Kanzler Nehammer denkt offenbar nicht daran, seinen Posten zu räumen.

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Die ÖVP sackt in Umfragen ab, mittlerweile befindet sie sich auf Platz drei hinter der FPÖ. Dass daher – intern und extern – eine Debatte darüber entbrannt, ob mit Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) die richtige Person an der Parteispitze steht, überrascht wenig. Dennoch sieht Nehammer seine zunächst im STANDARD genannte mögliche Ablöse als an den Haaren herbeigezogen. Es handle sich um eine "offensichtliche mediale Sommerlochdebatte". Die Regierung arbeite mit der Energiekrise und der Teuerung an "ernsthaften Problem". Auch der als möglicher Nachfolger kolportierte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) winkte am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal" erneut ab.

Brunner: "Ausgezeichneter Krisenmanager"

Stattdessen erhielt der Kanzler Lob: "Karl Nehammer ist ein ausgezeichneter Bundeskanzler und Krisenmanager, ich bin der Finanzminister an seiner Seite", ließ Brunner unter anderem im STANDARD am Dienstag wissen. Auch der Finanzminister ortete in den Spekulationen eine "künstliche Sommerloch-Debatte". An dieser will sich Brunner nicht beteiligen. "Wir haben vielfältige Krisen, die wir zu bewältigen haben und zu bekämpfen haben, das tun wir jeden Tag."

Familien- und Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) wies die Spekulationen ebenso klar zurück. Sie verwies darauf, dass Nehammer beim letzten Parteitag als Obmann 100 Prozent Zustimmung erhalten habe.

Schlechte Umfragewerte für ÖVP

In mehreren Medien war zuvor spekuliert worden, dass die ÖVP Nehammer aufgrund schlechter Umfragewerte ersetzen wolle. Die Volkspartei wurde nach einem zwischenzeitlichen Höhenflug unter Sebastian Kurz zuletzt in einer Umfrage gar auf Platz drei hinter der FPÖ ausgewiesen. Auch auf Landesebene schielt man wohl eher nervös auf die Umfragen: Gut zwei Monate vor der Landtagswahl in Tirol wurde der dortigen ÖVP am Wochenende ein Absturz auf unter 30 Prozent prognostiziert, das wären 15 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl 2018.

Der in der mächtigen niederösterreichischen ÖVP verankerte Nehammer hatte die Partei im Dezember in den Turbulenzen rund um die Inseratenaffäre, in der gegen Kurz ermittelt wird, übernommen und ist erst im Mai mit 100 Prozent zum Parteiobmann gekürt worden. Gegen eine Ablöse spricht wohl auch, dass es für die ÖVP eher schwierig zu argumentieren wäre, nach Sebastian Kurz, Alexander Schallenberg und Nehammer innerhalb weniger Monate einen vierten Bundeskanzler zu installieren.

Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist es "kein Wunder, dass die Schlagzeilen schon wieder von Ablösegerüchten des Kanzlers dominiert werden", wie er in einer Aussendung meinte, denn "mittlerweile haben selbst hartgesottene ÖVP-Funktionäre von der miserablen Regierungsperformance und dem desaströsen Leadership des Kanzlers die Nase gestrichen voll". Die ÖVP sei "nur noch mit Korruptionsskandalen, Personaldebatten und dem Festklammern an den Futtertrögen beschäftigt", es sei höchste Zeit für Neuwahlen. (red, APA, 2.8.2022)