Zwar hat der globale Kryptoboom eine – vermutlich– noch länger andauernde Pause eingelegt, doch für ein Land spielen die digitalen Assets nach wie vor eine sehr wichtige Rolle. Seit Kriegsbeginn vor etwas mehr als fünf Monaten haben die ukrainische Regierung, aber auch Wohltätigkeitsorganisationen Kryptospenden in Höhe von 125 Millionen Dollar erhalten, wie ein Bericht der US-Analysefirma Chainalysis zeigt (Stand Mai 2022).

An den Aggressor Russland fließen zwar ebenso Spenden in Form von Kryptowährungen, jedoch deutlich weniger. Laut Chainalysis haben bis Juli 54 unterschiedliche russische Organisationen rund 2,2 Millionen Dollar an Zuwendungen bekommen, primär in Form von Bitcoin. Die Mittel sollen vor allem in prorussische Social-Media-Accounts geflossen sein und in weiterer Folge die Ausrüstung paramilitärischer Gruppen finanziert haben. Fast 90 Prozent seien an fünf Wallets gegangen, die zu Spenden an die Milizen in der Donbass-Region aufriefen. Wohin das Geld dann im Detail ging, ist wegen der schwierigen Nachvollziehbarkeit nicht geklärt.

Offener Umgang

Die Ukraine geht offen mit den Spenden um, so wurden unter anderem eigene Wallets für das Gesundheitsministerium und die Armee eingerichtet. Der stellvertretende Digitalminister Alex Bornjakow meinte via Twitter, dass "Krypto ein essenzielles Werkzeug für die Verteidigung" geworden sei. Nur Stunden nach der Invasion im Februar startete das Ministerium bereits eine weltweite Kryptospendenaktion.

Gemessen am Gesamtanteil der Spenden und Hilfszusagen stellen Krypto-Assets aber nur einen Bruchteil dar. Dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel zufolge wurden der Ukraine bis Anfang Juni finanzielle, humanitäre und militärische Hilfen in Höhe von mehr als 80 Milliarden Euro zugesichert.

Verbot in Russland

Auf der anderen Seite wird es schwieriger, mit Krypto etwas zu bewegen. Ende vergangener Woche hat Wladimir Putin ein Gesetz unterzeichnet, das es Menschen in Russland verbietet, mit digitalen Währungen, Kryptowährungen oder NFTs zu bezahlen. DER STANDARD hat berichtet. Ein vollständiges Verbot von Kryptowährungen bedeutet das Gesetz damit zwar nicht, aber auf Börsen dürften schwere Zeiten zukommen. Das Gesetz verpflichtet diese dazu, Transaktionen abzulehnen, bei denen digitale Vermögenswerte als Zahlungsmittel ausgelegt werden könnten.

Bereits im Jänner forderte die russische Zentralbank ein Verbot von Kryptotransaktionen, Kryptobörsen sollten ganz verboten werden. Das Finanzministerium war jedoch der Meinung, dass Regulierungen ausreichen würden. Der Westen befürchtete, dass Russland Kryptowährungen einsetzen werde, um Sanktionen zu umgehen. Belege, dass sich das bewahrheitet hätte, gibt es bisher nicht wirklich. Außerdem bekräftigte Mitte März die EU, dass auch Kredite und Anlagen in Kryptowährungen unter die Sanktionen fielen.

Kryptowinter

Die kriegsgebeutelte Ukraine ist nach wie vor auf jegliche Form der finanziellen Unterstützung angewiesen, dementsprechend wird dem aktuell herrschenden Kryptowinter weniger Bedeutung beigemessen als in der westlichen Welt.

In der Branche kam es während der vergangenen Monate zu herben Verlusten. Das Aushängeschild Bitcoin verlor seit seinem Kurshöchststand von 69.000 Dollar im November zwischenzeitig rund 70 Prozent an Wert und bewegt sich seit geraumer Zeit nur knapp über der 20.000-Dollar-Marke. Auch der Ethereum-Kurs rauschte in den Keller.

Verstärkt wurde der Abwärtstrend durch weitere Problemherde, so stürzte etwa der Stablecoin Terra USD im Mai ins Bodenlose, danach brach die Schwesterwährung Luna zusammen. So konnte der Hedgefonds Three Arrows seine Kredite nicht mehr bedienen und trieb den Händler Voyager Digital in die Insolvenz.

Aktuell bewegt sich der Bitcoin-Kurs etwas über der 20.000-Dollar-Marke.
Foto: AP/Kin Cheung

Mit dem Konkurs der Kryptobank Celsius Network aus den USA folgte die nächste Hiobsbotschaft, den Kunden stehen harte Zeiten bevor. Experten zufolge müssen sie sich auf Jahre der Ungewissheit einstellen, bevor klar wird, wie, wann und ob sie überhaupt ihr Geld wiedersehen. "Es wird zahlreiche Prozesse geben", prognostiziert Insolvenzexperte Daniel Gwen von der Kanzlei Robes & Grey.

Zweistellige Zinsen

Als Folge der Kursturbulenzen bei Bitcoin & Co hatte Celsius Mitte Juni die Konten seiner Kunden eingefroren. In seinem Insolvenzantrag hatte das Unternehmen ein 1,2 Milliarden Dollar großes Loch in seiner Bilanz öffentlich gemacht. Die Zahl der Gläubiger bezifferte es auf mehr als 100.000. Zu möglichen Rückzahlungen machte Celsius keine Angaben.

Während der Pandemie erlebten Kryptobanken einen Boom. Sie lockten Anleger mit zweistelligen Zinsen für Einlagen in Cyberdevisen. Hedgefonds wiederum liehen sich von Firmen wie Celsius Kryptogeld gegen hohe Zinsen, um ihrerseits mit Internetwährungen zu spekulieren oder in Finanzdienstleister aus dem Kryptosektor zu investieren. (Andreas Danzer, 4.8.2022)