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Privatflüge erleben durch die Pandemie einen Aufschwung.

Foto: APA / AFP / Getty Images / Kevin Dietsch

Kylie Jenner, Taylor Swift und Drake – sie alle standen kürzlich für ihre Flüge mit dem Privatjet in der Kritik. Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Netzwerken zeigten sich schockiert über den CO2-Ausstoß, den die Prominenten mit ihren Privatjets verursachen. Andere kritisierten, dass Jenner und Co häufig kurze Strecken unter 20 Minuten fliegen – Strecken, die sie auch anders zurücklegen könnten.

Während Privatjets meist mit Stars, Managerinnen oder Politikern assoziiert werden, sieht die Realität mittlerweile anders aus. Immer mehr Menschen fliegen mit dem Privatjet in den Urlaub, die Privatflugbranche boomt. Laut dem Datenforscher Wingx gab es 2021 weltweit 3,3 Millionen Privatflüge – ein neuer Rekord. Die Branche profitiert von den Problemen der klassischen Fluglinien, die noch immer mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen haben.

Auch in Österreich heben verstärkt Privatjets ab. Die Privatjet-Airline Globe Air mit Sitz in Hörsching bei Linz verzeichnete im Vorjahr 11.000 Flüge mit insgesamt 13.000 Passagieren. Die Strecke Wien-Innsbruck wird laut Globe Air besonders viel beflogen. Rund 12.000 Euro zahlt ein Passagier für den knapp einstündigen Flug. Ein Zug benötigt für dieselbe Strecke circa viereinhalb Stunden.

Globe Air bietet Privatflüge ins Ausland und innerhalb Österreichs an.
Foto: GlobeAir AG

Symbolisch für Ungleichheit

Für das Klima sind das keine guten Nachrichten. Laut Transport and Environment schaden Privatjets dem Klima fünf- bis 14-mal mehr als kommerzielle Flugzeuge. Privatjets sind etwa 50-mal schädlicher als eine durchschnittliche Zugfahrt in Europa. Hinzu kommen Feinstaubemissionen, die für Atemwege gefährlich sind, und der Lärm, der bei Start und Landung der Maschinen entsteht. Nur wenige Passagiere passen in einen Privatjet, entsprechend hoch sind die Auswirkungen für die Umwelt, die eine Einzelperson verursacht.

Insgesamt stoßen Privatjets jährlich mehr als 33 Millionen Tonnen Treibhausgase aus – mehr als das Land Dänemark. Mit an- und abfliegenden Privatjets kommen in Österreich laut Greenpeace rund 100.000 Tonnen CO2 pro Jahr zustande. Das entspreche etwa dem Jahresausstoß der gesamten Autoflotte der Stadt Salzburg. Im europäischen Vergleich belegt Österreich den achten Platz, was die CO2-Emissionen von Privatflügen angeht. "Es ist nicht das größte Problem, was wir haben. Aber es ist ein absolutes Luxusproblem, das dann im Verhältnis doch etwas ausmacht", sagt Klara-Maria Schenk, Mobilitätsexpertin bei Greenpeace.

Auch wenn 100.000 Tonnen CO2 in Österreich gering erscheinen, haben Privatjets für Expertinnen und Experten vielmehr eine symbolische Dimension. "Fliegen ist extrem ungleich verteilt", sagt Politikwissenschafter Mario Huber, der sich in der Schweiz mit dem Thema Privatjets beschäftigt. Ein Großteil der Menschheit saß noch nie in einem Flugzeug, während nur ein Prozent der Weltbevölkerung rund 50 Prozent aller globalen Emissionen im kommerziellen Flugverkehr verursacht. Vier Fünftel von Österreichs Bevölkerung fliegen selten oder nie, so der VCÖ. Privatjets sind laut Huber unfair, da wenige reiche Menschen der Umwelt unverhältnismäßig stark schaden.

Politisch wenig präsent

Politisch fliegen Privatjets in Österreich bisher unter dem Radar, das Thema ist nicht präsent. Bei den Parteien gibt es keine Initiativen oder Bestrebungen gegen Privatflüge. Kerosin bleibt hierzulande nach wie vor unbesteuert. Einschränkungen und besondere Regeln für Privatflüge gibt es keine. Das liegt unter anderem auch an den starken Lobbys. Viele Politikerinnen und Politiker sind laut Huber außerdem auf die Unterstützung derer angewiesen, die in den Privatjets sitzen.

In anderen Ländern verhält es sich ähnlich – auch wenn Privatjets immer wieder in der internationalen Politik auftauchen. Im Wahlkampf sprach sich die britische Labour-Partei dafür aus, Privatjets ab 2025 auf Flughäfen in Großbritannien zu verbieten. Sie verlor jedoch die Wahl, aus den Plänen wurde nichts. In der Schweiz war im Rahmen des CO2-Gesetzes eine Abgabe für die Luftfahrt geplant, die auch Privatflüge umfasst hätte. Geplant waren Abgaben zwischen 500 und 3.000 Euro pro Abflug. In einem Referendum wurde das Gesetz jedoch abgelehnt, erklärt Huber.

Steuern als Treiber für Innovation

Ob Steuern und Abgaben bei Privatflügen überhaupt wirken, bleibt umstritten. Schließlich sind Privatflüge ohnehin kostspielig – sodass fraglich ist, ob eine Steuer die Passagiere abschreckt. Durch klare Besteuerung könne man laut Umweltverbänden aber Einnahmen generieren, die wiederum bei der Entwicklung von nachhaltigen Technologien in der Luftfahrt verwendet werden können. Transport and Environment rechnete aus, dass eine Steuer für Privatflüge – angewendet auf Großbritannien und die EU – mehr als 325 Millionen Euro einbringen würde. Geld, das Innovationen antreiben könnte.

Privatflugreisende ersparen sich meist lange Wartezeiten am Flughafen.
Foto: Imago / Nicolas Maeterlinck / Belga

Ein weiterer Hebel könnte laut Schenk sein, am Flughafen die Privilegien für diejenigen zu streichen, die mit Privatjets reisen. Bisher benötige ein Privatflug circa zehn bis 15 Minuten Abfertigung am Flughafen – wer privat fliegt, durchläuft die Kontrolle bisher schneller und startet früher. Privilegien einzuschränken könnte Privatflüge unattraktiver machen, so Schenk.

Branche hofft auf Alternativen

Zu konkreten Maßnahmen, um die Treibhausgas-Emissionen der Flotte in den kommenden Jahren zu reduzieren, äußert sich Globe Air auf Anfrage nicht. Wie bei anderen Fluggesellschaften können Passagiere der Privatfluglinie für CO2-Kompensation zahlen – je nach Kategorie zwischen 33 Euro und 66 Euro pro Flugstunde. Das Geld wird laut dem Unternehmen eingesetzt, um den Wald in Brasilien zu erhalten und die Nutzung von Grubengas in Nordrhein-Westfalen zu fördern. Andere Maßnahmen umfassen etwa weniger Plastik an Bord oder papierloses Boarding.

Um künftig grün zu fliegen, setzen viele Fluglinien auf nachhaltige Treibstoffe. Hoffnung liegt etwa auf sogennanten E-Fuels – Treibstoffen, die im Idealfall aus erneuerbarem Strom, CO2 und Wasser gewonnen werden. Bisher ist die Produktion von synthetischem Kerosin aber noch überschaubar. Aus Sicht vieler Expertinnen und Experten sind die Treibstoffe außerdem zu ineffizient in der Herstellung, um eine wirkliche Lösung zu sein.

Privatjet-Fluglinien legen zudem Hoffnung in eine weitere Energiequelle: die Batterie. Schließlich sind Privatjets kleiner, leichter und kompakter als gewöhnliche Flugzeuge. Unternehmen wie Airbus und Start-ups wie Aviation steuern schon auf Elektroantriebe zu. Fraglich bleibt jedoch, wie viel Strom in Zukunft für elektrisierte Privatflüge übrigbleibt, wenn immer mehr Bereiche erneuerbaren Strom benötigen – etwa die Industrie für die Wasserstoffherstellung oder der Verkehr für E-Autos. Bei Privatjets könnte es künftig aber auch laufen wie bisher: Wer zahlt, fliegt. (Florian Koch, 7.8.2022)