Foto: Heribert Corn

Der Wiener Community-Kanal Okto kann weitersenden. Wenige Wochen, nachdem völlig überraschend bekannt wurde, dass die Stadt Wien dem Bürgerkanal den Geldhahn komplett abdreht, was das Aus nach 17 Jahren bedeutet hätte, geht es nun doch weiter. Allerdings mit Mitteln aus dem bundeseigenen Fonds für nicht-kommerziellen Rundfunk und mit Geldern der Digitalförderung. Die Stadt Wien zahlt dem Wiener Sender keinen Cent. Das ist nicht nur peinlich, sondern eine Schande.

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: 24,2 Millionen Euro gab die Stadtregierung 2021 für Inserate aus. Im Vergleich machen sich jene 750.000 Euro, die Okto im selben Jahr als Subvention bekam, geradezu läppisch aus. Und selbst das war offenbar zu viel.

Digitale Medienkompetenz

Natürlich geht es bei Okto kaum um Reichweiten, sondern um Bürgerbeteiligung. Vielen unterrepräsentierten Communitys bietet der Sender wichtige Möglichkeiten zum Mitwirken in der Gesellschaft. Diversität und Inklusion werden hier seit 17 Jahren großgeschrieben, Medienprojekte luden zur medialen Aus- und Weiterbildung – besonders im digitalen Zeitalter. Darin erwarben die Okto-Leute über die Jahre Kompetenz und gaben diese weiter.

Gerade einer Stadtregierung, die sich um Volksnähe bemüht, sollte Partizipation ein Anliegen sein. Als Motiv für das Ende der Subvention wird Parteipolitik vermutet. Hinterlassenschaften der rot-grünen Koalition werden sukzessive gecancelt, egal, ob sie Sinn machen oder nicht. Das starre Festhalten an einer falschen Entscheidung fördert das Vertrauen in die rot-pinke Zusammenarbeit jedenfalls nicht. Von der fatalen Optik, einem Medium die finanzielle Unterstützung zu entsagen, das der eigenen Parteilinie nicht entspricht, ganz zu schwiegen.

Ein gutes Bild vom medienpolitischen Verständnis der Stadt kann man sich übrigens im Programm des zur Mediengruppe der Wien-Holding gehörenden Stadtsenders W24 machen: Dort setzt sich Bürgermeister Michael Ludwig bildstark und mehrmals täglich in Szene. (Doris Priesching, 1.8.2022)