Der Jubel unter den Abtreibungsbefürwortern war nach der erfolgreichen Abstimmung in Kansas groß.

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Im US-Bundesstaat Kansas haben die Wähler für eine Bewahrung des Rechts auf Abtreibungen gestimmt. Bei einem landesweit beachteten Referendum in dem traditionell konservativen Bundesstaat lehnten die Wählerinnen und Wähler es laut US-Medien am Dienstag mit klarer Mehrheit ab, das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche aus der Landesverfassung zu streichen. Andernfalls hätten Abtreibungen in Kansas erheblich eingeschränkt oder ganz verboten werden können.

Erstes Votum nach Entscheidung des Obersten Gerichtshofs

Das Referendum in dem Bundesstaat im Mittleren Westen war das erste Votum zu dem Thema, seit der Oberste Gerichtshof der USA am 24. Juni das landesweite Grundrecht auf Abtreibung gekippt hatte. Es fand zusammen mit den Vorwahlen für die Midterm-Elections im Herbst in Kansas statt.

Als Reaktion darauf hat das von den Republikanern dominierte Parlament von Kansas einen Änderungsantrag mit dem Namen "Value Them Both" ("Wertschätze sie beide") eingebracht. Damit sollte das in der Landesverfassung verankerte Recht auf Abtreibungen abgeschafft werden – mit dem Ziel, die Regulierung wieder dem Gesetzgeber zu überlassen. Beide Seiten hatten ihre Kampagnen mit massivem finanziellem Aufwand betrieben. Das spiegelte sich auch in der Wahlbeteiligung an den Vorwahlen wider, die unter Demokaten 150 Prozent des Vergleichswerts von vor vier Jahren betrug, unter Republikanern 97 Prozent. Weil fast die Hälfte der Wählerinnen und Wähler in Kansas als Republikaner registriert ist, weniger als ein Drittel aber als Demokraten, deutet das Ergebnis aber dennoch darauf hin, dass auch eine Mehrheit der Republikaner für das Abtreibungsrecht stimmte.

Abtreibungsrecht bisher in Verfassung

Befürworter des Rechts auf Abtreibung sahen die Kampagne als Versuch, den Weg für ein vollständiges Verbot freizumachen. Ein konservativer Abgeordneter hat bereits einen Gesetzesentwurf eingebracht, der Abtreibungen ohne Ausnahmen bei Vergewaltigung, Inzest oder Gefahr für das Leben der Mutter verbieten würde. Derzeit garantiert der Bundesstaat den Zugang zur Abtreibung bis zur 22. Woche.

Das Votum gilt auch als Testfall für die Abtreibungsrechte in den USA insgesamt. Zahlreiche republikanisch dominierte Bundesstaaten ebnen nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Washington derzeit den Weg für strikte Abtreibungsverbote.

US-Justizministerium klagt Idaho

Gegen das Vorgehen Idahos will das US-Justizministerium nun rechtlich vorgehen. Der Bundesstaat will Abtreibungen in fast allen Fällen verbieten, auch in medizinischen Notfällen für Schwangere. Aus Sicht des US-Justizministeriums verstößt dies gegen Bundesrecht. Denn alle Krankenhäuser, die bestimmte staatliche Mittel bekämen, seien verpflichtet, Patienten in der Notaufnahme die notwendige "stabilisierende Behandlung" zukommen lassen, um ihr Leben zu retten oder ernsten Schaden für ihre Gesundheit abzuwenden. Und unter bestimmten Umständen sei als solche "stabilisierende Behandlung" eben ein Schwangerschaftsabbruch zwingend notwendig.

In anderen Bundesstaaten wie Kalifornien und Kentucky stimmen die Bürger im November über das Thema ab, zeitgleich mit den Zwischenwahlen zum Kongress. Dabei hoffen sowohl Republikaner als auch Demokraten, ihre Anhänger mit dem Thema zu mobilisieren.

Siege für Trumpisten

Der Supreme Court hatte am 24. Juni das Grundsatzurteil "Roe v. Wade" aus dem Jahr 1973 aufgehoben, das ein landesweites Grundrecht auf Abtreibungen verankert hatte. Die Entscheidung sorgte für ein politisches Erdbeben und gilt als historische Zäsur. Weil es kein Bundesgesetz zu Abtreibungen gibt, können Bundesstaaten jetzt Schwangerschaftsabbrüche weitgehend oder komplett verbieten.

Bei den Vorwahlen in mehreren anderen Bundesstaaten, die ebenfalls am Dienstag stattfanden, gibt es ein für die Demokraten gemischteres Bild. Zwar war die Wahlbeteiligung unter ihren Anhängerinnen und Anhängern fast überall über den Erwartungen – allerdings siegten bei den Republikanern auch viele jener Kandidatinnen und Kandidaten, die explizit vom früheren Präsidenten Donald Trump unterstützt werden und dessen Lügenbehauptungen von einer "gestohlenen" Wahl im Jahr 2020 unterstützen.

Eine besondere Situation gab es im Bundesstaat Missouri, wo die beiden Kandidaten Eric Greitens und Eric Schmitt um die republikanische Nominierung für die Senatswahl und zuvor um die Unterstützung Trumps wetteiferten. Trump hatte am Vortag ein Statement abgegeben, wonach "ERIC meine vollkommene Unterstützung" habe, ohne dabei einen Nachnamen anzugeben. Beide Kandidaten bedankten sich daraufhin auf Twitter für die Wahlempfehlung. Gewonnen hat schließlich Schmitt, der bisher Generalstaatanwalt des Bundesstaats war und eher dem Parteiestablishment angehört. (red, 3.8.2022)