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Mittlerweile gibt es Daten von hunderttausenden Frauen, die sich während ihrer Schwangerschaft haben impfen lassen. Ein erhöhtes Risiko für eine Totgeburt konnte deshalb nciht festgestellt werden.

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Die Corona-Impfung regt auch mehr als eineinhalb Jahren nach ihrer Markteinführung noch auf. Impfgegner verbreiten falsche oder irreführende Informationen dazu und schüren Angst. Ein besonders heißes Thema: die Impfung während einer Schwangerschaft. Diese ist nach wie vor ein Off-Label-Use, aufgrund der Tatsache, dass Schwangere nicht in die Zulassungsstudien eingebunden waren – ein ganz normales Procedere. Doch man hat bereits von Anfang an Daten von hunderttausenden Frauen gesammelt, die sich während einer Schwangerschaft impfen ließen. DER STANDARD berichtete, etwa hier, hier und hier.

Trotzdem stellen immer wieder Beiträge den Nutzen der Impfung in dieser Phase infrage. Aktuell stellt etwa ein Blog-Artikel einen möglichen Zusammenhang zwischen der Impfung und der gestiegenen Anzahl an Totgeburten in den Raum, und auch auf Twitter werden diese Zusammenhänge konstruiert.

Tatsächlich lässt sich weltweit seit der Corona-Pandemie ein Trend zu mehr Totgeburten feststellen. Das liegt aber an einem Rückgang der medizinischen Versorgung. Es gibt keinerlei Belege dafür, dass die Corona-Impfung schädliche Effekte auf Schwangere oder deren Babys hat. Im Gegenteil: Die Impfung reduziert Studien zufolge das Risiko schwerer Covid-Krankheitsverläufe sowie einer Totgeburt. Schwangere Frauen erleiden zudem häufiger als Nicht-Schwangere schwere Verläufe.

Mehr Totgeburten im Jahr 2020 – vor der Impfung

In Österreich dokumentiert die Statistik Austria die Anzahl der Totgeburten. Gemäß den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO gilt dabei, dass man von einer Totgeburt spricht, wenn ein Kind ein Gewicht von 500 Gramm oder mehr hat und tot geboren wird. Hat das Kind ein Gewicht von unter 500 Gramm, ist es eine Fehlgeburt.

Im Jahr 2018 gab es in Österreich 277 Totgeborene, im Jahr 2019 261. 2020 waren es 317 und vergangenes Jahr 309. Die Anzahl der Totgeborenen war also in den beiden Pandemiejahren tatsächlich höher als in den beiden Jahren davor. Der Mittelwert aller Totgeborenen zwischen 1995 und 2021 liegt bei 305. Die beiden Werte von 2020 und 2021 sind nur leicht darüber. Die Rate an Totgeburten pro 1.000 lag im Jahr 2018 bei 3,23, 2019 bei 3,06, 2020 bei 3,78 und 2021 bei 3,58.

Dafür, dass dieser Zuwachs mit der Corona-Impfung in Zusammenhang stehen könnte, gibt es keine Belege. Zumal der höchste der genannten Werte 2020 gemessen wurde, als die Corona-Impfung noch gar nicht eingesetzt wurde. Erst am 27. Dezember 2020 wurde in Österreich die erste Dosis verabreicht.

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 lässt sich außerdem weltweit ein Trend zu mehr Totgeburten beobachten. Im Frühjahr 2021 wertete die St. George's University in London 40 Studien dazu aus, die zeigen, dass ursächlich dafür ein Rückgang in der vorgeburtlichen medizinischen Versorgung ist. Demnach nahmen werdende Mütter seit 2020 seltener medizinische Hilfe in Anspruch, etwa aus Angst vor einer Corona-Infektion oder wegen Lockdowns. Komplikationen in der Schwangerschaft blieben viel öfter unbemerkt.

Bereits im Oktober 2020 wurde in einem Unicef-Bericht davor gewarnt, dass durch die Covid-19-Pandemie die weltweite Zahl von Totgeburten steigen könnte: "Schätzungen zufolge könnten zwischen 60.000 (...) und 200.000 (...) zusätzliche Totgeburten über einen Zeitraum von zwölf Monaten als Folge von Covid-19-bedingten Schwierigkeiten in der medizinischen Versorgung auftreten", heißt es.

Positive Effekte eindeutig belegt

Und auch die positiven Effekte der Corona-Impfung auf Schwangere und deren Babys sind eindeutig belegt. Einer Studie in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift "Nature Communications" vom Mai 2022 zufolge verringert sich für mit mRNA-Vakzinen geimpfte Mütter das Risiko einer Totgeburt um rund 15 Prozent. Die Impfung sei mit keinen erhöhten Risiken verbunden.

Auch eine Studie in der medizinischen Fachzeitschrift "The Lancet", ebenfalls vom Mai 2022, kommt zu dem Schluss, dass bei Frauen, die während der Schwangerschaft gegen Covid-19 geimpft wurden, nicht mehr Schwangerschaftskomplikationen festgestellt wurden als bei sonstigen Schwangeren. Während der Impfstoff innerhalb von wenigen Tagen abgebaut wird, verbleiben die Antikörper, die gegen Coronaviren wirken.

Und auch die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) betont, dass die Daten klar zeigen, dass eine Infektion in der Schwangerschaft häufiger als bei nichtschwangeren Frauen schwere Verläufe zeigt: "Ein schwerer Erkrankungsverlauf mit Lungenentzündung, stationärer sowie intensivmedizinscher Betreuung war im Durchschnitt bei ungefähr 15 Prozent der erkrankten Schwangeren notwendig, im Vergleich zeigten nichtschwangere Frauen (...) lediglich in ca. 5,8 Prozent einen schweren Verlauf mit Notwendigkeit einer stationären Betreuung. Weiters benötigen 5,7 Prozent aller wegen Covid-19 stationären Schwangeren eine intensivmedizinische Behandlung (...). Dies bedeutet eine Risikoerhöhung um den Faktor 1,62 (...) für die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Betreuung." Zudem bestehe kumulativ ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt von etwa 17 Prozent im Vergleich zu Schwangeren ohne Covid-19.

Die OEGGG empfiehlt daher die Covid-19-Impfung für Schwangere ausdrücklich. Auch für die Booster-Impfung mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer sprach die Gesellschaft eine Empfehlung aus.

Off-Label-Use der Impfung

Tatsächlich handelt es sich bei der Impfung für Schwangere um einen Off-Label-Use. Das liegt laut der OEGGG daran, dass Medikamente primär nie an Schwangeren angewandt werden, da man zuerst Anwendungsdaten von Nichtschwangeren abwarten würde. "Daher werden Impfungen meist erst nach Jahren für Schwangere zugelassen. Allerdings wissen viele Frauen nicht, dass sie schwanger sind, und lassen sich in der (Früh-)Schwangerschaft unwissentlich impfen. Aus diesen Beobachtungen und Daten kann man dann rückschließen, ob der Impfstoff für das Ungeborene sicher ist." Bei der Corona-Impfung seien innerhalb eines Jahres mehr als acht Milliarden Impfungen verabreicht worden – darunter auch hunderttausenden Schwangeren.

Bezüglich der angeblichen Vermehrung von Totgeburten nach der Impfung stellt auch die OEGGG klar fest: Das stimmt nicht. "Bei einer Covid-19-Infektion der Mutter wurde aber eine Verdoppelung des Risikos für eine Totgeburt beobachtet", heißt es. (APA, kru, 3.8.2022)