Bereits am Dienstag wird die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, nach Angaben aus dem Parlament in Taipeh in der demokratischen Inselrepublik erwartet.

Foto: IMAGO/UPI Photo/BONNIE CASH

Taipeh/Washington/Peking – Inmitten der Spannungen mit China wegen eines möglichen Besuchs der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taiwan droht dessen Regierung mit einer militärischen Reaktion. Taiwans Verteidigungsministerium erklärte am Dienstag, wenn die Spannungen zunähmen, würden als Reaktion auf "feindliche Bedrohungen" in angemessener Weise Streitkräfte entsandt.

Taiwan habe einen vollständigen Überblick über die militärische Aktivität in seiner Umgebung. Taiwanesische Medien berichteten, Pelosis Flugzeug solle etwa um 22.40 Uhr Ortszeit landen (16.40 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit). Die Website "flightradar24.com" verzeichnet Ausfälle aufgrund der zahlreichen Userinnen und User, die Flug SPAR19 zu tracken versuchen. Das Flugzeug von Malaysia aus nahm nicht den direkten Weg über das südchinesische Meer, sondern überflog Borneo und nahm dann östlich der Philippinen Kurs nach Norden.

Militärübungen Chinas

Zuvor waren einem Insider zufolge mehrere chinesische Kampfflugzeuge nahe der Grenzlinie in der Straße von Taiwan geflogen. Zudem patrouillieren chinesische Kriegsschiffe seit Montag in der Nähe der inoffiziellen Pufferzone in der Meerenge. Der Status Taiwans ist einer der Hauptkonfliktpunkte zwischen den USA und China.

Das Verteidigungsministerium erklärte, es habe die "Entschlossenheit, Fähigkeit und das Vertrauen", Taiwans nationale Sicherheit zu gewährleisten. Es seien bereits verschiedene nicht näher bezeichnete Pläne für einen Notfall ausgearbeitet worden.

Auch die USA entsandten vier Kriegsschiffe in die Gewässer östlich von Taiwan, darunter den Flugzeugträger USS Ronald Reagan. Aus der US-Marine hieß es, es gehe dabei um einen Routineeinsatz. Obwohl die Schiffe in der Lage seien, auf alle Eventualitäten zu reagieren, handle es sich um normale, routinemäßige Einsätze, sagte ein Beamter, der namentlich nicht genannt werden wollte. Zum genauen Standort der Kriegsschiffe wollte er sich nicht äußern.

Ranghöchster US-Besuch seit 1997

Hintergrund der Spannungen ist der erwartete Besuch der Präsidentin des US-Repräsentantenhauses im Lauf des Tages. Offiziell bestätigt ist er nicht, Pelosi hält sich aber derzeit in Asien auf und hatte früher auch einen Besuch in Taiwan geplant. Dessen Ministerpräsident Su Tseng-chang bekräftigte am Dienstag, ausländische Gäste würden herzlich willkommen geheißen. Für solche Gäste würde Taiwan angemessene Vorkehrungen treffen und ihre Pläne respektieren.

Pelosis Reiseplan ist "in Bewegung"

Pelosi ist am Dienstagvormittag in Malaysia eingetroffen. Die 82-Jährige will laut der Nachrichtenagentur Bernama im Lauf des Tages mit Malaysias Ministerpräsident Ismail Sabri Yakoob zusammentreffen. Ein taiwanischer Abgeordneter hatte der Deutschen Presse-Agentur in Taipeh Presseberichte in den USA und Taiwan bestätigt, dass Pelosi möglicherweise am Dienstagabend aus Malaysia kommend in Taipeh eintreffen werde. Am Mittwoch könnte es ein Treffen mit Präsidentin Tsai Ingwen geben.

Der Reiseplan ist laut US-Medienberichten allerdings in Bewegung, während das Pentagon alle Schritte der chinesischen Seite beobachte und "rund um die Uhr" daran arbeite, die Sicherheit der Nummer drei in den USA zu gewährleisten, wie es hieß. Nach eigenen Angaben steht China in Kontakt mit den USA. Das teilte das Außenministerium in Peking am Dienstag mit, ohne jedoch Details zu nennen.

Foto: APA/Grafik

China droht mit Konsequenzen

China protestiert seit Wochen gegen eine Reise Pelosis nach Taiwan und hat am Montag mit ernsthaften Konsequenzen gedroht. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, das Militär werde nicht tatenlos zusehen, wie Pelosi in Taiwan eintreffe. Ein Besuch hätte ungeheure politische Auswirkungen. Welche Konsequenzen konkret zu erwarten wären, führte der Sprecher nicht aus.

Die USA unterhalten zwar wie viele andere Staaten mit Rücksicht auf China keine formalen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Sie unterstützen das Land jedoch mit militärischer Ausrüstung und sind dessen wichtigster Lieferant von Rüstungsgütern.

Warnungen aus Russland

Auch der Kreml warnte die USA, dass ein Besuch Pelosis in Taiwan die USA auf Kollisionskurs mit China bringen und Spannungen in der Region provozieren würde. "Wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob sie nun dorthin reist oder nicht, aber alles an dieser Reise und der mögliche Besuch in Taiwan ist reine Provokation", zitierte Reuters am Dienstag Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Kurz vor dem erwarteten Besuch von Pelosi haben unbekannte Hacker die Website der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen lahmgelegt. Das Präsidialamt in der Hauptstadt Taipeh bestätigte einen Ausfall für rund 20 Minuten am Dienstagnachmittag. Es seien Gegenmaßnahmen ergriffen worden, sodass die Website nun wieder normal funktioniere. (APA, Reuters, miwi, 2.8.2022)