Nichts geht mehr auf der A13. Die Transitproblematik ist ein emotionales, also dankbares Thema für die Landespolitik.

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Innsbruck – Der Tiroler Landtagswahlkampf nimmt Fahrt auf. Ganz im Gegensatz zum Transitverkehr, der sich Tag für Tag durch das Inn- und Wipptal staut. Dort ist der Unmut angesichts der enormen Belastung seit Jahren groß. Florian Riedl, ÖVP-Verkehrssprecher im Tiroler Landtag, Bürgermeister der Wipptaler Gemeinde Steinach am Brenner sowie Obmann des regionalen Planungsverbands, ruft nun zum Widerstand gegen Wien, genauer gesagt die Asfinag auf. Denn die Schuldigen für die Verkehrsmisere macht man bei der Tiroler Volkspartei im Verkehrsministerium von Leonore Gewessler (Grüne) sowie bei dem ihrem Ressort zugeordneten Autobahnerhalter aus.

Aktueller Stein des Anstoßes ist die Luegbrücke, kurz vor dem Brennerpass auf dem Gemeindegebiet von Grieß. Knapp zwei Kilometer lang und mehr als baufällig. Die in den 1960er-Jahren erbaute Brücke muss dringend generalsaniert werden. Das ist seit längerem bekannt und sorgt für Verstimmung zwischen den Autobahnanrainergemeinden im Wipptal sowie dem Land Tirol auf der einen Seite und dem Verkehrsministerium mitsamt dem Autobahnbetreiber Asfinag auf Bundesebene. Man schiebt sich gegenseitig den schwarzen Peter zu, was die lange Verzögerung angeht. Denn mittlerweile ist die Brücke derart desolat, dass sie für den noch laufenden Betrieb abgesichert werden muss, damit sie nicht einstürzt. Kostenpunkt: 18 Millionen Euro.

Offener Brief an die Asfinag

In einem offenen Brief an die Asfinag-Aufsichtsräte machen die Bürgermeister aus dem Wipptal zusammen mit Kollegen aus dem Stubaital ihrem Ärger nun Luft. Sie sehen in der Brückensanierung nämlich einen falschen Schritt und weisen auf die – eigentlich bereits verworfene – Tunnellösung hin, mit der man mehr Freude hätte. Als Wortführer fungiert Planungsverbandsobmann Riedl. Und der sieht die Tunnellösung keineswegs vom Tisch, man habe sie seitens der Asfinag nur "nie ernsthaft in Erwägung gezogen".

Allerdings hatten sich Anfang 2020, um diese Diskussion angesichts der damals bereits drängenden Sanierungsbedürftigkeit zu beenden, Asfinag, Land Tirol und die Gemeinden des Wipptals darauf verständigt, ein unabhängiges Gutachten erstellen zu lassen, welche Lösung die beste sei. Das Gutachten wurde vom renommierten Fachmann Konrad Bergmeister in Zusammenarbeit mit sechs ausgewiesenen Experten ausgearbeitet. Das Ergebnis – so die Übereinkunft der Auftraggeber – solle bindend sein. Die internationalen Experten kamen zu dem Schluss, dass die Generalsanierung in Form eines Ersatzneubaus einer Tunnellösung vorzuziehen sei. Den Streit beendete dies jedoch mitnichten. Denn Riedl sagt nun dem STANDARD, dass von "bindend" nie die Rede gewesen sei: "Das ist nur die einseitige Wahrnehmung der Asfinag." Seitens der Gemeinden fordere man weiterhin "eine Gesamtentlastung", und die bringe nur eine Tunnellösung.

"Salamitaktik" zu mehr Verkehr befürchtet

Weil die Luegbrücke indes derart desolat ist, dass ein weiterer Aufschub der Arbeiten nicht möglich ist, glaubt zwar auch Riedl nicht mehr an eine Tunnellösung für diese eine Brücke. "Aber wie geht es weiter? Es gibt drei, vier andere Brücken, die auch sanierungsbedürftig sind, und dort sollte die Tunnellösung mitbedacht werden", erklärt der Steinacher Riedl die Intention hinter dem jüngsten Protest. Denn man befürchte seitens der Wipptaler Bürgermeister, dass die Asfinag beim Neubau mitsamt einem überbreiten Pannenstreifen, der auf der A13 nötig sei, bereits eine mögliche dritte Fahrspur mitplane. Diese "Salamitaktik" würde die Brennerstrecke für noch mehr Verkehr attraktiv machen. Die Asfinag hat zwar schriftlich garantiert, dass dies nicht passiert, aber Riedl bleibt skeptisch.

Die Kritik von Transitforum-Obmann Fritz Gurgiser, der hinter der neuerlichen Tunnelforderung eine "Augenauswischerei der ÖVP" in Wahlkampfzeiten vermutet (siehe Interview unten), kommentiert Riedl die Kritik so: "Der hat sich im Wipptal in den letzten sieben Jahren nicht blicken lassen." Gurgiser habe "seine Absprachen mit der Asfinag im Inntal laufen" und kenne die Situation entlang der Brennerautobahn gar nicht im Detail.

Ministerium pocht auf Sicherheit

Im Verkehrsministerium will man auf die Tunnelideen gar nicht mehr eingehen. Dort verweist man auf den Sicherheitsaspekt, und der erlaube keinerlei Aufschub mehr, was die Sanierung angeht: "Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Erkenntnis die Entscheidung der Behörde bestätigt. Die Sicherheit im Straßenverkehr hat immer oberste Priorität. Und die Sanierung der Brücke ist eine unbedingt notwendige Maßnahme, um diese Sicherheit zu gewährleisten."

Noch deutlicher wird der Verkehrssprecher der Tiroler Grünen, Michael Mingler, der seinem VP-Pendant Riedl vorwirft, "Luftschlösser" zu bauen: "Die Wipptaler haben genug von den falschen Versprechungen. Ich hab ja schon viel Humbug in Wahlkämpfen gehört, aber die Menschen für dumm verkaufen sollte die ÖVP selbst dann nicht, wenn sie sich im Abwärtsstrudel befindet." (Steffen Arora, 2.8.2022)