AMS-Chef Johannes Kopf plädiert auch dafür, Älteren oder Menschen mit Behinderungen eine Chance zu geben.

Foto: www.corn.at Heribert CORN

AMS-Chef Johannes Kopf sieht für die Politik "viele Schrauben", um den "massiven Arbeitskräftemangel" zu bekämpfen. "Wenn ich nur eine Maßnahme vorschlagen dürfte, dann wäre dies eine österreichweit flächendeckende Ganztagesbetreuung für Kinder ab dem ersten Geburtstag", sagte Kopf. Unternehmen empfiehlt er auch ein Umdenken bei der Personalsuche, etwa mehr Frauen in Teilzeitbeschäftigung, Älteren oder Menschen mit Behinderungen eine Chance zu geben.

Kopf: "Anreize für Frühpension einschränken"

"Wenn die Regierung noch etwas tun will, soll sie die Anreize zur Frühpension einschränken", sagte Kopf im Hinblick auf den Arbeitskräftemangel. Man könne auch "langfristig etwas im Bildungssystem" machen. "Wir verlieren noch zu viele, die wir eigentlich höher ausbilden könnten."

Durch die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte erwartet sich der AMS-Vorstand keinen starken Zuzug von Arbeitskräften von außerhalb der EU nach Österreich. Die Arbeitskräftesuche in unmittelbaren und näheren Nachbarstaaten in der EU sei für heimische Unternehmen wohl zielführender als in Südostasien, so Kopf.

Ende Juli waren 137.826 offene Stellen als sofort verfügbar beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldet. Gegenüber dem Vorjahresmonat belief sich der Stellenzuwachs auf 22 Prozent, gegenüber Juni sanken die Stellenanzeigen beim AMS aber leicht.

Der Arbeitskräftemangel hat laut dem AMS-Vorstand konjunkturelle Gründe, "weil es viel Arbeit gibt", aber auch strukturelle Gründe, etwa durch regional unterschiedliches Arbeitskräfteangebot und fehlende Qualifikationen sowie durch die Alterung der Gesellschaft. "Österreich ist verwöhnt mit zusätzlichen Arbeitskräften, weil über zehn Jahre jährlich immer mehr als 50.000 zusätzliche Arbeitskräfte dazugekommen sind", so Kopf. Vor allem die EU-Osterweiterung erweiterte das Arbeitskräftepotenzial für heimische Unternehmen.

Mangelnde Arbeitgeberattraktivität

Um zukünftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzusprechen, empfiehlt der AMS-Chef den Unternehmen auch an ihrer Arbeitgeberattraktivität zu arbeiten. Da gehe es unter anderem um die Gestaltung der Stelleninserate, altersgerechte Arbeitsplätze, Kinderbetreuung und Teilzeitstellen in der Industrie. Bei der Arbeitsmarktintegration der Vertriebenen aus der Ukraine sieht der AMS-Vorstand einen möglichen Handlungsbedarf ab Herbst. Wenn dann die Rückkehr noch immer nicht möglich sei, dann sei es "dringend" angeraten, sich beim Arbeitsmarktservice zu melden. (APA, red, 4.8.2022)