Wie schon 2021 dürfte erneut das Vulkansystem Fagradalsfjall betroffen sein.

Foto: JEREMIE RICHARD/AFP

Am Ende ging es dann doch schneller als erwartet. Nachdem auf der isländischen Halbinsel Reykjanes über Tage hinweg tausende Erdbeben verzeichnet wurden, war es am Mittwoch um 15.18 mitteleuropäischer Zeit so weit. Beim Vulkansystem Fagradalsfjall hat sich eine Spalte geöffnet, aus der Lavafontänen austreten. Wie der isländische Wetterdienst dem STANDARD mitteilte, ist die Bruchlinie aktuell etwa 360 Meter lang und befindet sich im Tal Meradalir. Die Austritte sollen einige Meter hoch sein und sind in einem Livestream vom Ort des Geschehens zu sehen.

Ausmaß des Vulkanausbruchs

Wie groß das Ausmaß der Eruption tatsächlich ist, wird zum jetzigen Zeitpunkt noch untersucht. Bereits am Dienstag hatte der Wetterdienst mitgeteilt, dass der Magmafluss unmittelbar unter der Erdoberfläche rapid vonstattengehe und auch von der Menge fast doppelt so viel Magma nachströme, als es vor dem vergangenen Ausbruch im März des Vorjahres der Fall gewesen sei.

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"Aktuell beobachten wir einen konstanten Lavafluss entlang der Spalte und eine recht intensive Gasbildung", erklärt Einar Hjörleifsson vom isländischen Wetterdienst. Der aktuell herrschende Nordwind sorge dafür, dass die Gaswolken nach Süden und also weg von den bewohnten Gebieten um das etwa 30 Kilometer nordöstlich gelegene Reykjavík getrieben werden. Der Ausbruchsort liegt im nördlichsten Teil des im Vorjahr gebildeten Lavafelds, kann also dem gleichen Vulkansystem zugerechnet werden.

"Keine Gefahr für Menschen und Flugverkehr"

Auch wenn es noch zu früh sei, die weitere Entwicklung abzuschätzen, liege die jetzt aufgebrochene Spalte relativ günstig. "Laut unseren Simulationen sollte der Lavastrom keine Straßen oder bewohnte Gebiete treffen. Da aktuell auch kaum Aschebildung zu sehen ist, dürfte auch der Flugverkehr nicht beeinträchtigt werden", sagt Hjörleifsson zum STANDARD.

Die Situation bleibt aber in Bewegung. Auch beim bisher letzten Ausbruch in der Region trat das Magma zunächst über eine Spalte aus, formte später aber einen Krater. Darüber hinaus können sich zu einem späteren Zeitpunkt auch weitere Spalten öffnen. Zum jetzigen Zeitpunkt deutet jedenfalls einiges darauf hin, dass der Ausbruch mit dem Ereignis im Vorjahr zu vergleichen ist. Damals floss rund fünf Monate lang immer wieder Magma aus dem Erdinneren.

Eine aus dem Hubschrauber gemachte Aufnahme zeigt die aktuelle Situation.
Foto: Ernir Snaer/AP

Tausende Erdbeben als Vorwarnung

Der Ablauf des Eruptionsgeschehens erinnert ebenfalls an das Vorjahr. Auch damals waren kurz vor dem Ausbruch Tausende Beben in der Region registriert worden. Kurz vor der tatsächlichen Öffnung der Spalte beruhigte sich die Erde ein wenig – auch am Dienstag war dies der Fall. Der isländische meteorologische Dienst geht davon aus, dass sich zumindest die Erdbebensituation jetzt beruhigen wird. Das sei auch im Vorjahr nach Beginn des Ausbruches der Fall gewesen.

Dass anders als beim Ausbruch des Eyjafjallajökull eher keine riesige Aschewolke zu bemerken ist, hatten Fachleute bereits erwartet. Denn anders als bei dem Gletschervulkan, bei dem die Kombination von über Tausend Grad heißem Magma und eiskaltem Schmelzwasser eine explosive Mischung verursachte, sind beim Vulkansystem Fagradalsfjall eher Spalteneruptionen zu erwarten. Sorgen bereitet Wissenschaftern jedoch, dass unter dem Fagradalsfjall ein riesiges Magmafeld von mehreren Kubikkilometern vermutet wird. (Martin Stepanek, 3.8.2022)