2016 warb der damalige Wiener Landespolizeivize Karl Mahrer im Innenministerium für "Österreich sicher". Heute ist er Wiener ÖVP-Chef, hohe Förderungen gab es auch unter Innenminister Karl Nehammer, mittlerweile Kanzler.

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Es sind steile Thesen, die in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Österreich sicher" zu lesen sind. "Wenn die USA nur wollten", wäre der "Krieg vermeidbar gewesen" und könnte auch "beendet werden", heißt es in dem Blatt. Auf mehreren Seiten wird der Ukraine-Krieg den USA in die Schuhe geschoben, der russische Überfall auf die Ukraine als "Selbstschutz" bezeichnet. Bei dem Konflikt gehe es nämlich um "Weltpolitik", die USA würden "ihre eigene Doktrin vorwiegend auf Kosten Europas" verfolgen.

Auch die UN-Sanktionen gegenüber dem Iran sind ein Thema. Der sei ein "Opfer" wirtschaftlicher Interessen der Amerikaner. Dass die UN-Sanktionen gegen das Regime in Teheran verhängt wurden, da der begründete Verdacht besteht, es versuche, Atombomben zu bauen, wird nicht erwähnt. Auch nicht, dass homosexuelle Männer im Iran öffentlich gehängt werden. Dafür stellt die Zeitschrift Fragen. Etwa: "Warum werden die Kriegsverbrechen der USA im Irak nie geahndet?"

Streit um Bezeichnung "Partnermagazin"

Es sind Erzählungen, die man wohl eher in einem russischen Propaganda-Outlet vermuten würde als in einer Zeitschrift, die in Filialen des Lebensmittelhändlers Spar kostenlos aufliegt und an alle Dienststellen der Polizei, des Bundesheers, an alle Bürgermeister und an 250.000 Haushalte geht.

Selbst bezeichnet sich "Österreich sicher" als "offizielles Partnermagazin" des Innenministeriums. Das sei eine "Bezeichnung, die vom Medium ohne Einbeziehung des Innenministeriums selbst gewählt wurde", sagt Ministeriumssprecher Harald Sörös. Darauf "wurde die Redaktion bereits aufmerksam gemacht und zur Unterlassung dieser Bezeichnung aufgefordert". Es bestehe aber eine Medienkooperation, die sich das Ministerium über 100.000 Euro jährlich kosten lässt. Laut Anfragebeantwortung sogar deutlich mehr: Über 650.000 Euro wurden seit 2019 ausgegeben. Die Zeitschrift ist ein Herzstück der Präventionsinitiative "Gemeinsam sicher in Österreich" des Ministeriums. Zu den Inhalten will Sörös nichts sagen, diese seien Sache der Redaktion.

Anzeige von der FPÖ eingebracht

Chats aus dem Smartphone des langjährigen Kabinettschefs im Innenministerium, Michael Kloibmüller, legen aber zumindest für die Vergangenheit anderes nahe. Im Jahr 2016 warb der damalige Wiener Landespolizeivize Karl Mahrer – mittlerweile Obmann der ÖVP Wien – für die Zeitschrift. Diese werde "das wichtigste Trägermedium" für die Kampagne "Gemeinsam sicher"; man käme "direkt an alle Trafikanten und an alle Postpartner – und das ohne finanzielles Risiko und mit vollem redaktionellem Einfluss", schrieb er.

Der freiheitliche Fraktionsführer im U-Ausschuss, Christian Hafenecker, hat deshalb eine Sachverhaltsdarstellung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingebracht. Für ihn ergibt sich der Verdacht, "dass die aus öffentlichen Mitteln erfolgte Inseratenvergabe dem ausschließlich parteipolitisch motivierten Zweck diente, auf redaktionelle Inhalte Einfluss zu nehmen". Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Eine Anfrage bei der Live Relations PR und Networking GmbH, die "Österreich sicher" herausgibt, blieb ohne Antwort. Mehrheitseigentümer dort ist übrigens das eng mit der Stadt Wien verbundene Echo Medienhaus. (Markus Sulzbacher, Fabian Schmid, 2.8.2022)