Dorothee von Laer erhielt im ersten Corona-Jahr 2020 zahlreiche Drohungen.

Foto: FHTW

Zuerst im Labor, dann im Fernsehen: Mit dem Auftreten des Coronavirus im Frühjahr 2020 rückten viele bislang unbekannte Forschende ins Rampenlicht der Öffentlichkeit – mehr oder weniger freiwillig. Weil sie der Bevölkerung das Virus und geeignete Maßnahmen dagegen näherbrachten, wurden sie zur Projektionsfläche für die Ohnmacht und Wut, die viele Corona-Leugner verspürten. Diese radikalisierten sich und schreckten recht bald sogar vor expliziten Morddrohungen nicht mehr zurück – dutzende erhielt die engagierte Ärztin Lisa-Maria Kellermayr. Jetzt ist sie tot.

Auch andere bekannte und mit der Pandemie im Zusammenhang stehende Persönlichkeiten wurden, wie DER STANDARD berichtete, zur Zielscheibe. Im Ö1-"Morgenjournal" sprach nun Virologin Dorothee von Laer über die wüsten Drohungen, die sie erhielt – und was diese anrichteten.

Ausgebrannt

"Diese Hass-E-Mails waren sehr verletzend", sagt von Laer über die Rückmeldungen, die sie vor allem im ersten Jahr der Pandemie erhielt. Danach habe sie versucht, sich vorsichtiger auszudrücken und ihre Meinung zurückzuhalten. Der Angriffspunkt sei so in ihren Augen abhandengekommen. Allerdings war der Schaden schon angerichtet: "Im ersten Jahr hatte ich im November ein Burnout und fiel darauf einen Monat komplett aus", sagt Von Laer, die zeitweise nur mit Perücke auf die Straße ging. Der Schauplatz für den größten Hass, der ihr entgegenschlug, war aber das Internet. "Dort fallen alle Hemmungen".

Auch der Epidemiologe von der Universität Wien, Hans-Peter Hutter, war und ist Drohungen von Maßnahmengegnern ausgesetzt. Dabei höre es nicht beim Lesen der Nachrichten auf. "Es hallt nach. Man ärgert sich darüber, und es nagt an einem", sagt Hutter im "Morgenjournal". Der einzige Ausweg in seinen Augen: Man müsse solche Meldungen konsequent löschen.

Keine Kavaliersdelikte

Während bislang die Behörden jegliche Kritik, sie hätten Kellermayr zu wenig geschützt, von sich weisen, will die Ärztekammer den Fall aufarbeiten. Auch werden von deren Seite Kurse zu Deeskalationsmaßnahmen und Selbstverteidigung für Ärztinnen und Ärzte angeboten. "Diese Kurse sind ständig ausgebucht", sagt Rudolf Schmitzberger von der Ärztekammer. Auch in Salzburg gibt es Kurse; in der Steiermark wurde eine Anti-Mobbing- und Burnout-Supervisionsstelle eingerichtet, in Wien eine Ombudsstelle für Mobbing-, Gewalt-, Rassismus- und Sexismusfälle. Allerdings ist es mit diesen Kursen nicht getan: Schmitzberger fordert schärfere Gesetze und höhere Strafen. Denn: "Die Bedrohung im Internet dürfen nicht mehr als Kavalierdelikte hingenommen werden". (etom, 3.8.2022)