Fritz Gurgiser will sich künftig wieder lauter zu Wort melden, wenn es um den Transitverkehr geht.

Foto: Florian Lechner

Innsbruck – Während der Pandemie hat das Tiroler Transitforum "stillgehalten", sagt Obmann Fritz Gurgiser. Mit dem Ende der Lockdowns und im anlaufenden Wahlkampf wird auch der streitbare Aktivist wieder lauter. In der Corona-Zeit sei fast alles beschränkt worden, nur der Transit nicht.

STANDARD: Im Wipptal macht VP-Verkehrssprecher und Planungsverband-Obmann Florian Riedl angesichts der anstehenden Renovierungsarbeiten auf der Luegbrücke wieder Stimmung für eine Tunnellösung auf der Brennerautobahn. Ist das eine mögliche Lösung für das Tiroler Transit-Dilemma?

Gurgiser: Nein, das ist reine Augenauswischerei der ÖVP. Ein weiterer untauglicher Versuch, mit einem nicht realisierbaren Projekt Stimmung zu machen und die Bevölkerung zu täuschen. So ein Tunnel, selbst wenn er realisierbar wäre, bedeutet nicht einen Lkw weniger auf der Strecke. Man weiß ja, wo der Transit herkommt. Statt dort anzusetzen und den Verkehr zu reduzieren, wird der Bevölkerung mit solchen realitätsfernen Vorschlägen etwas vorgegaukelt.

STANDARD: Das Transitforum war in den vergangenen zwei Jahren recht ruhig. Ist das Verkehrsproblem während der Pandemie kleiner geworden?

Gurgiser: Wir haben im Mai 2020 entschieden, uns vorerst zurückzuhalten, weil wir gesehen haben, dass auch unsere Mitglieder damals mit der Situation im Zuge der Pandemie vollkommen überfordert waren – mit Kurzarbeit, Homeoffice und alldem. Rückblickend ist es nun aber interessant, dass es unheimlich viel Veränderung gegeben hat. Nur den Transit hat man in Ruhe gelassen. Im Gegenteil, man hat zum Teil sogar Sonn- und Feiertagsfahrverbote aufgehoben. Was völlig unnötig war, da Lebensmitteltransporte davon ohnehin ausgenommen sind. Es fehlten in dieser Zeit auch die Ansprechpartner, weil alle mit Corona befasst waren. Wir haben die Zeit genutzt, um uns vorzubereiten, denn die Probleme mit dem Transit werden nicht weniger.

STANDARD: Es gab aber auch Erfolge. Zuletzt wurde eine starke Verbesserung der Luftqualität trotz steigender Verkehrsbelastung registriert?

Gurgiser: Ja, in Sachen Luftqualität konnten wir einen riesigen Erfolg erzielen. Und das trotz der Verdreifachung des Lkw-Transits seit Beginn unserer Aktivitäten 1987. Dieser Erfolg ist der Tiroler Zivilgesellschaft mit den Bürgerversammlungen zuzuschreiben. Dort ist der Druck entstanden, der die technischen Verbesserungen bei den Fahrzeugen möglich gemacht hat. Wir waren nie die Zahlenklauber, die den Transit nur mengenmäßig beschränken wollten. Denn 1,7 Millionen Lkws weniger pro Jahr klingt zwar nett als Absicht in einer Regierungserklärung, aber entscheidend sind die Belastungen für die Menschen – also die Luft und der Lärm. Und da haben wir uns durchgesetzt, zumindest bei der Luft, beim Lärm ist noch viel zu tun.

STANDARD: Besteht nun die Gefahr, dass wegen der besseren Luft auch manche Schutzmaßnahmen wie das Nachtfahrverbot wieder fallen?

Gurgiser: Ich sehe diese Gefahr derzeit nicht, weil wir haben ja auch noch andere Hebel. Wir haben das Nachtfahrverbot 1989 ja nicht zur Verbesserung der Luftqualität durchgesetzt, sondern zur Verbesserung der Lärmsituation. Das betrifft auch den Luft-100er, der darf allein wegen des Lärms nicht fallen. Denn bei Tempo 130 hätten wir sofort bis zu fünf Dezibel mehr Lärm.

STANDARD: Bedarf es neuer Gesetze, um weitere Verbesserungen in Tirol durchzusetzen?

Gurgiser: Nein, die vorhandenen Schutzbestimmungen reichen aus. Aber die Politik in Tirol und im Bund müsste sie nutzen. Bisher kam jede Initiative und jeder Vorschlag von unten, von der Zivilgesellschaft. Dabei hätte die Politik alle Instrumente zur Verfügung, die sie bräuchte, um etwas zu verändern. Aber es fehlt offenbar am Mut, es auch umzusetzen. Stattdessen werden Brüssel oder auch Wien vorgeschoben, weil man selber nichts machen will. (Steffen Arora, 2.8.2022)