Seit auf Z. etliche Klagen einprasseln, stehe er so sehr unter Druck, dass er unter massiven gesundheitlichen Problemen leide und etwa 15 Kilo abgenommen habe. In den Verhandlungen vor Gericht sei er zudem von "seinen Gegnern" als sexistisch, frauenfeindlich und rassistisch dargestellt worden. Sie hätten "Unmengen an Unwahrheiten" über ihn verbreitet. Jene Zeilen stammen nicht etwa von Z.s Verteidiger. Es sind Verfassungsschützer, die ihm hier in einem Ermittlungsakt mit dramatischer Wortwahl zur Seite springen.

Denn Z. ist nicht irgendjemand. Er ist einer von mehreren Hinweisgebern in der sogenannten Operation Luxor. Es geht um eines der derzeit größten, aber auch umstrittensten Ermittlungsverfahren in Österreich zum Thema "politischer Islam". Eine Woche nach dem jihadistischen Terroranschlag in Wien im November 2020 fanden im ganzen Land dutzende Razzien in Wohnungen und Vereinsräumen von mutmaßlichen Muslimbrüdern und angeblichen Mitgliedern der terroristischen Hamas statt. Ermittelt wird gegen knapp 100 Beschuldigte – teils natürliche Personen, teils Verbände – wegen Terrorfinanzierung, Geldwäscherei und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation. Bisher konnte die zuständige Staatsanwaltschaft aber keine nennenswerten Resultate liefern.

Vielmehr rüttelt das Oberlandesgericht Graz seit Monaten an den Grundfesten der Operation. Dieses befand bereits den pauschalen Terrorvorwurf für unzulässig, erklärte die Razzien im Fall einiger Beschuldigter für rechtswidrig und enthob zuletzt die zuständigen Gutachter wegen des Anscheins der Befangenheit.

Zwei Insider sollen noch Angst vor Aussage haben

Und nun verlor auch noch Z. vor Gericht – zumindest in erster Instanz. Dieser belastete einige Beschuldigte vor Ermittlern, Muslimbrüder zu sein, und wiederholte das dann samt deren Namen in einem mittlerweile offline genommenen Interview mit dem "Exxpress". Es folgten anwaltliche Abmahnungen und Klagen wegen Kreditschädigung.

Am Montagvormittag wurde Z. schließlich wegen übler Nachrede gegen zwei Beschuldigte zu einer Geldstrafe von 3.500 Euro verurteilt. Aus Sicht des Richters konnte der Mann keine Beweise für seine Vorhalte vorbringen, sondern ausschließlich Gerüchte. Auch Z.s Entlastungszeugen glaubte der Richter nicht. Dazu zählte unter anderem auch der Leiter des wissenschaftlichen Beirats der Dokumentationsstelle Politischer Islam, Mouhanad Khorchide.

Dieser wurde im Zuge der Operation Luxor ebenfalls als Zeuge einvernommen. Khorchide sprach damals aber lediglich davon, dass in "internen Kreisen" der muslimischen Gemeinde darüber gesprochen werde, dass einer der Kläger andere für die Muslimbruderschaft rekrutiert und Z. ihm das bestätigt habe.

Johannes Winklhofer leitet als Staatsanwalt die Ermittlungen der Operation Luxor.
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Z.s Anwalt Michael Sommer will die Entscheidung des Gerichts allerdings nicht so stehen lassen. "Wir haben bereits Rechtsmittel angemeldet", sagt Sommer. Der Verteidiger setzt zudem auf einen Zeugen, der vor Gericht ausgesagt habe, dass es zwei Insider gebe, die Z.s Vorhalte bestätigen könnten. Diese "Herrschaften" sollen aber noch Angst vor einer Aussage bei der Staatsanwaltschaft haben. Sommer kenne die angeblichen Zeugen zwar nicht, habe aber "dringend empfohlen", dass sie sich in das Verfahren einbringen sollen.

Vor der Entscheidung des Gerichts sorgten sich jedenfalls nicht nur Verfassungsschützer um ihren Hinweisgeber. Auch der zuständige Staatsanwalt, Johannes Winklhofer, versuchte Z. mit bemerkenswerten Mitteln zu verteidigen. Winklhofer ordnete nämlich vor einigen Monaten an, gegen die besagten Beschuldigten, die sich gegen Z.s öffentlich vorgetragene Vorhalte rechtlich zur Wehr setzten, wegen Nötigung ermitteln zu lassen. Die Ermittler glauben Z., weil unter anderem ein weiterer, ehemals anonymer Hinweisgeber ähnliche Angaben zu den Beschuldigten geäußert hatte – aber auch da gibt es Zweifel.

"Natürlich verliert er an Glaubwürdigkeit"

Was bedeutet Z.s Niederlage vor Gericht nun für das laufende Ermittlungsverfahren? "Dass die Staatsanwaltschaft nun überhaupt nicht mehr auf ihren Hinweisgeber zurückgreifen kann, wäre sicherlich überzogen", sagt der frühere Staatsanwalt Gerhard Jarosch. "Aber natürlich verliert er an Glaubwürdigkeit, wenn er ein anderes Verfahren verliert, das mit seinen Vorhalten in der Operation Luxor zu tun hat."

Ein solches Urteil fließe unweigerlich in die Beweiswürdigung ein. Dieses dürfte auch Winklhofers Ermittlungen wegen angeblicher Nötigung erschweren, glaubt Jarosch, der mittlerweile bei einer Agentur im Bereich Litigation-PR tätig ist, aber keine Mandanten in der Causa vertritt. Dass ein Staatsanwalt Beschuldigte verfolgt, wenn sie sich rechtlich gegen Vorhalte wehren, fand Jarosch schon in einem früheren Gespräch mit dem STANDARD grundsätzlich abenteuerlich.

Jarosch hat zwar keinen Einblick in den Akt der Operation Luxor, von außen und anhand der bisherigen Berichterstattung macht das Verfahren auf ihn aber einen fragwürdigen Eindruck: "Wenn ich so ein Verfahren führen würde und das Oberlandesgericht Beschlüsse fasst, dass essenzielle Teile der Ermittlungen so nicht gehen, dann muss ich als Staatsanwalt in mich gehen, mich fragen, wo ich stehe, und ob es überhaupt noch genügend Beweise gibt, die meine Theorie stützen", sagt Jarosch. (Jan Michael Marchart, 7.8.2022)