Eigentlich ist es ja ein Desaster mit Anlauf. Seit Jahrzehnten warnen verschiedene politische Beobachterinnen und Beobachter, Umwelt- und Klimaschutzaktivisten und auch Parteien wie die Grünen vor zu großer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Statt sich weiter auf diese endlichen Ressourcen zu verlassen, sollte endlich die Wende hin zu erneuerbaren Energien eingeleitet und der Fokus auf gute Wärmedämmung und geringen Energiebedarf neuer Gebäude gelegt werden.

Passiert ist viel zu wenig, insbesondere in Deutschland und Österreich. Beide Länder haben sich in hohem Maße abhängig gemacht von Gas aus Russland. Und zwar allen Warnungen zum Trotz, dass man dem russischen Diktator damit nicht nur Geld, sondern ein veritables politisches Druckmittel in die Hand gibt. Das Resultat sieht man jetzt nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der Kreml dreht zur Vergeltung des westlichen Supports für Kiew munter am Gashahn. Die Alternativen zu russischem Gas sind aus ökologischer und politischer Sicht auch nicht berauschend. Sie bestehen im Wesentlichen aus dem Import von Flüssiggas aus den USA und Norwegen oder dem Bezug aus Ländern, die häufig auch nicht bekannt sind für hohe demokratische Standards.

Ausgangslage

Wenig überraschend, nimmt damit auch die Nachfrage nach Förderaktionen wie "Raus aus Öl und Gas" zu, bei denen ein Teil der Kosten für den Umstieg von Gas- und Ölheizsystemen auf Alternativen wie Fernwärme oder Luftwärmepumpen von der öffentlichen Hand refundiert wird. Für Menschen, die in Wiener Wohnungen – insbesondere Altbauten – leben, ist das derzeit nur ein schwacher Trost. Vielen steht die Option Fernwärme gar nicht erst zur Verfügung. Für Umrüstung auf Luftwärmepumpen braucht es einen willigen Vermieter und eine zustimmende Eigentümergemeinschaft.

In meinem Fall gestaltet sich das schwierig. Ich will definitiv früher als später meine Gasabhängigkeit für Heizung und Warmwasser beenden. Eine Luftwärmepumpe nebst notwendiger Umbauarbeiten (Kostenfaktor: 15.000 Euro oder mehr) passt aber derzeit nicht ins Budget, und die Stimmrechtsverhältnisse in der Eigentümergemeinschaft sind, freundlich gesagt, "schwierig". Fernwärme ist an meiner Adresse zudem nicht verfügbar. Die Optionen sind somit limitiert. Ich fühle mich allerdings nicht wohl dabei, für eine Ressource zu bezahlen, mit der Putin sein imperiales Kriegsprojekt finanziert.

Symbolbild: In meiner Altbauwohnung nähert sich das Zeitalter der fossilen Energie mit schnellen Schritten seinem Ende.
Foto: imago images/Panthermedia

Full Electric (und ein Disclaimer)

Nach monatelanger Beschäftigung bin ich zu dem Entschluss gelangt, dennoch nicht mehr lange zu warten, sondern vollständig auf elektrische Lösungen umzusteigen. Statt klassischer Radiatoren werden künftig Infrarotpaneele meine Wohnung erwärmen. Für die Warmwasserversorgung weicht die Kombitherme einem elektrischen Wasserspeicher mit 50 oder 80 Litern, der im Prinzip funktioniert wie ein sehr gut isolierter Wasserkocher.

Bevor sich die Kommentare dazu bis zum Mond stapeln: Nein, dieser Text ist nicht als allgemeine Empfehlung gedacht, es mir gleichzutun. Umstiegsinteressierte Menschen in ähnlicher Situation sollten Recherchen unter Beachtung ihrer individuellen Umstände betreiben und sich, wenn vorhanden, mit Vermieterin oder Vermieter zusammensetzen.

Rechenspiele

Und ja, mir ist bewusst, dass die Rechnung gerade in Bezug auf den Gesamtgasverbrauch vorläufig nicht unbedingt aufgeht. Denn: Es ist effizienter, Gas für Wärme zu verbrennen, als für die Erzeugung von Strom. Ein Grund, warum es von mancher Seite Warnungen vor massenhafter Umrüstung auf Elektrolösungen gab. Dass es realistisch ist, dass nun zahlreiche Privathaushalte ihre Gas- oder Ölheizung durch elektrische Radiatoren oder Infrarotpaneele ersetzen, würde ich anzweifeln. Die Sorge seitens der Stadt Wien scheint jedenfalls nicht groß zu sein, zumal man sich bislang auch nicht zu einem Verbot für "Heizschwammerln" im kommenden Winter durchringen konnte. Man wird also auch bei Tiefsttemperaturen im Jänner paradoxerweise in warmen Gastgärten sitzen können.

Weiters ist meine Annahme, dass der Gaspreis in Zukunft deutlich stärker steigen wird als der Strompreis – sowohl kurzfristig als Folge des russischen Krieges, als auch langfristig durch die Endlichkeit der Ressourcenvorkommen. Bislang hat sich das laut dem österreichischen Energiepreisindex auch bewahrheitet. Gemäß der heimischen Energieagentur ist der Strompreisindex von August 2021 auf 2022 um 247 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum schnellte der Gaspreisindex um 323 Prozent hinauf. Weiteres Indiz: Wien Energie kündigte eine auf September vorgezogene Preisanpassung an und verteuert Gas um 50, Strom um 24 Prozent.

Als jemand, der laut Tarif zu 100 Prozent Strom aus Wind- und Wasserkraft bezieht, hoffe ich freilich auch, dass der "Merit Order"-Preisbildungsmechanismus des europäischen Strommarktes, der aktuell eine Koppelung zwischen Strom- und Gaspreis bedeutet, in Zukunft zumindest entschärft wird.

Hat noch eine Galgenfrist bis Dezember: meine Gastherme.
Foto: DER STANDARD/Pichler

Endlich gezielt heizen

Eine weitere Überlegung von mir ist, dass das Stromproblem das leichter zu lösende ist. Übergangsweise wird man vielleicht noch Gas und eventuell auch Kohle zur "Stützung" einsetzen müssen. Gerade beim Ausbau von Erneuerbaren ist aber noch genug Potenzial da. Sei es über die Errichtung von Windkraftanlagen, für die allein in Niederösterreich noch viel Potenzial vorhanden ist, den Aufbau von Solarkraftwerken oder Regulierungs- und Fördermaßnahmen, um bei Neubauten oder Sanierungsprojekten den Bestand an Photovoltaikflächen zu vergrößern.

Für mich behebt die Infrarotlösung zudem ein Problem. Denn derzeit ist es mir nur möglich, gar nicht oder die ganze Wohnung zu heizen. Was bei der Einrichtung des Wasserkreislaufs der Heizungen schiefgelaufen ist, weiß ich nicht, von Installateuren erhielt ich bislang aber nur den "Tipp", alle Radiatoren beim Heizen stets voll aufgedreht zu lassen. Drehe ich einen zu, streikt nach wenigen Minuten die Therme. Die Infrarotpaneele, die über WLAN-Thermostate laufen werden, kann ich gezielt einschalten und individuelle Temperaturlimits, Heizzeiten et cetera programmieren. Wozu auch das Schlafzimmer und Bad mitbeheizen, wenn tagsüber nur im Wohnzimmer Betrieb ist?

3.000 Euro für den Gasausstieg

Für die Paneele sprechen auch die vergleichsweise geringen Anschaffungskosten. In meinem Fall zahle ich für fünf Stück mit unterschiedlicher Maximalleistung aus deutscher Herstellung rund 1.000 Euro. Zur Abdeckung der insgesamt 46 Quadratmeter Wohnraum kommen Paneele mit zweimal 900 Watt, zweimal 550 Watt und einmal 700 Watt zum Einsatz. Im Vollbetrieb, würde ich also alle Paneele einschalten, wären das 3.600 Watt, in der Praxis wird das aber nie nötig sein.

Zur Errechnung des Heizbedarfs gibt es praktische Anleitungen, die Rücksicht auf das Volumen der einzelnen Räume und die Dämmung nehmen. Bei den Paneelen handelt sich um "Mittelklasseware" mit Aluminiumabdeckung und zehn Jahren Garantie. Es gibt auch Geräte mit Steinplatten, die, einmal erhitzt, Restwärme länger halten. Sie sind aber auch bedeutend schwerer und teurer.

Im Vergleich zu herkömmlichen Radiatoren spricht für Infrarotpaneele ihre schnelle Inbetriebnahme, gute Raumabdeckung und der Umstand, dass sie nicht primär die Luft erwärmen. Ihnen wird weiters – und das habe ich auch aus meinem privaten Umfeld gehört – nachgesagt, so ein angenehmeres Wärmeerlebnis zu schaffen.

Die weiteren Kosten – Kauf und Installation des elektrischen Warmwasserspeichers, Demontage der Radiatoren und Gastherme sowie Schaffung der Voraussetzung für die Abmeldung des Gasanschlusses – dürften sich ersten Schätzungen von Installateursfirmen zufolge um die 1.500 bis 2.000 Euro bewegen, woraus sich eine Gesamtinvestition von 2.500 bis 3.000 Euro ergibt.

Geldgrab Gastherme

Auch wenn die Energiekosten durch Strom zumindest vorläufig höher liegen könnten als beim Weiterbezug von Gas, sollte man andere Kostenstellen nicht vergessen. So fällt etwa mit der Stilllegung des Gasanschlusses auch die monatliche Netzgebühr dafür weg. Ein elektrischer Wasserspeicher ist auch wartungsärmer als eine Gastherme, die allein jährlich rund 100 Euro an Wartungskosten verursacht. Dazu kommen allfällige Reparaturen. Allein meine Therme hat in sieben Jahren Betrieb und bei nur einer ausgelassenen Jahreswartung hier bereits um die 1.000 Euro Mehrkosten verursacht. Mal gibt der Zünder den Geist auf, mal die Brennkammerisolierung – oder die Strömungssicherung rostet durch.

Gibt sie eines Tages den Geist auf, muss gemäß Auflagen der Stadt Wien ein Brennwertgerät angeschafft werden, für das allein nach aktuellem Stand über 2.000 Euro anfallen. Dazu muss ein zusätzliches Rohr für die Versorgung mit Außenluft eingezogen werden. Für diese Arbeiten fallen ebenfalls hunderte Euro an.

Elektrische Warmwasserbehälter etablierter Marken sind in der benötigten Größe um niedrige bis mittlere dreistellige Eurobeträge zu haben. Was die zu erwartende Lebensdauer betrifft, sind sie mit Gasthermen konkurrenzfähig. Reinigung von Behälter, Entkalkung des Heizstabs und Ersatz der Opferanode können, jedenfalls theoretisch, auch von technisch versierten Laien selbst vorgenommen werden. Wer sich, wie ich, lieber auf eine Fachkraft verlässt, investiert dann alle zwei bis drei Jahre in etwa so viel wie in eine Thermenwartung. Achtung: Das gilt für kleinere Speicher – je größer das Volumen, desto teurer wird es. Die Kosten für Ersatzteile (vorwiegend Opferanode und Heizstab) sind im Vergleich zu vielen Thermenkomponenten deutlich niedriger.

Zuversicht

Wird die Rechnung für diese Lösung aufgehen? Eine Garantie dafür gibt es nicht, gerade nicht, wenn es um die kommenden Monate geht. Langfristig bin ich zuversichtlich, dass meine Entscheidung nicht nur ethisch richtig ist, sondern sich auch finanziell rechnen wird. Vier der fünf Paneele werden zu Herbstbeginn montiert. Die Umstellung der Warmwasserversorgung wird wohl im Dezember erfolgen, bis dahin hat die Gastherme noch Schonfrist. (Georg Pichler, 4.8.2022)