Wenn mehrere Menschen eine Sache gemeinsam angehen, tauschen sie sich zur Koordination untereinander aus – das erhöht die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg ungemein. Unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, machen es im Grunde ähnlich, wie eine Studie der Universitäten Zürich (Schweiz) und Tufts (USA) nun zeigt: Beim gemeinsamen Beutefang kommt eine speziell der Jagd vorbehaltene Lautäußerung zum Einsatz, das sogenannte Jagdbellen.

Schimpansen haben nicht nur Früchte auf ihrem Speiseplan, proteinreiches Fleisch steht ebenso drauf. Meist sind es kleinere Affen, denen sie aktiv nachstellen. Um die flinken Beutetiere in den Baumkronen zu fangen, sind Schimpansen im Vorteil, wenn sie gemeinsam vorgehen. Insbesondere bei der Rekrutierung von Gruppenmitgliedern für die Jagd spielt Kommunikation eine Schlüsselrolle, wie die Forschenden im Fachjournal "Science Advances" schreiben.

Schimpansen in den Baumkronen in einem Wald im Kibale-Nationalpark, Uganda. Die Menschenaffen verwenden offenbar ein stimmliches Kommunikationssignal, um die Zusammenarbeit zu erleichtern.
Foto: Ronan Donovan

Akustischer Katalysator für die Gruppenjagd

Das Team um Joseph Mine von der Universität Zürich (UHZ) untersuchte über 2.000 Jagdereignisse, die in den letzten 25 Jahren in der Schimpansengemeinschaft von Kanyawara in Uganda aufgezeichnet wurden. Dabei zeigte sich, dass die wildlebenden Menschenaffen durch das Erzeugen des Jagdbellens die Gruppenjagd katalysieren und diese Form von kooperativem Verhalten dadurch effektiver wird.

"Schimpansen, die Jagdgebell von sich geben, teilen ihrer Umgebung mit, dass sie motiviert sind zu jagen. Diese Information kann zögernde Individuen überzeugen, sich der Jagd anzuschließen, was die Erfolgschance auf Beute für alle Beteiligten erhöht", sagte Mine.

Im dichten tropischen Regenwald, wo die Sicht beschränkt ist, ist die Jagd in der Gruppe eine Herausforderung. Verbale Kommunikation ermöglicht hier eine effizientere Gruppenarbeit: "Auffallend ist, dass sich nach dem Jagdbellen mehr Jäger anschließen, die Jagd schneller beginnt und der erste Fang weniger Zeit benötigt", sagte Co-Autorin Zarin Machanda von der Tufts University, die das Schimpansenprojekt in Kanyawara leitet.

Absicht?

Um herauszufinden, weshalb das Bellen eine solche Wirkung zeigt, braucht es mehr Daten. Bislang sei unklar, ob die Rufe absichtlich abgegeben werden, um die genauen Handlungen in der Gruppe zu koordinieren, oder ob einzelne Tiere damit ihre Entscheidung zu jagen ankündigen, meinen die Forschenden. Dies erhöhe wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass andere dazustoßen.

Dieser Uganda-Stummelaffe konnte nicht entwischen. Je mehr Schimpansen sich der Jagd anschließen, desto eher stellt sich Erfolg ein.
Foto: Ronan Donovan

Die Evolutionsbiologinnen und Evolutionsbiologen berücksichtigten eine ganze Reihe anderer Faktoren, die den Ausgang einer Jagd beeinflussen können, unter anderem die Anwesenheit geschickter, erfahrener Jäger oder potenzielle Ablenkungen. Das Ertönen von Jagdbellen nahm jedoch stets eine Schlüsselrolle ein. "Wenn Menschen komplexe kooperative Handlungen koordinieren, ist Kommunikation essenziell. Unsere Erkenntnisse sind nun der erste Hinweis darauf, dass vokale Kommunikation auch die Gruppenkooperation bei unseren nächsten lebenden Verwandten erleichtert", so Simon Townsend von der UHZ.

Uralter Rückkopplungskreislauf

Man glaubt, dass Kommunikation und Kooperation beim Menschen eng miteinander verbunden sind und sich gemeinsam entwickelt haben. Wurde das eine im Laufe der Zeit komplexer, entwickelte sich auch das andere weiter, sodass ein Rückkopplungskreislauf entstand. Dieser könnte schließlich zur menschlichen Sprache geführt haben.

Nicht bekannt ist freilich, wie weit sich die Beziehung zwischen Kooperation in der Gruppe und verbaler Kommunikation in der evolutionären Vergangenheit des Menschen zurückverfolgen lässt. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Beziehung sehr alt ist. Die Verbindung scheint seit mindestens sieben Millionen Jahren zu bestehen, also seit unserem letzten gemeinsamen Vorfahren mit den Schimpansen", sagte Mine. (red, 3.8.2022)