Seit Anfang August gelten neue Regeln bei der Vergabe von Immobilienkrediten: Eigenkapitalquote mindestens 20 Prozent, Kreditrate maximal 40 Prozent des Haushaltseinkommens, Kreditlaufzeit nicht länger als 35 Jahre – diese drei Kriterien müssen nun erfüllt sein. Doch bei einem Fünftel aller Kredite darf ein Bankinstitut bei einem der drei Kriterien ein Auge zudrücken. "Vier von zehn Wohnungskäufern und Häuslbauern fallen bei den neuen Vergaberichtlinien durch, erhalten aber im Ausnahmefall trotzdem einen Bankkredit", zog das Vergleichsportal durchblicker.at am Mittwoch ein erstes Resümee. Man erwartet dort, dass manche Banken ihr Ausnahmenkontingent voll ausschöpfen werden.

Für viele Österreicherinnen und Österreicher ist der Traum vom Eigenheim geplatzt.
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Doch die wesentliche Frage ist eigentlich, warum die Immobilienpreise so stark gestiegen sind, dass die Kreditsummen die Finanzaufsicht alarmiert haben – beziehungsweise warum die Regierung bisher nichts dagegen unternommen hat. Zur Erinnerung: "Das erste Eigenheim soll steuerfrei sein" – das war ein Wahlkampfslogan von Sebastian Kurz im Herbst 2017. Seither stand die Eigentumsförderung in allen Regierungsprogrammen, geschehen ist – abgesehen von der Ausweitung der Kaufoption im gemeinnützigen Wohnbau – nichts. Obwohl die Immobilienpreise auch seit 2017 im bundesweiten Schnitt um mehr als ein Drittel gestiegen sind.

Die Neos erinnern nun an Kurz' nicht eingehaltenes Versprechen und fordern, dass Menschen beim Kauf der ersten eigenen Wohnimmobilie Grunderwerbssteuer und Grundbucheintragungsgebühr erlassen werden sollen, sofern die Immobilie selbst bewohnt wird. Das ist eine gute Idee. Denn Tatsache ist, dass der Fiskus am Immobilienboom der vergangenen Jahre kräftig mitverdient hat. Die Gebühren gingen mit den Preisen nach oben (weil sie prozentuell davon berechnet werden), der Aufwand für den Staat blieb aber derselbe. Da wäre es wohl drin, bei den Kaufnebenkosten einzugreifen.

Darüber hinaus wären kluge Ideen bitter nötig, wie sich das so oft gewünschte Eigenheim mit dem immer noch viel zu hohen Flächenverbrauch in Österreich unter einen Hut bringen lässt. Es braucht mehr Druck auf Eigentümer, die Objekte leerstehen lassen und gewidmete Grundstücke horten. Es darf im Neubau nicht weiter so am Markt vorbeigebaut werden wie zuletzt. Und es braucht auch Eingriffe ins Mietrecht. Was das betrifft, ist ein Diskussionsprozess schon länger geplant. Man sollte ihn endlich starten – und zum Wohngipfel upgraden. (Martin Putschögl, 4.8.2022)