"Retten wir die Medienvielfalt. Drehen wir ORF.at ab!", fordert Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter im "Profil".

Foto: screenshot orf.at

Wien – Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) und die Grünen verhandeln derzeit über Medienpolitik, Medienförderungen und ein neues ORF-Gesetz. Der ORF will unter anderem die Abschaffung der Sieben-Tage-Abrufregelung und die Genehmigung von "Online first"- und "Online only"-Inhalten. In einem Gastbeitrag im "Profil" warnt Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter vor einer marktbeherrschenden Monopolstellung des ORF und fordert das Ende von ORF.at, "nur so können wir digitalisierten Printtiteln das Überleben ermöglichen".

Brandstötter: "Wenn demnächst ein neues ORF-Gesetz viele neue Optionen eröffnet, unter anderem die Sieben-Tage-Beschränkung in der ORF-Mediathek fällt, dann müssen wir auch über die Blaue Seite reden. ARD und ZDF machen es vor: Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen ist es, audiovisuelle Angebote zur Verfügung zu stellen und zu bewerben, presseähnliche Produkte sind ihnen aus guten Gründen untersagt."

"Unverhältnismäßige Marktmacht"

Mit der "Blauen Seite" als Nachrichtenportal entstehe "zu sehr geringen Mehrkosten ein zusätzliches Angebot. Nachrichtenportale von Zeitungen haben diesen Vorteil nicht. Ihnen stehen keine öffentlich finanzierten Redaktionen zur Seite." Das verschaffe dem ORF "unverhältnismäßige Marktmacht".

"Alle Printtitel in Österreich – vom Boulevardblatt bis zum Qualitätsmedium – stehen unter enormem Druck", so Brandstötter. Sie verweist unter anderem auf die gestiegenen Preise für Zeitungspapier, "gepaart mit den gestiegenen Spritpreisen ist eine Versorgung der Abonnentinnen und Abonnenten in vielen ländlichen Regionen finanziell nicht mehr zu stemmen. Werbebudgets wandern zu den Online-Riesen Google, Facebook und Co ab". Dieser Trend sei unumkehrbar und "soll auch nicht durch weitere sinnlose Werbeeinschaltungen der öffentlichen Hand kompensiert werden".

Printmedien seien also "zwingend darauf angewiesen, auch ihre digitalen Inhalte zu monetarisieren." Sie fragt: "Weshalb aber soll ich als Bürgerin oder Bürger ein Digital-Abo abschließen, wenn nur einen Klick weiter kostenlos ORF.at lockt?" Brandstötter: "Nur so können wir digitalisierten Printtiteln das Überleben ermöglichen. Retten wir die Medienvielfalt. Drehen wir ORF.at ab!"

"Existenzbedrohend"

Die geplante ORF-Reform sei für den Digitaljournalismus "existenzbedrohend", warnten heimische Chefredakteure schon im Juni. "Die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen ORF sollte gestärkt werden, zugleich braucht es ein faires duales Mediensystem, das private Medien in ihren digitalen Aktivitäten nicht beschädigt", so die Chefredakteurinnen und Chefredakteure damals in einer gemeinsamen Aussendung.

Rund 650 Millionen Euro nimmt der ORF pro Jahr an Gebühren ein, bald noch mehr durch Gebührenerhöhung und GIS für Streaming. Mit gut einer Milliarde Euro Umsatz ist der ORF der weitaus größte Medienkonzern, größer als alle Privatsender in Österreich zusammen und größer als die größten drei Printkonzerne. (red, 3.8.2022)