultusgemeinde, hat wiederholt die Umbenennung einer nach einem Antisemiten benannten Straße verlangt. ÖVP, SPÖ und FPÖ setzten sich freilich über den Wunsch der kleinen jüdischen Gemeinde in Salzburg hinweg und benannten den Makart-Steg um.

Man wollte keinen Präzedenzfall für weitere Umbenennungen schaffen – beispielsweise für die zahlreichen nach prominenten Nazis benannten Straßen in der Landeshauptstadt. Nur die grüne Bürgerliste und die KPÖ stimmten mit Rücksicht auf den Wunsch der Kultusgemeinde gegen den Feingold-Steg.

Behördliche Ignoranz

Nicht ganz so positiv wie jenes von Hanna Feingold fällt das Urteil von Albert Lichtblau aus. Der Universitätsprofessor ist Zeithistoriker und unter anderem auf jüdische Kulturgeschichte spezialisiert. Er hat eine Ausstellung zum "jüdischen Salzburg" kuratiert, die vergangenen Monat am Feingold-Steg zu sehen war. Lichtblau glaubt nicht, dass der Name Feingold-Steg in Salzburg bereits verankert ist.

Als Indiz dafür nennt er das Verkehrszeichen "Geh- und Radweg" am rechten Salzachufer vor dem Steg. Unter der runden blauen Tafel stehe noch immer das Zusatzschild: "Makartsteg – Fahrräder Schrittgeschwindigkeit". Ein STANDARD-Lokalaugenschein am Wochenende bestätigt die behördliche Ignoranz: Am Verkehrszeichen ist der Feingold-Steg noch immer der Makart-Steg.

NS-Straßen umbenennen

Der Salzburger Geschichtswissenschafter Andreas Praher wiederum betont in diesem Zusammenhang, dass es gerade im "von Katholizismus und Antisemitismus über Jahrhunderte geprägten Salzburg" wichtig sei, das jüdische Leben im öffentlichen Raum sichtbar zu machen. Der Feingold-Steg oder die Stolpersteine seien zentrale Initiativen dafür. Praher schlägt zudem vor, Straßen mit Namen nationalsozialistisch belasteter Personen nach Opfern der Shoah zu benennen. (Thomas Neuhold, 2.8.2022)