Die meisten Insolvenzanträge verzeichneten der Handel, die Dienstleistungen und das Bauwesen. Aber auch Privatpersonen sind betroffen.

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Wien – Mehrfachkrisen und das Auslaufen der staatlichen Corona-Hilfen haben die Zahl der Firmenpleiten im ersten Halbjahr nach oben schnellen lassen. Die Firmeninsolvenzen sind um 121 Prozent auf 2429 Verfahren gestiegen und haben damit annähernd das Vorkrisenniveau von 2019 erreicht, zeigen endgültige Zahlen des Gläubigerschutzverbands Creditreform. Die Privatinsolvenzen legten um mehr als ein Drittel auf über 4700 Verfahren zu. Das Vorpandemieniveau soll gegen Jahresende erreicht werden.

"Österreich steht erst am Beginn einer Zeit steigender Privatinsolvenzen, und ein Ende ist nicht in Sicht", teilte Creditreform-Chef Gerhard Weinhofer am Montag in einer Aussendung mit. Angesichts der Konjunkturaussichten aufgrund der Polykrisen – Lieferkettenprobleme, Ukraine-Krieg, Inflation, Gefahr einer Stagflation, nicht ausgestandene Pandemie – werde mit neuen Rekorden bei der Zahlungsunfähigkeit von Privatpersonen in den kommenden Jahren zu rechnen sein, so Weinhofer.

Keine Luft mehr

Auch Unternehmen sind mit diesen Krisen konfrontiert. "Viele Klein- und Mittelunternehmen, die durch die Pandemie getragen wurden, haben nun keine Luft mehr und müssen aufgeben", räumt Weinhofer ein. Das Ende der Fahnenstange sei noch nicht erreicht, da sich die "Corona-Blase" nur langsam auflöse.

Im Bereich Kredit- und Versicherungswesen haben sich die Firmeninsolvenzen im ersten Halbjahr fast verdreifacht (plus 186 Prozent). Starke Anstiege gab es auch im Handel (plus 131 Prozent) und im Transportwesen (plus 128 Prozent).

Die meisten Insolvenzanträge verzeichneten der Handel, die Dienstleistungen und das Bauwesen. Die größte relative Insolvenzbetroffenheit herrschte im Transportwesen mit fast 20 von 1000 Branchenunternehmen. Damit sei erstmals das Bauwesen als die am meisten gefährdete Branche abgelöst worden.

Bei den Privatpersonen sind Jobverlust, eine gescheiterte Selbstständigkeit sowie sorgloser Umgang mit Geld die häufigsten Insolvenzursachen. Die Durchschnittsverschuldung liegt bei rund 60.000 Euro. Im laufenden Jahr dürfte es zu einer Rückkehr auf das Vorpandemieniveau von rund 9000 Privatinsolvenzen kommen, erwartet der Gläubigerschutzverband. (APA, bpf, 1.8.2022)