"Kritische Polizisten" (mit Transparent) bei der Corona-Demonstration am 1. Mai dieses Jahres in Wien.

Foto: Markus Sulzbacher

Die Gruppe "Kritische Polizisten", die bei Corona-Demonstrationen regelmäßig in Erscheinung tritt, ist schon länger bekannt. Nun sorgt sie mit einer Kritik an Bundespräsident Alexander Van der Bellen erneut für Aufmerksamkeit. Ihr Transparent ist bei den Demos nicht zu übersehen, wenn sie gemeinsam mit Impfgegnern, Rechtsextremen und christlichen Eiferern durch Wien zieht. Nun haben 25 dieser "Kritischen Polizisten" ein Schreiben unterzeichnet, in dem gegen den Bundespräsidenten, die Corona-Impfung und die Sanktionen gegen Russland gewettert wird. Veröffentlicht wurde dieser offene Brief in der Rechts-außen-Zeitschrift "Wochenblick", deren Chefredakteurin zuvor bei der FPÖ und den rechtsextremen Identitären engagiert war.

In einem wüst wirkenden Tonfall kritisieren die "Kritischen Polizisten" hauptsächlich den Bundespräsidenten. Sie werfen ihm vor, das vom Parlament beschlossene und nie umgesetzte Gesetz zur Impfpflicht unterzeichnet zu haben. "Wie erklären Sie Ihre Zustimmung den Angehörigen der Betroffenen von Impfschäden?", wird das Staatsoberhaupt gefragt.

Kritik an den Sanktionen gegen Russland

Auch zum russischen Angriffskrieg haben die "Kritischen Polizisten" eine eigene Sichtweise: Sie haben nicht mit dem Konflikt gerechnet, ist zu lesen, da sie "immer darauf vertraut haben, dass verantwortliche Politiker im Westen alles daransetzen würden, diesen Konflikt, der übrigens nicht erst 2021 entstanden ist, auf diplomatischem Wege zu lösen".

Von der Kriegsschuld Russlands ist in dem Schreiben nichts zu lesen. Die nach dem Überfall auf die Ukraine verhängten Sanktionen gegen Russland werden hingegen kritisiert, da diese angeblich dafür gesorgt hätten, dass "die Gräben" in der Gesellschaft "eine unfassbare Tiefe erreicht" hätten.

"Kritische Polizisten" gegen das Staatsoberhaupt

Schließlich wird in dem Schreiben an den Bundespräsidenten betont, sie würden dafür "Sorge tragen", dass das Ende seiner "Amtszeit besiegelt" ist, wenn "Wohnungen kalt bleiben, sich die Menschen die grundlegenden Mittel zum Überleben nicht mehr leisten können". Ergänzend wird angemerkt, dass die "Widerstandsbewegung hoffentlich friedlich bleibt".

Die "Kritischen Polizisten" bei der Corona-Demonstration am 1. Mai 2022 in Wien.
Foto: Markus Sulzbacher
Bei dieser Kundgebung wehten auch russische Fahnen – ein Zeichen dafür, dass Demonstrierende an der Seite Putins stehen.
Foto: Markus Sulzbacher

Bereits im Jänner dieses Jahres traten die "Kritischen Polizisten" mit einem Schlagzeilen machenden offenen Brief an die Öffentlichkeit. "600 Polizisten wettern gegen die Corona-Impfung" oder "Offener Brief: 600 Polizisten stellen sich gegen ihren Minister!", titelten damals die Zeitungen. Allerdings gab es schon kurz nach der Veröffentlichung des Briefes Zweifel daran, ob wirklich 600 Polizisten und Polizistinnen gegen die Corona-Impflicht auftreten. Die Zahl findet sich lediglich in der Presseaussendung, die gemeinsam mit dem Brief veröffentlicht wurde, und dieser wurde lediglich von drei Personen unterfertigt. Dem "Kurier" sagte das Innenministerium damals: "Dass es sich um 600 Polizisten handelt, wird einfach von drei Personen behauptet."

Echte Polizisten und ein Polizeiseelsorger

Einer davon war kein Polizist, sondern als ehrenamtlicher Polizeiseelsorger tätig. Neben dem Polizeiseelsorger, der als Sprecher der Gruppe fungierte, unterzeichneten auch eine Beamtin aus Tirol und ein Beamter aus Niederösterreich den Brief. Letzterer ist FPÖ-Obmann in der niederösterreichischen Gemeinde Laxenburg, er trat in der Vergangenheit als freiheitlicher Personalvertreter auf. Den "Niederösterreichischen Nachrichten" sagte der Polizist, er sei bei einer Corona-Demonstration im Einsatz gewesen: "Ich war selbst am Schwarzenbergplatz in Wien dabei und habe erlebt, dass Gewaltausbrüche mehrheitlich von linken Berufsdemonstranten verübt werden und nicht von Bürgern, die sich um ihre Zukunft sorgen." Eine Erzählung, die unabhängige Beobachter nicht teilen.

Umfeld der FPÖ

Der FPÖ-Mann hat auch den neuen Brief unterzeichnet. Auch bei den 25 "Kritischen Polizisten", die hinter dem Schreiben stehen, sind Personen aus dem Umfeld der FPÖ zu finden, ebenso wie der Polizeiseelsorger und ehemalige Polizisten. Bei Corona-Demonstrationen zählt die Gruppe meist kaum mehr als zwei Dutzend Personen. (Markus Sulzbacher, 3.8.2022)