SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zeigt sich mit dem Krisenmanagement der Regierung wenig zufrieden. Die SPÖ pocht auf weitere Schritte. Doch wie sind die Ideen einzuschätzen?

Steuersenkungen

Um nicht nur Symptome zu mildern, sondern die hohen Preise direkt zu bekämpfen, fordert die SPÖ eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer und der Mineralölsteuer. Ökonomen wie Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrats, geben allerdings zu bedenken, dass oft nicht klar sei, ob Unternehmen die Steuersenkungen an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben.

Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeichnen ein differenziertes Bild: Zu Beginn der Pandemie setzte Deutschland die Umsatzsteuer vorübergehend herab. Eine Studie des Statistischen Bundesamts kam damals zu dem Ergebnis, dass die Unternehmen nur die Hälfte der Steuersenkungen weitergaben und von der anderen Hälfte selbst profitierten.

Im Fall der Spritpreisbremse, die Deutschland im Juni einführte, haben sich laut dem Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) dagegen 85 bis 100 Prozent der Steuersenkung auf die Verbraucher durchgeschlagen. Auch die Reduktion der Energieabgaben in Österreich führte laut dem Verbraucherpreisindex (VPI) im Mai zu einem Rückgang der Stromkosten. Hierzulande sind Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, Steuersenkungen weiterzugeben. In der Praxis ist die Kontrolle aber schwierig.

Bei der Frage, ob eine Senkung der Mehrwertsteuer oder Mineralölsteuer treffsicher wäre, ist der Blickwinkel entscheidend: In absoluten Zahlen würden wohlhabendere Menschen, die mehr konsumieren, zwar stärker von der Steuersenkung profitieren. Relativ gesehen geben ärmere Menschen aber einen höheren Anteil ihres Einkommens für Essen und Sprit aus – womit die Maßnahme wiederum treffsicher wäre.

In letzter Zeit kamen vor allem aus den Reihen der SPÖ Rufe, die OMV wieder mehrheitlich zu verstaatlichen.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

OMV-Verstaatlichung

Österreichs größer Industriebetrieb, die OMV, gehört zu 31,5 Prozent der Republik. Vom Rest befinden sich 43,1 Prozent im Streubesitz und 24,9 Prozent in Händen des Golfemirats Abu Dhabi. In letzter Zeit kamen vor allem aus den Reihen der SPÖ Rufe, die OMV wieder mehrheitlich zu verstaatlichen. Dies fordert etwa Niederösterreichs SPÖ-Landesparteichef Franz Schnabl. Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nannte den Vorstoß "keine schlechte Idee".

Wie aber ließe sich das staatliche Mehrheitseigentum an dem Konzern wiederherstellen, der ab dem Jahr 1987 mehr und mehr teilprivatisiert wurde? Da wäre einmal der klassische Weg: ein Übernahmeangebot der Republik an die anderen Aktionäre. Sie würde ihnen einen bestimmten Preis je Aktie bieten. Die anderen können zusagen, müssen aber nicht.

Die härtere Variante wäre ein Verstaatlichungsgesetz. Dadurch würden die bisherigen Mitaktionäre enteignet. Das Gesetz müsste im Nationalrat beschlossen werden – idealerweise mit Zweidrittelmehrheit im Rang eines Verfassungsgesetzes. Ein einfaches Gesetz, wiewohl möglich, brächte die große Gefahr von Anfechtungen mit sich.

Extrem komplex wären jedenfalls beide Varianten – und teuer. Bei der Verstaatlichung mittels Gesetzes müssten die vormaligen Aktionäre ungefähr zum aktuellen Marktpreis entschädigt werden. Was aber würde die Reverstaatlichung bringen? Zweifellos hätte der Staat als Mehrheitseigentümer mehr Einfluss als heute. Nur: Ob deshalb die derzeitigen Probleme – beispielsweise die hohen Spritpreise, die aus dem Ukraine-Krieg und dem Unfall in der OMV-Raffinerie Schwechat resultieren – aufgrund einer Reverstaatlichung gelöst wären, ist eher unwahrscheinlich.

In einigen europäischen Ländern füllen die Menschen derzeit staatlich subventionierten Sprit in ihre Autos.
Foto: APA/Robert Jäger

Spritpreisdeckel

Wer würde nicht liebäugeln mit der Idee: Ein Preisdeckel für Sprit könnte die Seelen der Autofahrenden trösten. Alleine die Sache hat Haken, wie der Blick in Nachbarländer zeigt. Deutschland etwa führte mit 1. Juni einen sogenannten Tankrabatt – eine vorübergehende Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoff – ein. Womit wichtige Preissignale wegfallen. Verbilligt man den Treibstoff, kurbelt man den Verbrauch an. Ökologisch wenig sinnvoll.

Immerhin kam die Entlastung auch bei den Tankenden an. Allerdings profitieren tendenziell Besserverdiener mit größeren Autos und größerem Aktionsradius mehr davon. Menschen mit geringen Einkommen haben oft gar kein Auto. Sozial treffsicher ist das nicht. Auch Ungarn deckelte die Spritpreise, anfangs für alle, später für inländische Fahrzeuge. Unzulässig, wie die EU befand und dagegen rechtliche Schritte einleitete.

Dazu kamen reichlich chaotische Situationen an den Tankstellen, als ausländische Tanktouristen ausgesperrt wurden. In Kroatien wiederum konnten oder wollten viele kleine Tankstellen den Verdienstentgang nicht schlucken und sperrten laut Branchenvertretern zu. (Jakob Pflügl, Joseph Gepp, Regina Bruckner, 3.8.2022)